ZEITLOS - Band 2 (German Edition)
Augen sich alarmiert zu Schlitzen verengten.
»Ähem…«, er räusperte sich, »Frau Dr. Hesse, könnten wir bitte einen Augenblick unter vier Augen sprechen?« »Müller, setzen Sie bitte meine Ausführungen fort!« An die Runde gewandt: »Sie entschuldigen uns bitte für einige Minuten?« Er ging voran zur Tür, Nele folgte ihm. Auf dem Flur sah er sie fragend an, sie verstand und wies auf ihr am Endes des Ganges liegendes Büro. Als sie die Tür hinter sich schloss, lehnte Bernauer schon mit vor der Brust verschränkten Armen an ihrem Schreibtisch. »Ich höre Ihnen zu, Frau Hesse!«
Der Typ hatte etwas Unheimliches, Eiskaltes. Neles Gefühle befanden sich in Aufruhr. Rasch sortierte sie ihre Gedanken während sie langsam weiterredete. »Naja, mir ist dieser Begriff vor Jahren, kurze Zeit nach dem Ereignis, das erste Mal begegnet«
»Interessant! In welchem Zusammenhang?«
»Während meiner Zeit an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Mein damaliger Chef hatte diesen Begriff auf einen Wandtafelentwurf geschrieben. Ich hatte das Wort gelesen, verstand es aber nicht. Auch meine Recherchen brachten mich zunächst nicht weiter, bis mir eines Tages die Arbeit des englischen Forschers, Sir Ruprecht Sheldrake, in die Hände fiel, der diesen Begriff verwendete, allerdings mit nur einem O. Mein Chef hatte ihn mit Doppel-O geschrieben. Ich fand heraus, dass dieser Begriff das empathische Hineinversetzen in materielle, wie auch in biologische Strukturen meint. Man bringt, wie ich jetzt weiß, mit ihm auch schamanische Praktiken in Verbindung« Das musste erst einmal genügen, um den Typen zufrieden zu stellen. Sie täuschte sich.
»Und weiter…!«
»Nichts weiter. Sie haben mich gefragt, was ich über groken weiß, und ich habe Ihnen geantwortet«
»Frau Doktor Hesse, Sie wollen mir doch sicherlich den wahren Grund nennen, warum Sie mit Ihrem Einwurf meine Ausführungen unterbrachen. Die Frage muss Ihnen doch von immanenter Wichtigkeit gewesen sein« Scheiße, dem Kerl ließ sich kein X für ein U vormachen. »Natürlich kam mir das Verhalten meines Chefs damals sonderbar vor. Er tat so geheimnisvoll und ich erinnere mich, dass er mir nach einem Computerabsturz seltsame Fragen stellte«
»Wer war Ihr Chef und wann war das?« Sie kam sich vor, wie bei einem Verhör – wahrscheinlich war es eins. Langsam wurde sie ruhiger, ihre Furcht ließ nach. Sie musste ruhigen Kopf bewahren, warum sollte sie dem Kerl alles auf die Nase binden, ohne einen eigenen Vorteil davon zu haben? »Professor Markus Stettner aus dem Dekanat Halbleiterphysik an der CAU. Der Vorfall muss sich ungefähr zwei Jahre vor dem Ereignis zugetragen haben«
Die weiteren Ergebnisse ihrer damaligen Recherchen hinsichtlich des zeitgleichen Ausfalls der beiden anderen Systemgeräte in unmittelbarer Nähe von Stettners Büro ließ sie bewusst unerwähnt. Plötzlich war die erkaltete Spur von damals wieder heiß. Was konnte es ihr nutzen, wenn sie dem BND Stettner als Verdächtigen präsentierte? Nichts! »Ich sprach später mit dem Professor darüber und der lachte sich halb tot, als ich ihn nach der Bedeutung des Wortes fragte. Er hatte sofort eine Erklärung dafür und sagte mir, dass dieser Begriff kein Verb sondern ein Name sei, nämlich der Name eines Niederländers. Van Grooken sei ihm einmal auf einem Kongress vorgestellt worden. Sie hätten danach eine Zeitlang miteinander korrespondiert«
»Haben Sie ihm das geglaubt?«
»Ja sicher, warum nicht? Ich hatte mich da in eine fixe Idee verrannt, nichts weiter«
»Warum glaube ich Ihnen das nicht, Frau Hesse?«
»Keine Ahnung, das ist alles was ich Ihnen dazu sagen kann«
»Na schön, hier ist meine Karte, falls Ihnen doch noch etwas dazu einfallen sollte. Man weiß ja nie…«
***
Sie fiel aus allen Wolken, als Dominik ihr nach der Sitzung zu verstehen gab, dass er die Bedeutung des Begriffes kannte.
Sie zögerte erst, doch als er nicht aufgab zu fragen, gab sie nach und weihte ihn in ihren damaligen Verdacht ein. Ihm konnte sie vertrauen, da hatte sie keine Zweifel. Ihr Sekretär schien keineswegs überrascht, als er von ihr die Einzelheiten erfuhr. Zum ersten Mal registrierte sie bei ihm innere Aufgewühltheit. Bisher glaubte sie, er sei der totale Analytiker, beherrscht, gefühlskalt, strategisch denkend. Nun erfuhr sie durch ihr Nachfragen, dass in der Nacht, als das Ereignis geschah, seine Mutter starb. Ihr Flugzeug befand sich auf dem Rückflug von Chicago. Ihre
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