Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)
täuschen.«
Ich warf ihr einen verärgerten Blick zu. Danach sah ich Don Francisco an, der ebenso wenig begeistert aussah wie ich. Dann zuckte er mit den Schultern.
»Na, schön«, willigte ich schließlich murrend ein. »Wir können es ja mal versuchen.«
Von da an tauchten also Maddy und ich bei allen öffentlichen Anlässen nur noch in Begleitung von Don Francisco und Don Miguel auf. Es stellte sich heraus, dass Don Francisco durchaus ein charmanter und aufmerksamer Gesellschafter sein konnte, wenn er sich entsprechend Mühe gab. Er konnte amüsant plaudern und offenbarte dennoch Tiefe bei ernsthaften Gesprächen. Da er danach gefragt hatte, hatte ich ihm mittlerweile auch schon von den Umständen meiner Verwandlung erzählt, ohne dabei jedoch auf meine spätere Beziehung zu Giles weiter einzugehen. Als wir an einem sonnigen Nachmittag im Jardin des Tuileries spazieren gingen, fragte ich ihn daher nach seiner Verwandlung. Daraufhin erzählte er mir seine Geschichte.
Don Francisco de Alvarellos war einer der Anführer der Almogàvers genannten christlichen Soldaten, die im Zuge der Reconquista im Jahre 1235 die Stadt Córdoba überfielen, um sie von den muslimischen Eroberern zurückzugewinnen. Alvarellos hatte mit einer kleinen Gruppe von Soldaten einen Vorstoß im östlichen Teil der Stadt gewagt und war dabei in einen Hinterhalt dreier maurischer Vampire geraten. Die Vampire hatten sich nicht damit begnügt, ihm sein Blut auszusaugen, sie hatten ihm auch ihr eigenes eingeflößt. »Offenbar hatten sie beabsichtigt, mich zu verwandeln, ich habe nie erfahren, wieso«, berichtete Don Francisco mit nachdenklichem Blick auf die Seine. Doch als die Vampire sich von nachrückenden Soldaten gestört gefühlt hatten, waren sie verschwunden und hatten Don Francisco und die schwerverletzten Opfer zurückgelassen. Andere Almogàvers hatten sie alle dann schließlich ins Lager zurückgebracht. Als Don Francisco dann plötzlich gemerkt hatte, dass er Durst auf Menschenblut zu entwickeln begann, hatte er sich nachts heimlich aus dem Lager davongeschleppt, um seine Truppe nicht zu gefährden. Von der darauf folgenden Zeit hatte er nur eine diffuse Erinnerung, entsann sich aber, dass er fortan wohl unter den maurischen Eroberern etliche Blutbäder angerichtet hatte.
Nachdem er seinen Blutdurst besser zu kontrollieren gelernt hatte, hatte er wieder Kontakt zu früheren Gefährten aufgenommen. Bei einem Besuch seines alten Freundes Don Miguel de Horcajo hatte er diesen schwer krank vorgefunden und sich nicht anders zu helfen gewusst, auch ihn zu verwandeln, bevor er seinem hohen Fieber erlegen gewesen wäre.
Nachdem Don Francisco seine Erzählung beendet hatte, spazieren wir eine Zeitlang schweigend nebeneinander her. Ich begann zu begreifen, warum er oftmals so hart und kompromisslos erschien. Er hatte niemanden gehabt, der ihm nach seiner Verwandlung gezeigt hatte, wie er mit seinem neuen Leben umgehen sollte.
Ein paar Schritte hinter uns spazierten Maddy und Don Miguel und schienen bereits sehr vertraut miteinander. Allem Anschein nach begann Maddy sich in Don Miguel zu verlieben, und da Horcajo sich als aufrechter und ehrenhafter Mann erwiesen hatte, gönnte ich ihr dieses Glück von Herzen.
Wir schlenderten an das Seine-Ufer und beobachteten, wie dort unten auf einer Bank eine Edeldame von ihrem Verehrer hofiert wurde. Der Begleiter legte ihr einen Schal um die Schultern, damit sie sich in der leichten Brise nicht verkühlte, spannte einen kleinen Sonnenschirm auf, damit die Sonne sie nicht blendete, und fütterte sie dann mit Häppchen aus einem mitgebrachten Picknickkorb. Dabei ließ er es sich außerdem nicht nehmen, seiner Herzensdame mit einer Serviette ein paar Essenskrümel vom Mundwinkel zu tupfen.
»Herrjeh!«, kommentierte ich verächtlich das Geschehen. »Sie ist doch kein Baby.«
»Aber sehr selbständig scheint sie auch nicht zu sein«, erwiderte Don Francisco belustigt. »Da ist es gut, dass er ihr hilft.«
Ich sah ihn wütend an. »Nicht alle Frauen sind so!«
Er beugte sich mit funkelnden Augen zu mir herunter. »Das weiß ich doch.«
Ich hielt den Atem an. Wieder fiel ihm seine verwegene Strähne in die Stirn und sein Gesicht war meinem so nahe wie nie zuvor.
Ohne zu überlegen, küsste ich ihn und er erwiderte den Kuss mit einer solch glühenden Leidenschaft, dass es mir vollends den Atem raubte. Ich spürte seine Arme an meiner Taille und war kurz davor, mich zu vergessen.
Schließlich
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