Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)
sich auf die Menschen in seiner nächsten Umgebung verlassen. Und plötzlich wurde er sich voller Unbehagen der Tatsache bewusst, dass die kleine, leicht zu handhabende Gruppe im Gutsbezirk und Dorf auch aus unabhängigen, selbständigen Teilen bestand. Was wurde aus der Ordnung, die Peters Manor ruhig und sicher gehalten hatte, wenn die Gesellschaft ins Wanken geriet? Peterson saß im schwindenden Tageslicht und dachte nach. Ein Finger klopfte auf die Armlehne. Er versuchte erneut, mit dem Buch zu beginnen, aber es konnte ihn nicht fesseln. Durchs Fenster sah er die abgeernteten Felder, die sich bis zum Horizont erstreckten. Der Nordwind rüttelte an den Bäumen. Es dämmerte. Das Feuer knackte.
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22. November 1963
G ordon schrieb die Gleichung vollständig auf, bevor er sie erläuterte. Die gelbe Kreide quietschte. »So sehen wir, wenn wir die Maxwellgleichungen über dem Volumen integrieren, wird der Magnetfluss …«
Eine Bewegung hinten im Seminarraum zog seinen Blick auf sich. Eine Sekretärin aus der Abteilung winkte ihm zögernd zu. »Ja?«
»Dr. Bernstein, ich unterbreche Sie nicht gern, aber wir haben gerade im Radio gehört, dass der Präsident niedergeschossen worden ist.« Sie spulte den Satz keuchend herunter. Unter den Studenten machte sich Unruhe breit. »Ich dachte … es würde Sie interessieren«, beendete sie den Satz hilflos.
Gordon stand reglos da. Vermutungen schossen ihm durch den Kopf. Dann erinnerte er sich, wo er sich befand. Das Seminar musste zu Ende gebracht werden. »In Ordnung, danke.« Er musterte die ihm zugewandten Gesichter. »Ich denke, angesichts des umfangreichsten Stoffs, den wir in diesem Semester … Solange wir nicht mehr wissen, sollten wir fortfahren.«
Einer der Zwillinge fragte plötzlich: »Wo?«
»In Dallas«, antwortete die Sekretärin freundlich.
»Ich hoffe, jemand erwischt auch Goldwater«, sagte der Zwilling heftig.
»Ruhig, ruhig«, besänftigte Gordon. »Wir können ohnehin nichts tun, oder? Ich schlage vor, fortzufahren.«
Damit wandte er sich wieder der Gleichung zu. Das summende Flüstern in seinem Rücken ignorierend, behandelte er die einleitende Diskussion des Poynting-Vektors. Der Rhythmus der Diskussion erfasste ihn. Klickend fiel die Kreide in den Rhythmus ein. Die Gleichungen entfalteten ihre Schönheit. Er zauberte elektromagnetische Wellen herbei und verlieh ihnen Impulse. Er sprach von imaginären mathematischen Gehäusen, lichterfüllt, deren Fluss von der unsichtbaren Kraft partieller Differentiale im Gleichgewicht gehalten wurde.
Wieder eine Bewegung im Raum. Einige Studenten gingen. Gordon legte die Kreide hin. »Ich nehme an, unter diesen Umständen können Sie sich nicht konzentrieren«, sagte er. »Wir machen beim nächsten Mal an dieser Stelle weiter.«
Einer der Zwillinge stand auf und sagte zu dem anderen: »Lyndon Johnson. Mein Gott, gerade der, wenn es dazu kommt!«
Gordon begab sich in sein Büro und legte seine Seminaraufzeichnungen weg. Er war müde, hatte aber das Gefühl, jetzt ein Fernsehgerät suchen zu müssen. Die letzte Woche war ein Chaos aus Interviews, Herausforderungen anderer Physiker und erstaunlicher Aufmerksamkeit von den Fernsehstationen gewesen. Der ganze Betrieb hatte ihn tief erschöpft.
Ihm fiel ein, dass das Studentenzentrum an der Scripps Beach ein Fernsehgerät hatte. Die Fahrt mit dem Chevy dauerte nur Augenblicke. Auf den Straßen schienen nur wenige Menschen unterwegs zu sein.
In drei Reihen hatten sich Studenten vor dem Apparat versammelt. Als Gordon hereinkam, sagte Walter Cronkite gerade: »Ich wiederhole, es gibt noch immer keine definitive Erklärung aus dem Parkland Memorial Hospital über den Zustand des Präsidenten. Ein Priester, der gerade aus dem Operationssaal kam, soll gesagt haben, der Präsident liege im Sterben. Das ist allerdings keine offizielle Erklärung. Der Priester bestätigte, dass der Präsident das Sterbesakrament erhalten hat.«
Gordon fragte einen Studenten: »Was ist passiert?«
»Irgendjemand hat aus einem Verlagsgebäude auf ihn geschossen, heißt es.«
Cronkite nahm einen Zettel, der ihm vor die Kamera gereicht wurde. »Gouverneur John Conally wird im Operationssaal neben dem Präsidenten behandelt. Die Ärzte, die ihn operieren, haben nur gesagt, dass sein Zustand ernst ist. Inzwischen, so war zu erfahren, ist Vizepräsident Johnson im Hospital eingetroffen. Offenbar wartet er in einem kleinen Zimmer auf dem Gang, an dem der Operationssaal des
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