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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Peterson.
    Markham zuckte die Achseln. Beim unbewußten Versuch, seine Brille hochzuschieben, zog er die Nase kraus. Das gab ihm das ungewollte Aussehen eines plötzlich starken Widerwillens. »Ich halte es für möglich, daß sie aus der fernen Zukunft stammen. Aber auch das Westentaschenuniversum wäre eine Erklärung.«
    »Auf eine neue astrophysikalische Theorie würde ich nicht viel Gewicht legen«, sagte Renfrew. »Diese Knaben spekulieren mit Ideen wie Börsenmakler.«
    Markham nickte. »Zugegeben, sie nehmen oft ein Körnchen Wahrheit und blasen es zu einem intellektuellen Puffreis auf. Aber diesmal liegen sie richtig. Es gibt unerklärliche Quellen infraroter Emission weit draußen in den Galaxien. Mikrouniversen würden sich so bemerkbar machen.« Er legte die Hände mit gespreizten Daumen in Form eines Dreiecks vor sein Gesicht und lächelte hinein – seine Lieblingsgeste. In Zeiten wie diesen war es tröstlich, ein kleines Ritual zelebrieren zu können. »Ihr Oszilloskop zeigt hundertmal so viele Störungen, wie Sie erwartet haben, John. Ich neige zu der Meinung, daß wir nicht einzigartig sind, und die Nebenstörungen durch Tachyonensignale sind existent. Signale aus verschiedenen Zeiten, gewiß. Und auch aus diesen mikroskopischen Universen.«
    »Aber sie kommen und gehen«, merkte Renfrew an. »Ich kann immer noch einen Bruchteil der Zeit senden.«
    »Gut«, sagte Peterson. Er hatte eine Weile nicht gesprochen. »Dann machen Sie weiter!«
    »Ich hoffe, die Jungs haben 1963 nicht die Detektor-Empfindlichkeit, um diese Störungen zu untersuchen. Wenn sie sich an unsere Signale halten – die sich bei richtiger Ausstrahlung von den Nebenstörungen abheben müßten –, kommen sie schon klar.«
    »Greg«, meinte Peterson nachdenklich, »da ist noch ein Punkt.«
    »Welcher?«
    »Sie reden ständig von den kleinen Universen innerhalb des unsrigen und wie wir ihre Tachyonenbotschaften empfangen.«
    »Richtig.«
    »Ist das nicht ein bißchen egozentrisch gedacht? Woher wissen wir denn, daß wir kein Westentaschenuniversum in einem größeren sind?«
     
    Am frühen Nachmittag verließ Gregory Markham das Cav. Peterson und Renfrew waren immer noch nicht fähig, darauf zu verzichten, sich gegenseitig Nadelstiche zu versetzen. Trotz seiner automatischen Gewohnheit, sich auf Distanz zu halten, wurde Peterson von dem Experiment ganz offenbar angezogen. Renfrew begrüßte Petersons Unterstützung, wollte aber noch mehr. Markham fand das gezierte Verhältnis zwischen den beiden komisch, besonders, weil es ihrem Unterbewußtsein entsprang. Mit ihren klassengeprägten Sprachmustern hatten die beiden Männer sich beim ersten abweichenden Vokal gegenseitig eingeordnet. Wäre Renfrew ein Arbeitersohn geblieben, wäre er harmonisch mit Peterson ausgekommen, da jeder seine zeitbestimmte Rolle gekannt hätte. Als ein Mann, der in exotischen akademischen Wassern schwamm, hatte Renfrew jedoch keine Bezugspunkte. Die Wissenschaft brachte solche Konflikte zutage. Man konnte aus dem Nichts kommen und sich eine Position erobern, ohne neue soziale Verhaltensweisen erlernt zu haben. Fred Hoyles Zeit in Cambridge war ein typischer Fall gewesen. Hoyle war ein Astronom der alten Schule, ein exzentrischer Wahrheitssucher gewesen: Umstrittene Theorien zogen ihn an, und die kühlen, sachlichen Verhaltensweisen wischte er zur Seite, wenn sie seiner Stimmung zuwiderliefen. Renfrew mochte eine ebenso auffällige Erscheinung wie Hoyle werden, ein proletarischer Lachs, der die ganze Zeit gegen den Strom schwamm, wenn dieses Experiment Erfolg hatte. Die meisten Aufsteiger unter den Wissenschaftlern achten heutzutage auf ein neutrales, nichtssagendes Äußeres; das war risikofreier. Anders Renfrew. Die großen modernen Forschungsteams erforderten, um Fortschritte zu erzielen, gutorganisierte, harmonische Operationen im großen Stil, deren Stabilität von einem Minimum an – wie es in der Fachsprache hieß – »interpersonellen Beziehungen« abhing.
    Renfrew war ein Einzelmensch mit einer Sandpapier-Psyche. Das Seltsame war, daß Renfrew mit den meisten Menschen recht zivil umging; nur die willkürliche Zurschaustellung von Klassensymbolen von Leuten wie Peterson brachte ihn auf. Markham hatte bei seinen Besuchen seit Jahrzehnten eine Verschlimmerung der Klassendifferenzen in England beobachtet. Die Zeit schien die Klassenbande zu stärken, sehr zur Verwunderung der Populärmarxisten, die auf die schwerfälligen Regierungsprogramme setzten.

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