Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)
diese Gewandung entsprechend figurbetonter war als ein klassisches Kleid, erntete ich von beiden Männern bewundernde Blicke, als ich darin wieder auftauchte.
Als Giles das für seinen Geschmack offenbar ein wenig zu große Entzücken in den Augen seines Freundes bemerkte, rammte er ihm noch schnell den Ellenbogen in die Seite, bevor er sich mir beflissentlich zuwandte. »Wir wären dann soweit«, verkündete er salopp.
Ich verkniff mir ein Lachen, da ich beim Betreten des Raumes gerade noch mitbekommen hatte, wie die beiden eilig ihre durch die Rauferei doch ziemlich derangierte Garderobe in Ordnung gebracht hatten.
Der Epping Forest bot nach wie vor für uns eine reichhaltige Palette an Wild, und nachdem wir alle unseren Durst hinreichend gestillt hatten, ließen wir uns auf einem umgefallenen Baumstamm an einer Lichtung nieder und genossen die nächtliche Ruhe des Waldes.
Schließlich konnte ich meine Neugierde doch nicht länger im Zaum halten und wandte mich an Fitzpatrick. »Giles hat mir erzählt, dass Sie ein Gestaltwandler sind, Fergus.«
Er lächelte mich an. »Das ist richtig. Möchten Sie, dass ich es Ihnen einmal vorführe?«
»Nur allzu gerne«, gestand ich meine Begeisterung.
Fitzpatrick stand auf und ging an das andere Ende der Lichtung.
Dann rannte er auf uns zu.
Fasziniert beobachtete ich, wie seine Kleidung während seines Laufes immer lockerer zu werden schien, da er gleichsam darin schrumpfte. Seine Gesichtszüge formten sich vor meinen Augen in einen Falkenkopf um, und kurz bevor er bei uns angelangt war, war seine Verwandlung vollendet und er flog als Gerfalke in den Himmel empor, während seine Kleidung zu Boden fiel. Sprachlos starrte ich ihm hinterher. Er kreiste nun über uns und stieß ein paar aufmunternde Schreie aus.
Giles griff nach meiner Hand. »Komm!«, forderte er mich auf und zog mich zu dem nächststehenden höheren Baum, den wir rasch erklommen, um von dessen Wipfel eine bessere Aussicht zu haben. Der Gerfalke, oder besser gesagt Fergus, begrüßte uns erneut mit einem Schrei, schoss ein paarmal pfeilschnell an uns vorbei und flog dann ein paar Schleifen.
»Wundervoll«, flüsterte ich neidisch. »So etwas würde ich auch gerne können.«
Plötzlich stieß der Gerfalke blitzartig steil zu Boden herab und tauchte nur wenige Sekunden später mit einem Rebhuhn in den Fängen wieder auf, das er kurz darauf in meinen Schoss fallenließ. Giles lachte sich halb schlapp, als ich entgeistert auf das panisch in meinen Händen flatternde Rebhuhn starrte, und wenn mich nicht alles täuschte, stieß auch der Gerfalke ein paar einem Lachen nicht unähnliche Schreie aus.
»Schön, dass ihr beiden euren Spaß habt«, erklärte ich gespielt entrüstet, ließ das Huhn frei und stieg den Baum wieder herab.
Unten in der Lichtung wartete Fitzpatrick bereits wieder in Menschengestalt auf uns, und obgleich mich seine Rückverwandlung ebenfalls sehr interessiert hätte, fand ich es dennoch sehr rücksichtsvoll von ihm, dass er sie noch in unserer Abwesenheit vollzogen und sich auch schon wieder angekleidet hatte.
»Gefiel Ihnen das Rebhuhn nicht?«, fragte er grinsend.
»Es war zwar ein sehr schönes Exemplar«, entgegnete ich höflich, »aber ich denke, es hatte für diesen Abend genug Aufregung.«
Dann hakte ich mich bei ihm und Giles unter und wir spazierten gemächlich nach London zurück. »Was für ein Gefühl ist es zu fliegen?«, fragte ich Fergus neugierig.
»Ein großartiges«, antwortete er lächelnd. »Man ist nirgendwo freier als im Himmel.«
»Das glaube ich«, bemerkte ich wehmütig. »Und wie stellen Sie es an? Die Verwandlung, meine ich.«
»Ich muss mich nur stark darauf konzentrieren. Und es hilft, wenn ich dabei in Bewegung bin.«
»Wussten Sie von Anfang an, dass Sie sich in einen Falken verwandeln können?«, fragte ich.
»Nein, leider nicht«, Fitzpatrick sah nachdenklich in die Ferne. »Der Vampir, der mich seinerzeit in einen Artgenossen verwandelt hatte, muss mir diese Fähigkeit wohl mit seinem Blut mitgegeben haben. Als ich zu mir kam, erklärt er mir, dass er mir dies aus purer Langeweile angetan hätte, und wie von Sinnen tötete ich ihn daraufhin. Die nächsten Jahre war ich zunächst damit beschäftigt, mich mit meinem Vampirdasein zu arrangieren. Ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, dass ich ein Gestaltwandler war. Eines Tages stürzte ich während eines dummen Wettrennens zu Pferde von einer Klippe. Ich wusste, dass ich den Sturz überleben
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