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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Kommunikationschaos noch unterscheiden, wo das Bewußtsein des einen endet und das eines anderen beginnt? Sind das meine Gedanken, meine Erinnerungen – oder deine? Verstehst du? Begreifst du die Implikationen?«
    Auf der Erde – vielleicht auf jeder besiedelten Welt – mußte es gigantische zentrale, aus Millionen Konstrukteuren bestehende Intelligenzen geben, die zu gott-
    ähnlichen Entitäten verschmolzen waren und das Bewußtsein der Rasse aufrechterhielten. Wie Nebogipfel gesagt hatte, war die Spezies selbst ein Bewußtsein.
    Erneut hatte ich das Gefühl, zu weit in die Metaphysik abzuschweifen. »Das ist zwar alles höchst faszinierend«, sagte ich, »und auch schön und gut; aber vielleicht sollten wir wieder einen Praxisbezug zu unserer Situation herstellen. Was hat das alles mit dir und mir zu tun?« Ich drehte mich zu unserem geduldigen Konstrukteur um, der schimmernd in der Mitte des Bodens saß. »Was ist mit diesem Burschen?«
    fragte ich. »All dieses Zeug über Bewußtsein und so weiter ist ja auch sehr nett –
    aber was will er? Warum ist er hier? Warum hat er uns das Leben gerettet? Und –
    was hat er jetzt mit uns vor? Oder verhält es sich so, daß diese mechanischen Menschen alle zusammenarbeiten – wie Bienen in ihrem Stock, vereint durch diese kollektiven Intelligenzen, von denen du gesprochen hast – so daß wir es mit einer Spezies mit gemeinsamen Zielen zu tun haben?«
    Nebogipfel rieb sich das Gesicht. Er ging zu dem Konstrukteur, blickte in sein Okular und wurde nach einigen Minuten mit der Extrusion einer Käseplatte aus dem glitzernden Leib des Konstrukteurs belohnt, die ich schon so oft in Nebogipfels eigener Zeit gesehen hatte. Mit Abscheu beobachtete ich, wie Nebogipfel die Platte ergriff und in dieses wie schon mal gegessen aussehende Zeug hineinbiß. Es war eigentlich auch nicht schlimmer als die Extrusion von Materialien aus dem Boden der Morlock-Sphäre, aber der zwischen Leben und Maschine changierende
    Konstrukteur hatte etwas an sich, das mich abstieß. Ich mußte mich zwingen, mich weiterer Spekulationen bezüglich der Herkunft meines eigenen Essens und Wassers zu enthalten!
    »Wir können diese Konstrukteure nicht als vereinigt bezeichnen«, stellte Nebogipfel richtig. »Sie sind vernetzt. Aber sie verfolgen kein gemeinsames Ziel –
    wie es zum Beispiel die verschiedenen Komponenten deiner Person tun.«
    »Aber warum nicht? Das wäre doch höchst vernünftig. Mit perfekter, kontinuierlicher Kommunikation gäbe es keine Mißverständnisse mehr – keine Konflikte...«
    »Aber dem ist nicht so. Die Gesamtheit des mentalen Universums der Konstrukteure ist zu groß.« Er verwies wieder auf das InformationsMeer und beschrieb, wie die Strukturen des Denkens und Spekulierens – komplex, evolutionär, vergänglich – kamen und gingen, erzeugt aus den Rohstoffen dieses mentalen Ozeans.
    »Diese Strukturen verhalten sich analog zu den wissenschaftlichen Theorien deiner Zeit – ständig bedroht von neuen Entdeckungen und den Erkenntnissen neuer Denker. Die Welt der Erkenntnis steht nämlich niemals still...
    Und erinnere dich nur an deinen Freund Kurt Gödel, der uns lehrte, daß kein
    Wissensgebiet jemals kodifiziert und abgeschlossen werden kann.
    Das InformationsMeer ist unruhig. Die aus ihm entspringenden Hypothesen und Intentionen sind komplex und vielschichtig; es besteht fast in keinerlei Hinsicht völliger Konsens unter den Konstrukteuren. Es ist wie eine langwierige Debatte mit immer neuen Aspekten; und innerhalb dieser Debatte können sich Fraktionen bilden: Gruppen von Quasi-Individuen, die sich um ein Paradigma scharen. Man könnte sagen, daß die Konstrukteure sich einig sind in dem Bestreben, die Erkenntnis ihrer Spezies voranzutreiben, nicht jedoch hinsichtlich der Art und Weise, wie das bewerkstelligt werden soll. Man könnte es im Grunde auch so ausdrücken: je fortgeschrittener das Denken, desto mehr unterschiedliche Strömungen scheinen sich zu entwickeln, denn je komplexer die Welt wird...
    Und solcherart entwickelt sich die Rasse weiter.« Ich erinnerte mich daran, was Barnes Wallis mir von der neuen Redeordnung im Parlament erzählt hatte, im Jahre 1938, als Opposition bereits einen Straftatbestand erfüllte – die Abzweigung der Energien von der einen, selbstverständlich korrekten Interpretation der Dinge! –
    Wenn aber das, was Nebogipfel sagte, stimmte, dann konnte es auf keine Frage eine allgemeingültige Antwort geben: wie diese Konstrukteure

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