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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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vielleicht war Richmond Hill auch aufgrund irgendeines geologischen Prozesses gehoben worden. Ich erinnerte mich an eine ähnliche Wanderung der Themse während meiner ersten Zeitreise. Also
    gewann ich den Eindruck, daß die historischen Diskrepanzen bloß vergängliches Menschenwerk waren; unter ihrer Oberfläche liefen unerbittlich und geduldig die langsamen Prozesse der Tektonik und Erosion ab.
    Ich gönnte mir einen Moment, am Hügel zum Park hochzuschauen, denn ich
    fragte mich, wie lange dieses alte Waldland und die Rudel von Rot-und Damwild dem Wind der Veränderung widerstanden hatten. Jetzt konnte der Park nicht mehr als eine dunkle Wüste sein, in der höchstens noch Kakteen und ein paar Oliven-bäume gediehen. Ich spürte, wie mir das Herz schwer wurde. Vielleicht waren diese Morlocks weise und geduldig – vielleicht verdiente ihr stetes Streben nach Wissen in der Sphäre Anerkennung – aber ihre Behandlung der alten Erde war eine Schande!
    Wir kamen in die Nähe des Richmond Gate des Parks, das sich dicht am Standort des Star and Garter befand, vielleicht eine halbe Meile von der Position meines Hauses entfernt. Ein ebenes Stück Land war mit einer rechteckigen Plattform aus weichem Glas überzogen worden; die Plattform schimmerte im fleckigen Sternenlicht. Sie schien aus diesem wundersamen, glasigen Material gefertigt zu sein, aus dem auch der Boden der Sphäre bestand; und aus ihrer Oberfläche waren eine
    Vielzahl der Sockel und Trennwände gezogen worden, die ich mittlerweile als charakteristische Werkzeuge der Morlocks identifizierte. Der Platz war jetzt unbelebt; außer Nebogipfel und mir war niemand hier. Und dort – im Zentrum der Plattform
    – erblickte ich ein niedriges und häßliches Gewirr aus Messing und Nickel, mit Elfenbein, das im Licht der Sterne wie ausgebleichte Knochen schimmerte, sowie einem Sattel in der Mitte des Gebildes: es war meine Zeitmaschine, offensichtlich intakt und bereit, mich nach Hause zu bringen!
    Rotationen und Täuschungen
    Ich spürte, wie mein Herz pulsierte und hatte Schwierigkeiten, mit Nebogipfel Schritt zu halten – aber ich blieb ihm auf den Fersen. Ich steckte die Hände in die Jackentaschen und ergriff die zwei dort verstauten Steuerungshebel. Ich hatte mich der Maschine bereits so weit genähert, daß ich die Stümpfe sah, in welche die Hebel gesteckt werden mußten, um das Ding zum Leben zu erwecken – und ich
    wollte die Maschine so schnell wie möglich starten und von diesem Ort verschwinden!
    »Wie du siehst«, meinte Nebogipfel, »ist die Maschine unbeschädigt – wir haben sie zwar bewegt, aber nicht versucht, ihr Innenleben auszuforschen...«
    Ich versuchte, seine Aufmerksamkeit irgendwie abzulenken. »Sag mir eines:
    Jetzt, da ihr meine Maschine studiert und meinen Theorien zu diesem Thema ge-lauscht habt, welchen Eindruck habt ihr bekommen?«
    »Deine Maschine ist eine außergewöhnliche Leistung – ihrer Zeit weit voraus...«
    Ich habe noch nie viel Sinn für Komplimente gehabt. »Aber es ist das Plattnerit, das mich zu ihrer Konstruktion befähigt hatte«, sagte ich.
    »Ja. Ich würde dieses ›Plattnerit‹ auch gerne näher untersuchen.« Er setzte seine Brille auf und musterte die schimmernden Quarzstangen der Maschine. »Wir haben uns – ein wenig – über multiple Historien unterhalten: über die mögliche Existenz mehrerer Versionen der Welt. Du selbst hast bereits zwei gesehen...«
    »Weenas Welt und die Variante mit der Sphäre.«
    »Du mußt dir diese Versionen der Geschichte als parallele Korridore vorstellen, die sich vor dir erstrecken. Deine Maschine ermöglicht es dir, dich auf einem solchen Korridor vor-und zurückzubewegen. Die Korridore existieren unabhängig
    voneinander: ein Mensch, der von einem beliebigen Standort aus einen Korridor entlangblickt, wird eine vollständige und kausal abgeschlossene Historie sehen – er kann weder von einem anderen Korridor etwas wissen noch können die Korridore sich gegenseitig beeinflussen.
    Doch in manchen Korridoren können unterschiedliche Bedingungen herrschen.
    In einigen können sogar die Gesetze der Physik voneinander abweichen...«
    »Weiter!«
    »Du hast gesagt, daß das Funktionieren deiner Maschine auf einer Verzerrung
    von Raum und Zeit beruht«, resümierte er. »Eine Reise durch die Zeit wird in eine Reise durch den Raum umgewandelt. Gut, ich stimme dem zu: genau das ist der
    Effekt des Plattnerits. Aber wie kommt er zustande?«
    »Stellen wir uns nun«, fuhr er

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