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Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)

Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)

Titel: Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hope Cavendish
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folgenden Jahren zur Gewohnheit gemacht, Fanny und Mary regelmäßig Privatunterricht in Französisch, Literatur und Naturwissenschaften zu geben, damit die beiden Mädchen gegenüber ihren Stiefgeschwistern nicht ins Hintertreffen gerieten.
    Mary zeigte schon bald ein großes Interesse am Lesen, verschlang nahezu jedes Buch, das sie in die Finger bekam, und bewies auch bereits eine gewisse Begabung eigene kleine Geschichten und Gedichte zu schreiben. Fanny hingegen entwickelte ein großes Talent im Zeichnen und interessierte sich für Musik. Beide Mädchen kannten die Werke von Mary Wollstonecraft, wussten aufgrund von Godwins Biographie auch von deren unkonventionellem Leben und verehrten ihre verstorbene Mutter sehr.
     
    Ab 1806 begann ich auch Artikel für ein neu erschienenes Magazin namens La Belle Assemblée zu verfassen, eine reine Frauenzeitschrift, die sich offiziell vor allem mit Modefragen befasste, jedoch auch eine Plattform für literarische, wissenschaftliche und politische Beiträge bot.
    Giles' Verständnis für mein Engagement hatte sich nicht sonderlich verbessert, während mir wiederum zunehmend das Verständnis für die diversen Bekanntschaften abging, die er in seinen sogenannten Gentlemen's Clubs schloss. Es waren auch etliche trinkfreudige und großmäulige Iren darunter, von denen es in einigen Londoner Etablissements nur so wimmelte, seit sich Irland zum 1. Januar 1801 durch den Act of Union 1800 mit dem Königreich Großbritannien zum Vereinigten Königreich von Großbritannien und Irland vereint hatte.
    Im Boodle's Club hatte Giles zum Beispiel die Bekanntschaft von Beau Brummell gemacht, was mich nicht weiter störte, zumal Brummell und Giles sich gegenseitig zu einem eleganten, von dunklen Tönen dominierten Modestil des Understatements inspirierten, der Giles auf das vortrefflichste stand. Giles hatte allerdings bei Boodle's auch Freundschaft mit einem gewissen Sir Fergus Fitzpatrick geschlossen, einem irisch-stämmigen Hitzkopf, über den mir schon allerlei Gerüchte zu Ohren gekommen waren. Dementsprechend entgeistert war ich dann auch, als Giles eines Tage vorschlug, Fitzpatrick einmal zu uns nach Hause einzuladen.
    »Diesen irischen Rauf- und Trunkenbold?«, fragte ich entrüstet. »Nach allem, was ich über ihn gehört habe, lässt er sich kaum eine Prügelei, eine anstößige Wette oder ein Saufgelage entgehen. Mir ist sowieso schleierhaft, was du an deinen Saufkumpanen findest. Alkohol schmeckt uns nicht sonderlich und betäuben tut es uns auch nicht – wobei ich auch nie verstanden habe, was die Menschen so erstrebenswert daran finden, sich zu betäuben …«
    »Oh, manchmal hätte ich durchaus nichts dagegen, wenn ich der Realität für ein Weilchen entfliehen könnte«, entgegnete Giles spöttisch. »Aber wenn auch der Alkohol bei mir keine Wirkung zeigt, so trinke ich ihn dennoch mit meinen Freunden als Zeichen der Geselligkeit. So was nennt man ›sich amüsieren‹, meine Liebe.«
    Ich zuckte abfällig mit den Schultern. »Wenn du es amüsant findest, deinen sogenannten Freunden dabei zuzusehen, wie sie sich um ihren Verstand trinken.«
    »Das tun ja nicht alle«, wand Giles ein. »Fitzpatrick ist zum Beispiel ebenso trinkfest wie ich.«
    Ich schnaubte verächtlich. »Das glaube ich gerne! Sein Ruf eilt ihm ja schließlich voraus. Aber bitte. Wenn du ihn hierher einladen möchtest, sollten wir vorher vielleicht ein bis zwei Fässer Scotch bestellen, damit ihr beiden es euch gemütlich machen könnt. Möglicherweise wünscht Sir Fitzpatrick ja auch noch ein paar leichte Mädchen dazu?«
    Giles grinste amüsiert. »Damit könntest du ihm sicherlich jederzeit eine Freude machen. Doch ich denke nicht, dass das an diesem Abend nötig sein wird. Ganz so schlimm wie sein Ruf ist Fergus nämlich nun auch wieder nicht. Und dass er so trinkfest ist wie ich, hat einen einfachen Grund: Er ist nämlich ein Artgenosse von uns.«
    Verdattert starrte ich Giles an und er wollte sich über meinen Gesichtsausdruck fast kaputtlachen.
    »Warum hast du mir noch nie davon erzählt?«, fragte ich verärgert.
    »Du warst immer so beschäftigt«, erklärte Giles breit grinsend. »Außerdem warst du so fest davon überzeugt, dass alle meine neuen Freunde nur Taugenichtse seien. Da dachte ich, es würde dich nicht weiter interessieren.«
    Ich warf aufgebracht ein Sofakissen nach ihm, das Giles lachend auffing. »Du weißt ganz genau, dass mich so etwas sehr wohl interessiert«, erwiderte ich

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