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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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hatte, niemand würde sich fern seiner Kindheitsumgebung wirklich wohl fühlen? Darin lag einige Wahrheit. Aber der Mann aus dem Dorf, gerade jetzt… Peterson runzelte die Stirn. Den Speck konnten sie nicht mehr nehmen, alles würde von dem Stoff aus den Wolken verdorben sein, zumindest eine Zeitlang. Der Dörfler wußte das wahrscheinlich. Und unter seinem Jawohl-Mylord-Benehmen verbarg sich eine eindeutige Drohung. Er war gekommen, Sicherheit zu verkaufen, nicht Speck. Sollten sie einige Konserven bekommen, und alles wäre in Ordnung.
    Unruhig rutschte Peterson in dem Sessel. Sein ganzes Leben war er in Bewegung gewesen, dachte er. Er hatte die Rolle des Landadels verlassen, war nach Cambridge gegangen, dann in die Regierung. Er hatte sich jede Stufe zunutze gemacht, um weiterzukommen. Sarah, nahm er an, war der eindeutigste Fall, den Weltrat selbst nicht zu vergessen. Sie alle hatten geholfen. Die Regierung selbst hatte natürlich im wesentlichen die gleiche Strategie verfolgt. Moderne Ökonomie und der Wohlfahrtsstaat borgten in zunehmendem Maße von der Zukunft.
    Jetzt war er an einem Ort, den er nicht verlassen konnte. Er mußte sich auf die Menschen in seiner nächsten Umgebung verlassen. Und plötzlich wurde er sich voller Unbehagen der Tatsache bewußt, daß die kleine, leicht zu handhabende Gruppe im Gutsbezirk und Dorf auch aus unabhängigen, selbständigen Teilen bestand. Was wurde aus der Ordnung, die Peters Manor ruhig und sicher gehalten hatte, wenn die Gesellschaft ins Wanken geriet? Peterson saß im schwindenden Tageslicht und dachte nach. Ein Finger klopfte auf die Armlehne. Er versuchte erneut, mit dem Buch zu beginnen, aber es konnte ihn nicht fesseln. Durchs Fenster sah er die abgeernteten Felder, die sich bis zum Horizont erstreckten. Der Nordwind rüttelte an den Bäumen. Es dämmerte. Das Feuer knackte.

 
– 44 –
22. November 1963
     
     
    Gordon schrieb die Gleichung vollständig auf, bevor er sie erläuterte. Die gelbe Kreide quietschte. »So sehen wir, wenn wir Maxwells Gleichungen über dem Volumen integrieren, wird der Magnetfluß…«
    Eine Bewegung hinten im Seminarraum zog seinen Blick auf sich. Eine Sekretärin aus der Abteilung winkte ihm zögernd zu. »Ja?«
    »Dr. Bernstein, ich unterbreche Sie nicht gern, aber wir haben gerade im Radio gehört, daß der Präsident niedergeschossen worden ist.« Sie spulte den Satz keuchend herunter. Unter den Studenten machte sich Unruhe breit. »Ich dachte… es würde Sie interessieren«, beendete sie den Satz hilflos.
    Gordon stand reglos da. Vermutungen schossen ihm durch den Kopf. Dann erinnerte er sich, wo er sich befand. Das Seminar mußte zu Ende gebracht werden. »In Ordnung, danke.« Er musterte die ihm zugewandten Gesichter. »Ich denke, angesichts des umfangreichsten Stoffs, den wir in diesem Semester… Solange wir nicht mehr wissen, sollten wir fortfahren.«
    Einer der Zwillinge fragte plötzlich: »Wo?«
    »In Dallas«, antwortete die Sekretärin freundlich.
    »Ich hoffe, jemand erwischt auch Goldwater«, sagte der Zwilling heftig.
    »Ruhig, ruhig«, besänftigte Gordon. »Wir können ohnehin nichts tun, oder? Ich schlage vor, fortzufahren.«
    Damit wandte er sich wieder der Gleichung zu. Das summende Flüstern in seinem Rücken ignorierend, behandelte er die einleitende Diskussion des Poynting-Vektors. Der Rhythmus der Diskussion erfaßte ihn. Klickend fiel die Kreide in den Rhythmus ein. Die Gleichungen entfalteten ihre Schönheit. Er zauberte elektromagnetische Wellen herbei und verlieh ihnen Impulse. Er sprach von imaginären mathematischen Gehäusen, lichterfüllt, deren Fluß von der unsichtbaren Kraft partieller Differentiale im Gleichgewicht gehalten wurde.
    Wieder eine Bewegung im Raum. Einige Studenten gingen. Gordon legte die Kreide hin. »Ich nehme an, unter diesen Umständen können Sie sich nicht konzentrieren«, sagte er. »Wir machen beim nächsten Mal an dieser Stelle weiter.«
    Einer der Zwillinge stand auf und sagte zu dem anderen: »Lyndon Johnson. Mein Gott, gerade der, wenn es dazu kommt!«
    Gordon begab sich in sein Büro und legte seine Seminaraufzeichnungen weg. Er war müde, hatte aber das Gefühl, jetzt ein Fernsehgerät suchen zu müssen. Die letzte Woche war ein Chaos aus Interviews, Herausforderungen anderer Physiker und erstaunlicher Aufmerksamkeit von den Fernsehstationen gewesen. Der ganze Betrieb hatte ihn tief erschöpft.
    Ihm fiel ein, daß das Studentenzentrum an der Scripps Beach ein

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