Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Titel: Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hope Cavendish
Vom Netzwerk:
ebenso ab wie die Frachtsegler, die für die großen Handelskompanien nach Ostindien, in die Karibik oder eben nach Nordamerika segelten. Tag und Nacht herrschte ein reges Treiben von Hafenarbeitern, die Frachten auf- oder entluden, Händlern, die die Verschiffung ihrer Waren beaufsichtigten, Handwerkern, die die Schiffe seetüchtig machten, und Seemännern, die gerade ankamen oder ablegten.
    Maddy hatte damals als erstes Ziel Boston, eine von englischen Puritanern gegründete Stadt, anvisiert, darum erkundigte ich mich zunächst im Hafenamt, wann das nächste Schiff nach Boston auslief. Ich hatte Glück und erfuhr, dass ein Handelsschiff der Massachusetts Bay Company in drei Tagen mit dem Ziel Boston in See stechen sollte. Ich suchte das örtliche Büro der Massachusetts Bay Company auf und händigte dem dortigen Generalbevollmächtigten eine großzügige Summe aus, um mich als Passagier auf dem betreffenden Schiff einzukaufen.
     
    Drei Tage später stach ich in See. Ich war noch nie zuvor auf einem großen Segelschiff gereist und die Vorfreude auf die nun vor mir liegende Reise linderte ein ganz klein wenig den Kummer, der mich seit meiner Trennung von Giles so eisern umklammerte.
    Wind und Wetter waren uns wohlgesonnen und ich genoss jeden Tag aufs Neue den Anblick der sich im Wind blähenden Rahsegel. Oft stand ich bei voller Fahrt auf dem Vorderdeck, spürte die Gischt auf meinem Gesicht und träumte von der Neuen Welt. Irgendwo dort war Maddy und ich hatte den unerschütterlichen Optimismus, ihr eines Tages wiederzubegegnen. Die Alte Welt wollte ich zunächst einmal ebenso wie die Erinnerung an Giles für einige Zeit hinter mir lassen.
    Natürlich gelang mir das nicht immer. Während der über zwei Monate dauernden Überfahrt hatte ich in so manch langer Nacht Zeit, über meine Gefühle für Giles, sowie unseren Streit und die Trennung nachzudenken. Zweifelsohne konnte ich nicht einfach so aufhören, ihn zu lieben. Aber seine unwiderrufliche Weigerung, etwas gegen die Sybarites zu unternehmen, hatte mich bitter enttäuscht. Einen Mann, der eine so offenkundige Feigheit an den Tag legte, konnte ich wiederum auch nicht achten. Daher war die Trennung die einzige Lösung, auch wenn sie mir das Herz zerriss.
    Wenigstens blieb die Erinnerung an Giles die einzige Qual, die ich auf meiner Seereise erdulden musste. Die Reise selbst verlief ebenso angenehm wie reibungslos. Und damit der Durst mich nicht quälte, hatte ich gegen ein fürstliches Entgelt dafür sorgen lassen, dass die Gänse und Ziegen, die die Mannschaft zur eigenen Verpflegung mitführte, um ein paar Schweine und ein wenig Kleinwild aufgestockt wurden. So kam ich zumindest alle paar Nächte in den Genuss einer – wenn auch nicht sonderlich delikaten – dafür aber immerhin sättigenden Mahlzeit.
    Nach zweieinhalb Monaten war es schließlich so weit: Die Küste von Massachusetts tauchte vor uns auf.
     
    Boston war noch eine verhältnismäßig junge Stadt, gerade mal vor knapp vierzig Jahren gegründet. Dennoch war es inzwischen zu einer recht großen und ansehnlichen Gemeinde herangewachsen. Auch im Bostoner Hafen gab es natürlich ein Hafenamt und gegen einen kleinen Obolus durfte ich einen Blick in die dortigen Aufzeichnungen hinsichtlich früherer Einwanderer werfen.
    Tatsächlich entdeckte ich in den Eintragungen von 1664 einen »Matthew Kingsbury«. Man erklärte mir, dass ich im Bostoner Rathaus möglicherweise mehr über Kingsburys – also Maddys – Aufenthaltsort herausfinden könne. Auch im Rathaus hatte ich keine Probleme, gegen ein entsprechendes Entgelt Akteneinsicht zu erhalten. Die puritanischen Siedler waren zwar offenbar gottesfürchtige Menschen, aber dennoch dem schnöden Mammon nicht abgeneigt. Nur leider führte die im Hafenamt frisch aufgenommene Spur hier im Rathaus vorerst ins Leere: Maddy, beziehungsweise Matthew Kingsbury war hier zwar als Einwanderer nicht jedoch als Einwohner gemeldet.
    Daher mietete ich mir zunächst eine Suite in einer Pension im North End und beschloss, mich ein wenig in der Stadt umzusehen und umzuhören. Schon bald durfte ich feststellen, dass es in Boston weder Theater, noch Tavernen oder sonstige Vergnügungsstätten gab. Die Bostoner Gesellschaft lebte nach strengen moralischen Grundsätzen: Harte Arbeit, sittliche Bildung und religiöse Erziehung waren die Stützpfeiler ihrer Kultur. Mir war klar, dass sich Maddy in solch einer humorlosen Umgebung wohl kaum niedergelassen hätte.
    Einige Tage

Weitere Kostenlose Bücher