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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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ich ihn nicht in die Vergangenheit, sondern in den Vorhof der Hölle gebracht hatte.
    Die Rota-Mine
    Wir kämpften uns die letzten Dutzend Yards zu den Mauern des Imperial College durch; und dort verstellte uns zu meiner Beunruhigung ein maskierter und mit einem Gewehr bewaffneter Soldat den Weg. Dieser Kamerad – tapfer, aber offensichtlich ohne jeden Verstand – war auf seinem Posten geblieben, während sich die Straße vor ihm rot färbte mit Blut. Beim Anblick von Nebogipfel machte er hinter seiner Schutzmaske große Augen.
    Er erkannte mich nicht und weigerte sich beharrlich, uns ohne die erforderlichen Dokumente passieren zu lassen.
    Da ertönte wieder ein Pfeifen – der Soldat preßte die Waffe wie einen Schild an die Brust –, aber diesmal detonierte die Granate ziemlich weit entfernt von uns; es gab einen Lichtblitz, Glas klirrte und der Boden erbebte.
    Moses trat mit geballten Fäusten an den Soldaten heran. Seine Angst vor dem
    Beschuß schien sich in Zorn umgewandelt zu haben. »Hast du das gehört, du hirnloser uniformierter Tölpel!« schrie er. »Überall Chaos! Was willst du denn überhaupt noch bewachen? Was soll das alles? Siehst du nicht, was hier los ist?«
    Der Soldat richtete sein Gewehr auf Moses' Brust. »Ich warne dich, Kerl...«
    »Nein, er sieht's wirklich nicht.« Ich schob mich zwischen Moses und den Soldaten; Moses' offenkundiger Mangel an Selbstbeherrschung ärgerte mich, selbst wenn er im Moment in Panik war.
    »Wir finden sicher noch einen anderen Weg«, hoffte Nebogipfel. »Wenn die Au-
    ßenmauern des College beschädigt sind...«
    »Nein«, lehnte ich entschieden ab. »Ich will diesen Weg nehmen.« Ich ging zu dem Soldaten hin. »Sehen Sie, Gefreiter, ich bin zwar nicht befugt, ohne Ihre Erlaubnis hier zu passieren – aber ich versichere Ihnen, daß ich für die Kriegsanstrengungen wichtig bin.«
    Die Augen des Soldaten verengten sich hinter der Maske.
    »Machen Sie einen Anruf«, verlangte ich. »Verständigen Sie Dr. Wallis. Oder
    Professor Gödel. Sie werden für mich bürgen – ganz bestimmt! Bitte versuchen Sie es wenigstens.«
    Schließlich – und mit auf uns angeschlagener Waffe – zog sich der Soldat in seinen Korridor zurück und hob einen Telefonhörer von der Wand ab.
    Es dauerte einige Minuten, bis er das Gespräch beendet hatte; ich vermutete, daß die internen Kommunikationseinrichtungen des College – was nicht verwunderlich gewesen wäre – übel in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Ich wartete mit zunehmender, quälender Ungeduld; ich hätte es nicht verkraftet, von einer solchen Luftnummer an der Flucht in die Zeit gehindert zu werden – nicht, nachdem ich es schon so weit geschafft hatte!
    »Sie sollen in Dr. Wallis' Büro kommen«, meldete er schließlich mürrisch. Dann trat unser schlichter, tapferer Soldat zur Seite, und wir tauchten aus dem Chaos auf dieser Straße in die relative Ruhe des Imperial College ein.
    »Wir werden uns bei Dr. Wallis melden«, versprach ich ihm. »Machen Sie sich
    keine Sorgen. Danke Ihnen!«
    Moses stieß ein erleichtertes Grunzen aus. »Das mußte aber auch gerade uns passieren«, meinte er, »dem einzigen Soldaten über den Weg zu laufen, der in diesem ganzen verdammten London noch Wache steht! Der arme kleine Narr...«
    »Wie kannst du nur so verächtlich sein«, erwiderte ich heftig. »Er ist ein braver Mann, der in dieser schrecklichen Situation nur seine Pflicht erfüllt, so gut er kann
    – angesichts eines Wahnsinns, für den er nicht verantwortlich ist! Was kann man noch mehr von einem Mann verlangen, hm? He?«
    »Huh! Aber was ist mit Kreativität? Flair, Intelligenz, Initiative ...«
    Wir hatten angehalten und stießen fast mit den Nasen aneinander.
    »Gentlemen«, rief uns Nebogipfel zur Ordnung. »Wir haben jetzt wirklich keine Zeit für eine solche Nabelschau!«
    Moses und ich starrten zuerst den Morlock an und dann uns gegenseitig. In Moses' Gesicht erkannte ich eine verletzliche Angst, die er mit diesem Zorn über-spielte – seine Augen waren wie die eines erschrecktes Tieres in einem Käfig –, und durch ein Kopfnicken versuchte ich, ihm etwas Zuversicht zu vermitteln.
    Nach einem Moment gingen wir wieder auseinander.
    »Natürlich«, sagte ich im Bestreben, die Spannung zu mildern, »betreibst du nie irgendwelche Nabelschau, Nebogipfel, richtig?«
    »Nein«, bestätigte der Morlock leichthin. »Ich habe nämlich gar keinen Nabel.«
    Wir eilten weiter. Wir erreichten das Hauptbürogebäude und

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