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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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zum Nennwert nehmen,
    dann müssen wir die Geschwindigkeit des Lichts als eine feste Größe betrachten und die Dimensionen als Variablen. In anderen Worten, die Länge meines Yardmaßes und die Geschwindigkeit, mit der meine Uhr tickt, variieren in Abhängigkeit von meiner Geschwindigkeit durch die Zeit: das Universum justiert sich quasi selbst nach, um das Meßergebnis für die Lichtgeschwindigkeit konstant zu halten.
    Dann erkannte ich, daß man diesen Sachverhalt geometrisch darstellen kann, als eine Verschiebung der Dimensionen.« Ich hielt eine Hand hoch, wobei der Daumen und zwei Finger im rechten Winkel abstanden. »Nehmen wir an, wir befinden uns in einem Gerüst aus den vier Dimensionen – und dann lassen wir den ganzen Kram rotieren, ungefähr so...« – ich verdrehte das Handgelenk –, »daß die Längs-achse dort zu liegen kommt, wo sich vorher die Querachse befunden hat und die Querachse ihrerseits den Platz der Hochachse einnimmt – und, was am wichtigsten ist, Dauer und Dimension des Raumes vertauscht werden. Siehst du? Man bräuchte natürlich keine vollständige Transposition – eine ansatzweise Verschiebung würde schon ausreichen. Und dann wäre eine Reise in die Vergangenheit oder Zukunft nicht schwieriger als ein Gang durch einen Raum.
    Ich habe diese Spekulationen bisher für mich behalten«, sagte ich. »Ich habe keinen besonderen Ruf als Theoretiker. Außerdem habe ich Bedenken, etwas ohne
    experimentelle Verifikation zu veröffentlichen. Aber es gibt – gab – andere Leute, die in der gleichen Richtung denken – z. B. Fitzgerald in Dublin, Lorentz in Leiden und Henri Poincare in Frankreich – und es kann nicht mehr lange dauern, bis die Theorie vervollständigt wird, die sich mit dieser Relativität der Bezugsgrößen be-faßt...«
    »Dein Kenntnisstand ist bemerkenswert«, sagte der Morlock. »Du bist ein
    Mensch des Jahres 1891 – vierzehn Jahre vor dem Erscheinen von Einsteins erster Arbeit in den Annalen der Physik – und doch ähnelt deine Terminologie Minkows-kis Formalismus der Raumzeit-Geometrie...«
    Diese Namen aus der Zukunft sagten mir natürlich nichts, aber ich kann bei dem angenehmen Gedanken, bis zu einem gewissen Grad meiner Zeit voraus gewesen
    zu sein, einen Anflug von Arroganz nicht leugnen! »Das ist dann also die Quintessenz meiner Zeitmaschine«, schloß ich. »Die Maschine verdreht Raum und Zeit in sich selbst und verwandelt so die Zeit in eine räumliche Dimension – und dann ist die Reise in die Vergangenheit oder Zukunft so leicht wie Fahrradfahren.«
    Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück; in Anbetracht der ungemütlichen Bedingungen dieser Vorlesung hielt ich mir zugute, eine bemerkenswerte Leistung geboten zu haben.
    Doch mein Morlock war kein dankbarer Zuhörer. Er stand da und sah mich durch seine blaue Brille an. Dann meinte er schließlich: »Ja. Aber wie verhält sich das jetzt genau?«
    Die Befreiung aus dem Käfig
    Diese Reaktion irritierte mich ungemein! Ich bin sonst ein dankbareres Publikum gewöhnt.
    Ich erhob mich vom Stuhl und begann im Käfig umherzugehen. Dabei näherte
    ich mich Nebogipfel und konnte gerade noch den Impuls unterdrücken, in eine
    affenartige Drohgeste zu verfallen. Ich weigerte mich jetzt strikt, weitere Fragen zu beantworten, solange er mir nicht etwas von seiner Sphären-Welt zeigte.
    »Schau mal«, sagte ich, »glaubst du nicht auch, daß du etwas unfair bist?
    Schließlich habe ich sechshunderttausend Jahre zurückgelegt, um etwas von deiner Welt zu sehen. Und alles, was ich bisher davon hatte, war eine dunkle Hügelkette in Richmond, und...« – ich machte eine Handbewegung in Richtung der mich umgebenden Dunkelheit – »...das hier und deine endlosen Fragen!
    Betrachte es einmal von diesem Standpunkt aus, Nebogipfel. Ich weiß, daß ich dir einen umfassenden Bericht meiner Reise durch die Zeit geben soll und auch darüber, was ich in der Vergangenheit gesehen hatte, als sie sich zu eurer Gegenwart entwickelte. Wie kann ich aber einen solchen Bericht machen, wenn ich nicht weiß, wie er endet? – ganz zu schweigen von der anderen Vergangenheit, die ich erlebt habe.«
    Hier brach ich meine Rede ab und hoffte, daß ich ihn damit überzeugt hätte.
    Er führte die Hand zu seinem Gesicht; die dünnen, weißlichen Finger rückten die Brille gerade, so wie jeder Gentleman einen Zwicker zurechtgerückt hätte. »Ich werde diesbezüglich Rücksprache halten«, verkündete er schließlich. »Wir sprechen uns

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