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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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und Mond! Die Stadtkammer war so groß, daß sie
    jegliches Vorstellungsvermögen übertraf – insbesondere deswegen, weil sie hinsichtlich ihrer Details homogen war; denn ich stieß überall auf diese Rudel von Morlocks, die ihren obskuren Verrichtungen nachgingen. Dabei mußten schon die einfachsten Tätigkeiten anspruchsvoll genug sein; ich mußte z. B. nur an die pro-saischen Probleme denken, welche die Aufrechterhaltung einer hinsichtlich Zusammensetzung und Temperatur stabilen Atmosphäre sowie die Regelung von
    Luftdruck und – feuchtigkeit bei solchen Dimensionen mit sich brachte. Und doch gab mir Nebogipfel zu verstehen, daß es sich hier nur um eine Kammer in einem ganzen Verbund handelte, der die Sphäre von Pol zu Pol überzog.
    Bald realisierte ich, daß es in dieser Sphäre keine Städte im modernen Sinne gab.
    Die Morlock-Population war über diese immensen Kammern verteilt, und es gab
    keine bestimmten Örtlichkeiten für spezifische Aktivitäten. Wenn die Morlocks einen Arbeitsbereich einrichten – oder ihn wieder räumen wollten – wurden die benötigten Geräte direkt aus dem Boden gezogen und im anderen Fall wieder absorbiert. So traten also anstelle von Städten Bevölkerungsknoten höherer Dichte auf – Knoten, die sich verlagerten und wanderten, ganz nach den Erfordernissen.
    Ich brauchte eine Weile, bis ich diesen nächsten Punkt verstanden hatte, aber in gewisser Weise war die Morlock-Gesellschaft fast nicht technisiert – oder vielmehr, statt der Fülle von Gerätschaften, mit der wir Menschen uns im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts umgeben hatten, gab es nur die eine, allgegenwärtige Maschine, die all ihre Bedürfnisse befriedigte: damit meine ich die Sphäre und das Material des Bodens, aus der sie konstruiert war.
    Folglich bestand auch keine Notwendigkeit für Farmen, Fabriken, Geschäfte oder sonstige Infrastruktur, wie wir sie haben, denn der Boden diente als Extruder für alles, was die Bevölkerung vielleicht brauchen mochte. Ich sah, daß fast unsere ganze physikalische Zivilisation durch diese eine, unglaubliche Erfindung obsolet geworden war! Es existierten indessen noch Konstruktionsbüros, in denen – nach meinem Kenntnisstand – das mechanische Gehirn der Sphäre darauf trainiert wurde, sich an neue Artefakte zu ›erinnern‹.
    Nach einer weiteren Schlafphase war ich aus dem Unterstand geklettert, hatte mich mit untergeschlagenen Beinen auf den Boden gesetzt und trank Wasser. Nebogipfel, dem keine Müdigkeit anzumerken war, blieb stehen. Dann bemerkte ich, daß sich uns zwei Morlocks näherten, bei deren Anblick ich das Wasser etwas zu hastig hinunterschluckte; ich verschluckte mich, und einige Tropfen spritzten auf Jacke und Hose.
    Ich hielt die beiden zunächst tatsächlich für Morlocks – aber sie hatten keine Ähnlichkeit mit den Morlocks, die ich bisher gesehen hatte: während Nebogipfel knapp viereinhalb Fuß groß war, ähnelten diese hier Comicfiguren, die sich zu einer Größe von vielleicht zehneinhalb Fuß erhoben!
    Eine der langen Kreaturen bemerkte mich, und sie kam herübergestapft, wobei
    die Metallschienen an ihren Beinen klapperten; das Wesen stieg wie eine große Gazelle über die in seinem Weg liegenden Trennwände hinweg.
    Es bückte sich und starrte mich an. Seine rotgrauen Augen waren so groß wie
    Teller, und ich schreckte vor ihm zurück. Die Ausdünstung des Wesens war stechend und ungewöhnlich, wie gebrannte Mandeln. Die Extremitäten waren lang
    und wirkten fragil, und die Haut spannte sich über dieses verlängerte Skelett: ich konnte durch die wie ein Trommelfell gespannte Haut ein Schienbein erkennen, das mindestens drei Fuß lang war. Die langen Beinknochen wurden durch Schienen aus einem weichen Metall gestützt, mit dem offensichtlichen Zweck, sie vor einem Bruch zu schützen. Diese schwächliche Kreatur schien nicht über mehr Fol-likel zu verfügen als ein Durchschnitts-Morlock, denn ihr Haar war auf sehr häßliche Weise über ihre lange Gestalt verteilt.
    Das Wesen tauschte ein paar Silben mit Nebogipfel. Dann schloß es sich wieder seinem Gefährten an und ging – allerdings nicht, ohne mich noch mehrmals über die Schulter gemustert zu haben – seiner Wege.
    Konsterniert wandte ich mich Nebogipfel zu; nach dieser Vision kam sogar er mir wie eine Oase der Normalität vor.
    »Sie kommen...« – ein Wort, das ich nicht verstehen konnte – »von den höheren Breitengraden«, erklärte Nebogipfel. Er sah unseren zwei

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