ZEITLOS (German Edition)
Hektik, dass ich mich nicht wundern würde, wenn in ihrer Nähe Glühbirnen platzen würden.«
»Ja, eben! Diese Aura von Hektik, oder nennen wir es, Überaktivität, ist doch eine Information, die von ihr ausgeht, ohne dass sie etwas sagen muss. Das spürt man einfach so.«
»Hab noch nicht erlebt, dass sie nichts sagt. Redet sie nicht eigentlich immer?«
»Sei nicht ungerecht, das ist eben ihre ganz spezielle Art und vielleicht ist es genau das, womit sie wesentlich mehr als mancher andere an einem Tag erledigen kann.«
Sie sprachen diesen Abend noch lange über das Thema, immer mehr Beispiele fielen ihnen dazu ein. Am Ende hatte Markus eine richtige Stoffsammlung zusammen. Schließlich fielen ihnen vor Müdigkeit die Augen zu und sie gingen zu Bett.
Am Freitag vor der geplanten Grillparty kauften sie gemeinsam ein.
»Halt, du musst hier links ab!« In letzter Sekunde konnte Markus noch auf die Abbiegespur wechseln, um in den Schulweg einzubiegen. Markus wirkte heute zerstreuter als sonst, ihm schien etwas ihm im Kopf herum zu gehen.
Sie parkten den Vito auf dem Zentralparkplatz und schoben sich nun durch die schmale Gasse auf den Supermarkt zu. Birte gab ihm seine Einkaufsliste, die er abarbeiten sollte, für sich hatte sie eine eigene geschrieben.
Beim Verstauen der Lebensmittel im Auto fiel ihr auf, dass Markus kein Bier eingepackt hatte.
»Oh nein, ich bin aber auch blöd! Ich hatte gesehen, dass du es auf der Rückseite des Zettels notiert hattest, ich habe ihn dann aber nicht mehr umgedreht.« Er ging noch einmal zurück, um das Vergessene zu holen. Sie warteten im Wagen.
»Papa vergisst immer alles, hihihi.«
»Kim, du vergisst auch Vieles und Papa ist schließlich schon viel älter als du.«
»Aber du vergisst doch auch nichts.«
»Frauen kümmern sich um andere Dinge als Männer. Papa denkt oft an seine Arbeit und dann vergisst er Sachen, die damit nichts zu tun haben.«
Kim hatte schon recht, heute wirkte Markus wirklich zerstreuter als sonst, sicher war wieder etwas an der Uni passiert und er konnte nicht abschalten. Sie kannte das und hatte Verständnis dafür. Nach kurzer Zeit tauchte Markus mit den Getränkekisten auf. »Bist du in Gedanken immer noch bei deiner Arbeit, Schatz?«
»Wie gut du mich doch kennst, ja, ich muss dir nachher etwas erzählen, aber das glaubst du mir ja doch nicht.«
»Ich bin so gespannt. Worum geht es? Gib mir doch wenigstens ein Stichwort.«
»Simon hat mir heute erste Ergebnisse von der Mikroprozessoranalyse genannt. Ich sag nur soviel: Hüte dich vor falschen Gedanken!«
»Hui, klingt spannend. Erzähl’s mir nachher, wenn die Kinder spielen!«
Um sich abzulenken suchte sie im Autoradio nach einer Unterhaltungsmusik. Der eingeblendete Sender unterbrach und brachte eine dringende Durchsage: Gesucht wird ein kleines dreijähriges Mädchen, vermutlich ist es entführt worden… Hinweise aus der Bevölkerung werden gerne entgegengenommen… Dankbar dachte sie an das Schöne von Eckernförde mit seinen ungefähr 23.000 Einwohnern: Kurze Wege, Kleinstadtflair, viele uralte Geschäfte, liebevoll von deren Inhabern zum Teil in der fünften, sechsten oder sogar siebten Generation geführt – weniger Filialketten als in anderen Städten vergleichbarer Größe, kaum Leerstände und nur eine ganz minimale Kriminalität, kaum der Rede wert.
Es mochten vielleicht vier Kilometer sein, die sie vom Zentrum entfernt wohnten und doch schien die Neubausiedlung, in der sie lebten, schon mehr dörflicher denn städtischer Natur zu sein. Hundert Meter von ihrem Haus entfernt, begannen bereits die Koppeln und Brachflächen, die den Kindern wunderbare Gelegenheiten zum Spielen boten. Die Nachbarschaft war lebhaft, bedingt durch die Vielzahl der schmucken Einfamilienhäuser in denen überwiegend junge Familien wohnten. Die Baugesellschaft, die die Bodenflächen damals zu Bauplätzen hergerichtet und zum Verkauf angeboten hatte, warb nämlich mit der Aussage: Glückliche Kinder gesucht!
Birte kannte die Umgebung wie ihre Westentasche und unternahm mit den Kindern viele Fahrradausflüge. Um ihnen die Umgebung näher zu bringen, zeigte sie ihnen die umliegenden Seen, Wälder, Bauerndörfer und Bäche und ließ sie sich die Namen merken.
Auf der Hauptzufahrt zur Siedlung spielten Kinder, Ole war auch darunter und winkte ihnen zu. »Papa, lass mich raus, ich geh zu Ole!«
»Gleich Kim, du musst dir erst etwas anderes anziehen, mit diesen Sachen gehst du nicht zum Toben.«
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