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Zeitoun (German Edition)

Zeitoun (German Edition)

Titel: Zeitoun (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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Oklahoma, um die Cousine eines Freundes kennenzulernen. Er fuhr nach Alabama, um die Schwester des Mitbewohners eines Kollegen kennenzulernen.
    Inzwischen war Yukos Freundin mit Ahmaads Freund verkuppelt worden, doch nach ein paar Monaten trennten sich die beiden wieder. Ahmaad informierte Zeitoun wie versprochen, dass Yukos Freundin wieder Single war. Erst da erfuhr Zeitoun ihren Namen: Kathy.
    »Kathy?«, fragte Zeitoun. Ihm war noch nie eine Muslimin namens Kathy begegnet. »Kathy wie?«
    »Kathy Delphine«, sagte Ahmaad.
    »Sie ist Amerikanerin?«
    »Sie kommt aus Baton Rouge. Sie ist konvertiert.«
    Zeitoun war interessierter denn je. Eine Frau, die einen solchen Schritt wagte, musste mutig und selbstbewusst sein.
    »Aber da ist noch was«, sagte Ahmaad. »Sie war schon einmal verheiratet. Sie hat einen zwei Jahre alten Sohn.«
    Das schreckte Zeitoun nicht ab.
    »Wann kann ich sie treffen?«, fragte er.
    Ahmaad erzählte ihm, dass sie in einem Möbelgeschäft arbeitete, und gab Zeitoun die Adresse. Zeitoun schmiedete einen Plan. Er würde vor dem Laden parken und sie unauffällig beobachten. In Dschabla sei das so üblich, erklärte er Ahmaad. Er wollte keinen Schritt auf sie zumachen oder ihr durch einen Repräsentanten seine Absichten übermitteln, ehe er sie gesehen hatte. So machte man das dort, wo er herkam: aus der Ferne beobachten, Erkundigungen einziehen, Informationen sammeln, dann erst folgte die persönliche Begegnung. Er wollte keinerlei Verwirrung, keine verletzten Gefühle.
    Also fuhr er eines Tages gegen fünf Uhr auf den Parkplatz des Möbelgeschäfts, um sie zu beobachten, wenn sie nach Feierabend herauskam. Er hatte gerade Posten bezogen, als eine junge Frau herausgestürmt kam, in Jeans und Hijab. Sie war hinreißend und sehr jung. Sie strich ein paar Haarsträhnen unter ihr Kopftuch und sah sich auf dem Parkplatz um. Dann ging sie kraftvoll und selbstbewusst weiter, schwang die Hände, als wollte sie frisch lackierte Fingernägel trocknen. Auf einmal lächelte sie still vor sich hin, als würde sie an irgendetwas Lustiges denken. An was wohl?, fragte Zeitoun sich. Sie war schön, jugendlich strahlend, und ihr Lächeln war alles auf einmal – offen, schüchtern, elektrisierend. Ich möchte sie so zum Lächeln bringen, dachte er. Ich möchte derjenige sein. Ich möchte der Grund sein. Mit jedem Schritt, den sie in seine Richtung machte, gefiel sie ihm besser. Er war hin und weg.
    Aber sie kam zu nahe. Sie steuerte direkt auf ihn zu. Wusste sie, dass er ihretwegen da war? Wie war das möglich? Irgendjemand hatte es ihr erzählt. Ahmaad? Yuko? Sie war schon fast an seinem Wagen. Er würde sich zum Narren machen. Wieso kam sie direkt auf ihn zu? Er war noch nicht so weit, sie kennenzulernen.
    Da er nicht wusste, was er tun sollte, tauchte er ab. Er duckte sich unter das Armaturenbrett, hielt die Luft an und wartete. Bitte, Gott, dachte er. Bitte. Würde sie vorbeigehen oder würde sie am Fenster auftauchen, weil sie wissen wollte, was das für ein Mann war, der sich da vor ihr versteckte? Er kam sich lächerlich vor.
    Aber Kathy hatte keine Ahnung, dass sie an einem Mann vorbeiging, der unter dem Lenkrad in Deckung gegangen war. Ihr Auto parkte einfach zufällig neben seinem. Sie schloss ihre Tür auf, stieg ein und fuhr davon.
    Als sie weg war, setzte Zeitoun sich wieder auf, seufzte erleichtert und versuchte, sein rasendes Herz zu beruhigen.
    »Ich muss sie kennenlernen«, erklärte er Ahmaad.
    Es wurde vereinbart, dass sie sich bei Ahmaad und Yuko zu Hause treffen würden. Es würde ein zwangloses Essen geben, mit Ahmaads und Yukos Kindern und Kathys Sohn Zachary. Ganz unverkrampft, bloß eine Gelegenheit für beide, sich zu beschnuppern, und für Kathy, die Zeitoun ja noch gar nicht gesehen hatte, eine Gelegenheit, den Mann kennenzulernen, der sich nach ihr erkundigt hatte.
    Als sie ihn sah, mochte sie seine Augen, sein attraktives Gesicht, seinen goldbraunen Teint. Aber er wirkte so konservativ, und sie war erst einundzwanzig, er hingegen vierunddreißig – deutlich älter, als sie sich einen Ehemann vorstellte. Außerdem war ihre erste Ehe gerade erst zwei Jahre her, und sie fühlte sich noch nicht bereit für eine neue. Ihr fiel nichts ein, was sie von einem Mann brauchte. Zachary konnte sie auf jeden Fall allein großziehen; die zwei waren mittlerweile ein sehr gut eingespieltes Team, und sie sah keinen Grund, ihr Leben aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sie konnte nicht noch einmal so

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