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Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)

Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)

Titel: Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hope Cavendish
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er zu jenem Zeitpunkt mit Mary und ihren gemeinsamen Kindern lebte. Mary kehrte daraufhin bald nach England zurück und setzte erfolgreich ihre Karriere als Schriftstellerin fort. Sie veröffentlichte nicht nur die Bücher aus dem Nachlass ihres Mannes, sondern auch viele eigene Werke. Mittlerweile war auch bekannt, dass sie die Urheberin des Romans Frankenstein war. Das Buch wurde bereits 1823 erstmalig für die Bühne adaptiert und wurde im Laufe der Zeit immer erfolgreicher. Es sollte letztendlich ihre berühmteste Erzählung werden.
     
    1840 unternahm ich eine Fahrt mit der Eisenbahn – einem modernen, dampfbetriebenen Gefährt, das auf Schienen fuhr und es ermöglichte, die Vororte von London in kurzer Zeit zu erreichen – um Mary in ihrem Haus zu besuchen. Sie hatte sich inzwischen zu einer vielbeschäftigten Autorin und Herausgeberin gemausert und veröffentlichte ebenso wie ihre verstorbene Mutter auch viele Artikel in Zeitschriften.
    Sie begrüßte mich sehr erfreut und stellte fest, dass ich überhaupt nicht älter zu werden schien, obgleich ich mir seit einiger Zeit die Haare puderte und mit dem Kohlestift auch ein paar Falten in mein Gesicht zu zaubern suchte.
    »Vater hatte mir einmal erzählt, dass du meine Mutter bereits im Frankreich der Französischen Revolution kennengelernt hattest«, sagte sie freundlich, während sie mir in ihrem lichtdurchfluteten Salon Tee eingoss, »doch irgendwie wirkst du noch so frisch, als seiest du erst lange nach mir geboren. Du bist eigentlich gar kein Mensch, oder?«
    Ich sah sie etwas unbehaglich an und sie zwinkerte mir vergnügt zu. »Keine Sorge! Gerade du solltest wissen, dass ich für das Übernatürliche eine gewisse Schwäche habe. Ich bin schon vor langer Zeit zu dem Schluss gekommen, dass es letztendlich du und Sir Fitzpatrick waren, die unseren seligen Polidori damals zu seiner Erzählung inspiriert haben.«
    »Wie kommst du darauf?«, fragte ich, bemüht, meine Verblüffung zu verbergen.
    »Ach, es ist nur so ein Gefühl«, antwortete sie lächelnd.
    »Und das würde dich nicht erschrecken?«, fragte ich erstaunt. »Oder als Autorin zumindest neugierig machen?«
    »Doch, natürlich bin ich neugierig«, entgegnete sie nach kurzem Überlegen. »Und mir gehen sehr viele Fragen durch den Kopf. Doch vielleicht würden die Antworten darauf mich weniger inspirieren als meine eigene Phantasie und so verbleibe ich lieber in dieser prickelnden Ungewissheit.«
    »Das ist zwar ungewöhnlich, aber ich verstehe, was du meinst«, stimmte ich ihr lächelnd zu.
     
    Der Besuch bei Mary hatte mir vor Augen geführt, dass ich den Umstand, dass ich nicht alterte, schon viel zu lange missachtet hatte. Möglicherweise war es noch anderen Personen in meinem Umfeld aufgefallen, nur waren sie zu diskret, es zu äußern. Schweren Herzens wurde mir bewusst, dass ich London ein weiteres Mal für einige Jahre würde verlassen müssen, bevor meine ewige Jugend unangenehme Fragen aufwerfen konnte.
    Die Frauenrechtsbewegung, für die ich mich engagierte, hatte inzwischen immer mehr Anhängerinnen gefunden und war nach wie vor ein großes Anliegen von mir, dennoch würde sie in London zunächst einmal eine Weile ohne mich auskommen müssen. Wenn am Ende noch das Gerücht aufkäme, eine Vampirin sei eine der aktiven Kämpferinnen für die Rechte der Frau, würde dies sicherlich eine ziemliche Panik auslösen und der Bewegung eher hinderlich sein. Dies entbehrte zwar nicht einer gewissen Ironie, doch war die Gleichberechtigung eine zu wichtige Angelegenheit, um dieses Risiko einzugehen.
    Deshalb beschloss ich, Maddy eine Zeitlang zu besuchen, da ich wusste, dass ich bei ihr immer willkommen war. Sie war, nachdem sie Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland auf deren Südamerika-Reise begleitet hatte, zunächst für einige Jahre nach Berlin gezogen, um dort ihre Studien gemeinsam mit Humboldt fortzusetzen und hatte dann 1829 zusammen mit Miguel an Humboldts Russlandexpedition teilgenommen.
    Als schließlich auch für Maddy und Miguel ein Ortswechsel unabdingbar wurde, hatten die beiden 1832 in Miguels Heimatstadt Barcelona gehen wollen, doch die dortigen Unruhen veranlassten sie letztlich, in einen Stadtpalast in Palma de Mallorca zu ziehen. Ich hatte bereits Mitte des vorigen Jahrhunderts während meiner Europareise den Reiz des Mittelmeeres und seiner vielen Inseln schätzen gelernt und so schien mir die Aussicht, ein paar Jahre mit meinen besten Freunden auf Mallorca zu verbringen,

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