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Zeitlabyrinth

Zeitlabyrinth

Titel: Zeitlabyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Laumer
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Dielenuhr.
    Im Laufe des Nachmittags versuchte sie insgesamt zehnmal anzurufen. Zuerst das Büro des Sheriffs, dann die Straßenwacht, dann die Stadtpolizei. Alle Leitungen waren besetzt; vermutlich eine Flut von Beschwerden wegen der Straße. Dann wählte sie aus einem Impuls heraus die Nummer von Henry, dem Automechaniker in der Stadt. Wieder ein Besetztzeichen. Sie versuchte es bei zwei Freundinnen und dann bei der Vermittlung. Alles besetzt.
    Sie schaltete im Radio ihr Lieblingsprogramm ein, ein herzzerreißendes Drama über kleinbürgerliche Eltern- und Jugendprobleme, und putzte ihr ohnehin blitzblankes Haus, bis die Schatten des Spätnachmittags über den Rasen fielen. Nach dem Abendessen versuchte sie es noch einmal mit einem Anruf und legte auf, als sie das unpersönliche Bip-bip-bip hörte …
    Am nächsten Vormittag ging sie bis zu dem Schild und kehrte dann um, erfüllt von dem verzweifelten Verlangen, sich irgendwo zu beschweren. Gedankenlos trat sie an den Kühlschrank, holte den Schinken heraus, die Milch. Sie stutzte, als sie den Teller betrachtete. Drei Scheiben Schinken. Aber sie hatte gestern den letzten Schinken gegessen, zwei Scheiben mittags und die dritte abends mit Salat. Und die Milch: sie hatte alles verbraucht und die leere Flasche vor die Tür gestellt …
    Sie ging an den Schrank und holte das Glas Mayonnaise heraus, das sie am Vortag geöffnet hatte. Das Glas war voll, unberührt.
    Odelia Withers bereitete das Mittagessen, verzehrte es und spülte ab. Dann setzte sie einen Strohhut auf und ging in den Garten, um Blumen zu schneiden. Ihre Miene verriet heftige Mißbilligung.
     
3
     
    »Eine verrückte Sache«, sagte Bill Summers, »Persönlichkeiten«-Redakteur des Scene-Magazins, wie immer im Tonfall müder Verachtung. »Aber deshalb könnte es doch eine Neuigkeit sein.«
    »Irgend jemand schnüffelt im verbotenen Teil einer arabischen Stadt herum und zieht Gaffer auf sich«, meinte Bud Vetch, die Nummer Eins unter den Scene-Reportern. »Das interessiert vielleicht die dortige US-Botschaft, aber was soll der Leser damit?«
    »Hast du dir die Bilder nicht angesehen?«
    Vetch gähnte, als Summers ihm die drei Glanzabzüge im Format 5x8 reichte. »Touristenmurks«, sagte er. »Diese Amateurfotografen …« Er verstummte, als er sich das oberste Bild ansah. Es zeigte einen großen, ungelenken, gebeugten Mann mit hohlwangigem Gesicht, tiefliegenden Augen, einem kurzen schwarzen Bart und einer auffallenden Warze. Er trug einen altmodischen schwarzen Anzug und einen hohen Hut. Im Hintergrund erkannte man weißgekleidete Männer, die sich um den Stand eines Händlers drängten. Vetch betrachtete die nächste Aufnahme. Der Mann saß an einem Tisch unter einer Markise, den struppigen Kopf entblößt, und fächelte sich mit dem Hut Luft zu. Er schien in eine Unterhaltung mit einem einheimischen Polizisten in Khaki-Uniform vertieft. Das dritte Bild war eine Nahaufnahme des faltigen Gesichts, als sich der Mann gerade mit einem leicht erstaunten Ausdruck umdrehte.
    »He!« rief Vetch. »Das sieht ja aus wie –«
    »Genau!« unterbrach ihn Summers. »Du kannst dir deine klugen Bemerkungen sparen. Ich weiß nicht, was für eine Masche dieser Vogel hat, aber wenn er die Aufmerksamkeit auf sich lenken wollte, dann ist ihm das prächtig gelungen. Die Einheimischen besitzen keinen sehr ausgeprägten Geschichtssinn. Heute morgen erhielt Washington eine offizielle Anfrage von ihrem Außenministerium und mußte ihnen in aller Form versichern, daß der fragliche Mann tot ist. Und da war der Ofen erst richtig aus. Die Tambulaner behaupten, daß sie Bilder gesehen und den Kerl eindeutig identifiziert haben, und daß er sehr wohl lebt. Entweder das, oder er ist ein Dämon. So oder so, die Sache bleibt unverständlich. Ich möchte, daß du den Mann an Ort und Stelle interviewst, bevor die anderen dahinterkommen.«
    Vetch betrachtete immer noch die Fotos. »Unheimlich«, sagte er. »Eine einmalige Leistung, falls es sich um Make-up oder eine Maske handelt.«
    »Was meinst du mit ›falls‹?«
    »Nichts – schätze ich«, erwiderte Vetch. »Übrigens, hat der Mann seinen Namen genannt?«
    »Klar«, sagte Summers säuerlich. »Er sagte, er sei Abraham Lincoln.«
     
4
     
    »Ich bin froh, daß dieser Moralpauker geht«, sagte Job Arkwright knurrig. Er stand an der Hüttentür und sah zu, wie die kleine, stutzerhafte Gestalt auf dem verschneiten Weg verschwand und im tiefen Schatten des Urwalds untertauchte. Der

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