Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)
den Sybarites bewerben wollten.
Bereits am Nachmittag besuchte uns ein begeisterter Momboisse. »Mesdames und Messieurs!«, begrüßte er uns mal wieder strahlend, als er unseren Salon betrat. »Welch erfreuliche Nachricht, dass Sie so schnell etwas Passendes gefunden haben! Und sie haben tatsächlich jeweils zwei noch unberührte junge Damen und Herren aus gutem Hause auftreiben können?«
Francisco lächelte ihn spöttisch an. »Nun, das waren doch schließlich Eure Bedingungen, oder etwa nicht?«
»Gewiss, gewiss!, Momboisse kicherte vergnügt. »Allerdings hätte ich kaum angenommen, dass Ihr es so schnell schafft. Wer ist es denn?«
»Aber mein bester Momboisse«, Maddy klopfte ihm tadelnd mit ihrem Fächer auf den Arm. »Ihr wollt Euch doch nicht etwa die Überraschung verderben, oder?«
»Natürlich nicht«, beeilte sich Momboisse ihr zu versichern. »Ich werde unserem Festkomitee mitteilen, dass es die Aufnahmefeierlichkeiten vorbereiten kann. Zeit und Ort der Festivität werden Ihnen rechtzeitig mitgeteilt. Und Sie sind sicher, dass es Ihnen dann auch gelingen wird, mit Ihren ausgewählten Gastgeschenken dort zu erscheinen? Nicht, dass sie Ihnen noch entwischen?«
»Keine Sorge«, meldete sich nun Miguel zu Wort. »Wir haben gewissermaßen bereits Vorratskammern angelegt, in denen wir die Gastgeschenke bis zu dem großen Tag frisch halten.«
Nun sackte Momboisse die Kinnlade nach unten. »Sie haben sie entführt? Aber war das nicht viel zu auffällig? Was, wenn jemand Sie dabei beobachtet hat? Oder, wenn Ihre Gefangenen Alarm schlagen?«
»Selbstverständlich hat uns niemand dabei beobachtet«, erklärte ich ihm gutmütig. »Und Alarm schlagen sie eigentlich fast ständig, aber es bekommt niemand mit. Oder habt Ihr etwas gehört?«
»Sie sind hier bei Ihnen im Haus?« Nun war Momboisse noch verblüffter. Dann begann er tückisch zu grinsen. »Eure Tollkühnheit ist beeindruckend, Mademoiselle! Ich denke, es wird ein großes Vergnügen, Euch bei den Sybarites zu haben.«
Ich verbarg meine Verachtung und lächelte ihm nur kokett zu.
Momboisse verabschiedete sich und versprach uns baldmöglichst unsere Einladungen zu unserer Aufnahmefeier zukommen zu lassen.
Eingeschleust
Nach einer knappen Woche erhielten wir die feierliche Einladung der Société des Gourmets Extraordinaires de France , der Gesellschaft ungewöhnlicher Gourmets Frankreichs – was, wie wir mittlerweile wussten, einer der vielen Decknamen der Sybarites war – uns in der übernächsten Nacht zu einem Festbankett zu unseren Ehren in der Kirche Saint-Étienne-du-Mont auf der Montagne Sainte-Geneviève am linken Seine-Ufer einzufinden.
Dem Anlass und unseren Absichten entsprechend legten wir alle besonderen Wert auf unsere Garderobe. Maddy und ich trugen luxuriöse Roben aus schillerndem Seidentaft mit tief ausgeschnittenen Dekolletés und voluminösen Reifröcken. Maddys Kleid schimmerte in verschiedenen Aquamarin-Tönen, was perfekt zu ihren feuerroten Locken passte, mein Kleid hingegen war in Abstufungen von Mauve gehalten, was einen vollendeten Kontrast zu meinem weichfließenden blonden Haar darstellte. Die Cousinen Mademoiselle Nymphéa und Mademoiselle Zenaïde steckten wir in zarte Kleider aus unschuldigem Weiß, die mit einigen pastellfarbenen Bändern gehalten wurden. Bereits am Nachmittag hatte Maddy sowohl ihnen als auch den Zwillingen Crabouillet eine ausreichende Dosis Schlafmohn verabreicht, welches alle vier in einem angenehm apathischen und leicht zu händelnden Zustand versetzt hatte.
Auch Francisco und Miguel waren entsprechend elegant und auffällig gekleidet, als sie am Abend bei uns erschienen, um gemeinsam mit Maddy und mir zu dem Bankett aufzubrechen. Beide trugen Justaucorps, knielange Überröcke aus teurem Seidenbrokat – Franciscos in Royalblau und Miguels in Burgunderrot – welche mit kunstvollen Stickereien verziert waren, und dazu majestätische gerüschte Seidenhemden sowie schillernde Kniebundhosen.
Um Punkt elf Uhr nachts bestiegen wir die beiden von den Sybarites geschickten Kutschen, Maddy und ich mit den völlig folgsamen Zwillingen die eine und Francisco und Miguel mit den ebenso handzahmen Cousinen die andere Kutsche. Auf den Kutschböcken saßen jeweils übergroße Gestalten, tief vermummt in lange Umhänge. Da wir ihre Gesichter nicht erkennen konnten, vermuteten wir, dass es wohl Mort-Vivants waren, die uns zu der Festivität kutschierten.
Nach einer kleinen Weile erreichten
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