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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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mich mit einer beachtlichen Geschwindigkeit zwischen diesen Morlocks hindurchbewegte – viel schneller, als ich selbst hätte gehen können.
    Als ich das dann voll realisierte, wäre ich fast gestolpert. Ich blickte nach unten, aber der Abschnitt des transparenten Bodens, auf dem ich ging, unterschied sich in meinen Augen in nichts von der sonstigen Fläche; dennoch wußte ich, daß ich
    mich auf irgendeiner Art von Laufband befinden mußte.
    Die dichtgedrängten, bleichen Morlockgesichter, das Fehlen jeglicher Farbe, der flache Horizont, die unnatürliche Geschwindigkeit, mit der ich mich durch diese bizarre Landschaft bewegte – und vor allem die Illusion, daß ich über einer bo-denlosen Sternenquelle schwebte – flossen in eine Art Traum zusammen! – Aber dann rückten mir einige neugierige Morlocks zu nahe, und der durch diesen üblen Geruch erfolgte Kick katapultierte mich wieder in die Realität.
    Dies war durchaus kein Traum: ich erkannte, daß ich verloren war, ausgesetzt in diesem Meer aus Morlocks, und wieder mußte ich mich zu einem steten Gang
    zwingen und den Drang unterdrücken, die Fäuste zu ballen und sie in die mich bedrängenden neugierigen Gesichter zu schmettern.
    Ich sah, wie die Morlocks ihrem mysteriösen Tagewerk nachgingen. Einige spazierten umher, andere unterhielten sich und wieder andere kauten mit der Unbe-kümmertheit von Katzenkindern an diesem drögen, faden Essen, das auch mir vor-gesetzt worden war. Diese Beobachtungen, verbunden mit der absoluten Unbe—
    grenztheit des Raumes, ließen mich zu der Erkenntnis gelangen, daß die Morlocks in dieser Sphäre kein Bedürfnis nach einer Intimsphäre in dem Sinn, wie wir sie kennen, hatten.
    Die meisten Morlocks schienen zu arbeiten, obwohl ich nicht erkennen konnte, woran. Die Oberflächen von einigen der Raumteiler bestanden aus einer blauen, glühenden Glaseinlage, und die Morlocks berührten diese Scheiben mit ihren dürren, wurmartigen Fingern oder redeten eindringlich auf sie ein. Im Gegenzug liefen Kurven, Darstellungen und Text über die Glasflächen. An einigen Stellen war diese bemerkenswerte Technik noch einen Schritt weiter entwickelt, und ich sah aus-gefeilte Modelle – was sie darstellen sollten, entzog sich jedoch meiner Kenntnis –, die irgendwo aus dem Nichts zu entspringen schienen. Auf Befehl der Morlocks rotierten diese Modelle, öffneten sich und gaben einen Blick in ihr Inneres frei –
    oder sie flogen einfach davon, in kleiner werdenden Konfigurationen von schwebenden Würfeln aus farbigem Licht.
    Diese Wesen waren eindeutig intelligent – jedes von ihnen konnte Nebogipfel
    das Wasser reichen –, aber es war schwierig für mich, auch immer daran zu denken! Als ich sah, wie ein struppiges Individuum mit seinem dicken Zeigefinger auf einem glühenden Bildschirm herumstocherte und dabei den Unterkiefer hängen
    ließ, mußte ich zwangsläufig an einen Affen im Zoo denken, der mit dem Finger auf einen vor ihm hängenden Spiegel einstach.
    Und außerdem muß man berücksichtigen, daß all diese Aktivitäten permanent
    von dem fließenden, gutturalen Redefluß der Morlocks unterlegt wurden.
    Jetzt kamen wir an einer Stelle vorbei, an der eine neue Trennwand hochgezogen wurde. Sie schien irgendwie aus einem Bottich mit Quecksilber gezogen zu werden; als sie fertiggestellt war, erhob sie sich als dünne Paneele vier Fuß über den Boden und wies drei dieser allgegenwärtigen blauen Fenster auf. Als ich mich bückte, um durch den transparenten Boden zu schauen, konnte ich unter der Oberfläche nichts erkennen: weder einen Behälter noch eine Fördermaschine. Es war, als ob die Wand aus dem Nichts erschienen wäre. »Wo ist sie hergekommen?«
    fragte ich Nebogipfel.
    Nach etlicher Überlegung – offensichtlich mußte er seine Worte sorgfältig wählen – sagte er: »Die Sphäre hat ein Gedächtnis. Sie hat Maschinen, mit denen sie dieses Wissen speichern kann. Und die Form dieser Datenblöcke...« – er meinte die Trennwände – »...wird im Gedächtnis der Sphäre gespeichert, um nach Belieben in dieser materiellen Form rekonstruiert zu werden.«
    Zu meiner Unterhaltung ließ Nebogipfel noch mehr solcher Gebilde entstehen:
    ich sah, wie auf einem Pfosten ein Tablett mit Speisen und Wasser aus dem Boden wuchs, als ob es von einem unsichtbaren Butler serviert worden wäre!
    Diese Art, den gleichförmigen und blanken Boden als Extruder zu benutzen, ver-blüffte mich. Es erinnerte mich an Platons Hypothese, die von

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