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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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machten uns auf die Suche nach Wallis' Raum. Wir liefen durch mit Teppichboden ausgelegte Korridore, an lauter Türen mit Messingschildern vorbei. Die Lichter brannten noch immer
    – ich vermutete, daß das College eine eigene, unabhängige Elektrizitätsquelle hatte
    –, und der Teppichboden dämpfte unsere Schritte. Einige der Bürotüren standen offen, und es gab Anzeichen eines hastigen Aufbruchs: eine verschüttete Tasse Tee, eine im Aschenbecher herunterbrennende Zigarette und auf dem Fußboden
    verstreute Unterlagen.
    Man konnte sich kaum vorstellen, daß wenige Dutzend Yards entfernt ein Gemetzel stattgefunden hatte!
    Wir erreichten eine geöffnete Tür, die ein bläuliches Flackern ausstrahlte. Als wir den Flur betraten – kauerte der einzige Anwesende – es war Wallis – auf einer Ek-ke seines Schreibtisches. »Oh – Sie sind es. Ich hatte nicht erwartet, Sie noch mal wiederzusehen.« Er trug seine Drahtbrille, ein Tweed-Jackett und eine Wollkra-watte; er hatte eine Epaulette angelegt und die Gasmaske neben sich auf dem
    Schreibtisch plaziert. Er befand sich offenbar inmitten der Vorbereitungen für eine Evakuierung des Gebäudes, hatte aber herumgetrödelt. »Das ist wirklich zum Verzweifeln«, jammerte er. »Zum Verzweifeln!« Dann musterte er uns etwas gründlicher – als ob er uns zum erstenmal sehen würde. »Gütiger Gott, wie sehen Sie denn aus!«
    Wir betraten den Raum, und ich stellte fest, daß das blaue Flackern von einem kleinen Kasten mit einer Glasscheibe kam. Der Bildschirm zeigte in einer ziemlich körnigen Abbildung den Abschnitt eines Flusses, vermutlich der Themse.
    Moses beugte sich mit auf die Knie gestützten Händen nach vorn, um besser sehen zu können. »Das Bild ist zwar ziemlich unscharf«, stellte er fest, »aber es ist schon eine beachtliche Neuerung.« Trotz der Dringlichkeit unseres Anliegens war auch ich neugierig geworden. Dies war offensichtlich die bilderzeugende Weiterentwicklung des Phonographen, von der Filby gesprochen hatte.
    Wallis betätigte einen Schalter an seinem Schreibtisch, und das Bild änderte sich; jetzt erschien es in einem kleineren Maßstab – der Fluß, der sich durch eine besiedelte Landschaft schlängelte – aber das Licht war etwas heller. »Schauen Sie her«, forderte er mich auf, »ich habe mir diesen Film immer und immer wieder angesehen, seit es geschehen ist. Ich kann wirklich meinen Augen nicht trauen... Nun«, sagte er, »wenn wir solche Dinge ersinnen können, dann können sie das sicher auch!«
    »Wer?« fragte Moses.
    »Die Deutschen natürlich. Die verdammten Deutschen! Sehen Sie: Wir betrachten ein Bild aus der Perspektive einer im Scheitelpunkt der Kuppel montierten Kamera. Die Blickrichtung ist Osten, über Stepney hinaus – Sie können dem Verlauf des Flusses folgen. Und jetzt schauen Sie her – sie kommt rein...«
    Wir sahen eine Flugmaschine, ein schwarzes, kreuzförmiges Gerät, das im Tiefflug über den glitzernden Fluß kam. Sie kam von Osten.
    »Sie wissen, daß es nicht einfach ist, eine Kuppel zu bombardieren«, sagte Wallis. »Und zwar aus dem Grund, weil das ganze Ding eine solide Konstruktion ist und sowohl von der Schwerkraft als auch von Stahl zusammengehalten wird; kleine Risse schließen sich in der Regel wieder von selbst...«
    Jetzt warf die Maschine über dem Wasser ein kleines Objekt ab. Die Abbildung war zwar körnig, aber das Objekt sah zylindrisch aus, und es glitzerte im Sonnenlicht, als ob es rotieren würde.
    »Die Fragmente einer Luftexplosion würden überwiegend einfach am Beton abprallen«, fuhr Wallis fort. »Selbst eine direkt vor der Kuppel gezündete Bombe wird sie unter normalen Umständen nicht zerstören können, weil der größte Teil der Druckwelle in die Luft verpufft – verstehen Sie?
    Aber es gibt noch eine weitere Möglichkeit. Ich wußte es! Die Rota-Mine – ein Oberflächen-Torpedo ...
    Ich hatte mich bereits selbst ansatzweise damit beschäftigt, aber die Sache kam nicht recht voran, und außerdem hatte ich auch keine Zeit dafür – nicht mit dieser Zeitverschiebungs-Kriegsführung am Hals... An der Nahtstelle zwischen Kuppel und Fluß verläuft der Panzer ein Stück weit unter der Wasseroberfläche. Das hat den Zweck, einen Angriff von Unterwasserfahrzeugen zu verhindern. Strukturell wirkt dieses Ding wie ein Damm ...
    Nun – aber wenn man eine Bombe an dem unter Wasser liegenden Abschnitt der Kuppel plazieren kann...« Zur Verdeutlichung breitete Wallis seine großen,

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