Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)
Einzelnen mehr von ihnen über den Weg gelaufen bin, finde ich dann doch etwas eigenartig. Immerhin haben doch noch einige von ihnen die Kämpfe überlebt und sie sind doch viel zu gierig auf menschliches Blut und einen luxuriösen Lebensstil, als dass sie sich ewig irgendwo in der Einöde verkriechen würden.«
»Vielleicht sind sie ebenso wie wir zunächst in anderen Ländern untergetaucht?«, spekulierte Maddy. »Schließlich haben wir nicht die ganze Welt bereist.«
»Wenn man den Berichten einiger Gelehrten Glauben schenken darf, müssten sie sich alle irgendwo im Balkan aufhalten«, erklärte ich leicht amüsiert.
»Was für Berichte?«, fragte Maddy verblüfft. »Über die Sybarites?«
»Nein«, erklärte ich halb lachend, »aber es kursieren in Europa seit einigen Jahren etliche Berichte über Vampire, die vor allem in Rumänien, Ungarn, Serbien und anderen Ländern jener Region ihr Unwesen treiben sollen. Offenbar haben sich ein paar unserer Artgenossen ein wenig auffälliger verhalten, so dass die Menschen inzwischen auf uns aufmerksam geworden sind.«
»In den Legenden des einfachen Volkes kamen wir eigentlich schon immer vor«, überlegte Miguel stirnrunzelnd, »aber du sagtest etwas von Gelehrten-Berichten. Kannst du uns mehr darüber sagen?«
»Da wäre zum Beispiel der Bericht ›Visum et Repertum‹, den eine militärische Untersuchungskommission über eine angebliche Vampirepidemie in einem kleinen Dorf in Serbien verfasst hat«, begann ich meine Aufzählung. »Ein deutscher Gelehrter namens Johann Christoph Pohl hat eine Abhandlung über Menschen, die nach ihrem Tod in Blutsauger verwandelt wurden, unter dem Titel ›Dissertatio de Hominibus post mortem sanguisugis‹ herausgebracht. Ein anderer namens Johann Heinrich Zopf sieht in einer Studie den Teufel als Ursache vampirischer Aktivitäten an. Es gibt offenbar noch etliche weitere Vampirforscher, unter ihnen auch Augustin Calmet, der von verschiedenen Vampir-Erscheinungen in Ungarn und Mähren berichtet hat. Fast alle berichten von Vorfällen in der Balkanregion.«
»Das klingt tatsächlich danach, als ob es zumindest einige Sybarites dorthin verschlagen hätte«, stimmte Maddy nachdenklich zu, »aber du hast in Österreich nichts davon mitbekommen, oder?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Und wenn Giles in Prag einem von ihnen begegnet wäre, hätte er es uns ja auch mitgeteilt«, überlegte sie. »Hast du noch etwas von ihm gehört?«
»Nein«, antwortete ich knapp und ignorierte ihren mitfühlenden Blick, »leider habe ich den Kontakt zu ihm vor ein paar Jahren verloren. Allerdings darf man diesen Berichten wohl auch nicht allzu viel Glauben schenken. Wenn sie auch von Gelehrten stammen, so ähneln sie doch oft altbekannten Schauermärchen. Es ist manchmal geradezu drollig, wie wir darin dargestellt werden. Einigen Berichten zufolge können wir alle fliegen, viele behaupten auch, dass wir Gestaltwandler seien und uns wahlweise in Fledermäuse, Katzen, Ratten, Spinnen, Fliegen oder sonstiges Getier verwandeln könnten.«
»Tatsächlich?«, Maddy lachte glucksend auf. »Na, als Ratte möchte ich nicht mein Dasein fristen. Aber fliegen zu können, wäre hingegen ja ganz praktisch.«
Ich fiel in ihr Lachen mit ein. »Es ist ziemlich absurd, nicht wahr?«
Dann fingen wir beide Miguels ernsten Blick auf. »Was ist los?«, fragte Maddy schelmisch und stupste ihn in die Seite. »Willst du mir jetzt erzählen, dass du dich in eine Ratte verwandeln kannst und dieses Geheimnis all die Jahre vor mir verborgen hast?«
»Nein«, erwiderte Miguel, »aber vermutlich gibt es Artgenossen, die dies durchaus können. Ich bin in Portugiesisch-Indien zumindest einmal einer Vampirin begegnet, die sich in eine schwarze Katze verwandeln konnte. Sie gehörte zu den Oraon, einem Volksstamm aus Bengalen, und bezeichnete sich selbst als ›Chordeva‹. Sie saugte das Blut von Menschen aus und entwischte jeglichem Zugriff, indem sie sich in eine Katze verwandelte.«
Sprachlos starrten Maddy und ich Miguel an.
»Hast du selbst gesehen, wie sie sich verwandelt hat?«, fragte Maddy.
»Ja«, antwortete Miguel, »ich hatte mich damals ebenfalls noch von Menschenblut ernährt und begegnete der Chordeva, weil wir es offenbar auf dieselbe Beute abgesehen hatten. Als die Chordeva, eine wunderschöne, dunkelhäutige junge Frau, mich erblickte, sank ihr Körper in Sekundenbruchteilen in sich zusammen, verformte sich, ein seidiges schwarzes Fell wuchs aus ihrer Haut, und
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