Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)
wollte, blieb auch ich in Paris und schloss mich ihrem Kampf für die Gerechtigkeit an. Recht schnell verstand ich Maddys und Miguels Leidenschaft dafür und entflammte mich ebenfalls für die Sache. In dem Bestreben, für eine Reformierung des ungerechten Staatssystems in Frankreich zu kämpfen, sah ich eine Möglichkeit, vielleicht auch Jean-Marcs Sehnsüchte nach seinem Tod noch zu erfüllen.
Knapp elf Jahre später begann eine Entwicklung, die zunächst davon zeugte, dass inzwischen auch bei breiteren Volksschichten ein Bewusstsein der ungerechten Zustände und das Streben nach Reformen aufkamen. Mittlerweile war das Elend in der Bevölkerung zunehmend größer geworden: Etliche Missernten hatten Hungersnöte ausgelöst, überall lungerten Hungrige vor den Bäckereien herum, immer mehr Arbeitslose und Verarmte strömten nach Paris. Als Nachfolger seines Großvaters saß jetzt Louis XVI. auf dem Königsthron, und da er sich außerstande sah, der stetig wachsenden Finanzkrise Herr zu werden, rief er im Mai 1789 die Generalstände zur Beratung ein. Dies war eine Versammlung, die aus Vertretern der drei Stände Klerus, Adel sowie Bürger und Bauern bestand und seit Beginn des 14. Jahrhunderts vom französischen König in Krisenzeiten einberufen wurde.
Nachdem die Stände sich jedoch über die Abstimmungsbedingungen nicht einigen konnten, spaltete sich am 17. Juni dann der aus Bürgern und Bauern bestehende Dritte Stand ab und erklärte sich gemeinsam mit einigen Überläufern aus Klerus und Adel – darunter der Graf de Mirabeau, der Bischof Talleyrand und der Anwalt Maximilien de Robespierre – zur Nationalversammlung. Nach einigem Machtgerangel mit dem König, während dessen die Mitglieder der Nationalversammlung ihren Widerstand ihm gegenüber behaupteten, fügte sich Louis XVI. schließlich notgedrungen den Neuerungen und akzeptierte auch den von der Nationalversammlung gestellten Verfassungsausschuss und somit die zukünftige Beschränkung seiner königlichen Macht.
Diese Entwicklung wurde von Maddy, Miguel und mir mit großem Jubel begrüßt, sahen wir doch darin die Grundlage für ein besseres Leben der französischen Bevölkerung.
Doch etlichen Teilen der Bevölkerung gingen die erreichten Reformen noch nicht weit genug. Viele Bauern, Tagelöhner und kleine Leute lebten nach wie vor in Hunger und Elend und forderten schnellere und radikalere Veränderungen. Ein paar Aufständische hatten bereits einige Zollhäuser rund um Paris in Brand gesetzt, in der Hoffnung, dass dadurch die Brotpreise gesenkt würden. Als dann auch noch am 11. Juli der beim Dritten Stand recht angesehene Finanzminister Necker vom König entlassen wurde, kochte die Stimmung über.
Das Volk begann zu plündern und zu brandschatzen, aufgebrachte Massen strömten aus den Vororten in die Innenstadt, Bäckereien und Weinhandlungen wurden ausgeräumt und verwüstet.
Am nächsten Tag eskalierte der Aufstand noch mehr. Im Garten des Palais Royal rief der Journalist Camille Desmoulins die Menge zu den Waffen und Unzählige folgten seinem Ruf. Krämer, Arbeiter und Handwerker durchsuchten Läden und sogar Kirchen nach Gewehren und begannen sich zu bewaffnen. Zum Schutz gegen die aufrührerischen Armen aber auch gegen die Soldaten des Königs wurde eine Bürgerwehr aufgestellt, deren Milizen noch in derselben Nacht durch Paris zu patrouillieren begannen.
In den frühen Morgenstunden des 14. Julis versammelte sich eine riesige Menschenmenge vor den Gräben, die man um das große Hôtel des Invalides errichtet hatte, und verlangte lauthals nach Waffen. Schließlich kletterten die aufgebrachten Aufständischen über die Gräben und erbeuteten über 30.000 Gewehre und eine Anzahl von Kanonen aus dem Waffenlager. Dann stürmte die Meute weiter zur Bastille, weil man dort weitere Waffen und Munition zu finden hoffte. Die Bastille war ein altes Festungsgefängnis, das früher beim Volk wegen seiner unmenschlichen Haftbedingungen gefürchtet war. Inzwischen saßen zwar nur noch sieben Gefangene dort ein, doch für das Volk war die Bastille nach wie vor ein Symbol der Unterdrückung.
Zunächst versuchte die Besatzung der Bastille noch die wuchtigen Mauern des Gefängnisses vor der wütenden Meute zu verteidigen, indem der Kommandant seine Söldner auf die Menschenmenge schießen ließ. Etliche Menschen wurden dabei getötet und ein Querschläger traf auch Miguel, der sich ebenso wie Maddy und ich der Menschenmenge angeschlossen hatte, um
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