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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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des Scheiterns jetzt nicht mehr ertragen.
    Wenn ich Nebogipfel verletzen mußte, um zu fliehen, dann würde ich es sicher tun!
    Ich öffnete den Rucksack, fand eine Kerze und zündete sie an. Ein gemütliches gelbes Licht und ein Rauchwölkchen verwandelten diese inhumane kleine Kiste in ein Heim. Die Morlocks hatten meinen Schürhaken nicht wieder herausgegeben –
    was ich mir auch hätte denken können –, aber der Großteil der übrigen Ausrüstung war vorhanden. Sogar mein Klappmesser war noch da. Mit dieser Klinge und dem Morlock-Tablett als improvisiertem Spiegel schabte ich mir den lästigen Bartwuchs ab und rasierte mich so gründlich, wie es eben ging. Ich konnte sogar die Unterwäsche wechseln – ich hätte nie gedacht, daß mir das Gefühl wirklich sauberer Socken eine solche Wahrnehmung sinnlichen Genusses bescheren könnte! –
    und ich dachte zärtlich an Mrs. Watchets, die mir diese wertvollen Sachen einge-packt hatte.
    Schließlich – und dies war das größte Vergnügen – holte ich meine Pfeife aus dem Rucksack, stopfte sie mit Tabak und zündete sie an der Kerzenflamme an.
    In diesem Zustand, mit meinen wenigen Habseligkeiten umgeben und noch das
    Aroma meines besten Tabaks in der Nase, legte ich mich auf das kleine Bett, zog mir die Decke über und schlief ein.
    Ich erwachte im Dunklen.
    Es war ein merkwürdiges Gefühl, ohne Tageslicht aufzuwachen – als ob man
    mitten in der Nacht aufgeweckt worden wäre – und solange ich mich in der Ewigen Nacht der Morlocks befunden hatte, war ich noch nie richtig ausgeschlafen gewesen. Es hatte den Anschein, als ob mein Körper nicht imstande sei, die Tageszeit zu bestimmen.
    Ich hatte Nebogipfel gesagt, daß ich die Zeitmaschine in Augenschein nehmen
    wollte, und ich verspürte eine große Nervosität, als ich meine Morgentoilette erle-digte und ein kleines Frühstück einnahm. Mein Plan wies eigentlich keine strategische Komponente auf: es ging mir lediglich darum, bei der erstbesten Gelegenheit von der Maschine Besitz zu ergreifen! Mein Spiel basierte auf der Unterstellung, daß die Morlocks nach Jahrtausenden mit hochentwickelten Maschinen nichts
    mehr mit einem so primitiv konstruierten Gerät anzufangen wußten, wie diese
    Zeitmaschine eines war. Ich hielt es für unwahrscheinlich, daß sie erwarteten, mit einem so simplen Handgriff wie dem Einstecken zweier Hebel die Funktionsfähigkeit der Maschine wieder herzustellen – oder zumindest betete ich, daß dem so war!
    Ich verließ die Hütte. Nach all meinen Abenteuern steckten die Hebel der Zeitmaschine noch sicher in der Innentasche meiner Jacke.
    Nebogipfel kam auf mich zu; seine schmalen Füße hinterließen verwaschene Abdrücke im Sand, und seine beiden Hände waren leer. Ich fragte mich, wie lange er wohl schon in der Nähe gewesen war und auf mein Erscheinen gewartet hatte.
    Wir marschierten zusammen an der Flanke des Hügels entlang und hielten uns
    südlich in Richtung Richmond Park. Wir hatten uns ohne größere Vorreden auf
    den Weg gemacht, denn die Morlocks halten nicht viel von unnötiger Konversation.
    Ich hatte bereits erwähnt, daß mein Haus in der Petersham Road gestanden hatte, auf dem Abschnitt unterhalb von Hill Rise. Somit hatte es sich auf halber Höhe von Richmond Hill befunden, mit einer schönen Aussicht nach Westen – oder
    vielmehr hätte es die gehabt, wenn da nicht einige Bäume im Weg gewesen wären
    – und ich hatte einen Ausschnitt der Wiesen von Petersham jenseits des Flusses sehen können. Nun, im Jahr 657208 n. Chr. war das ganze störende Zeugs wegge-fegt worden, und ich konnte an der Flanke eines tiefen Tales hinabschauen, wo die Themse in ihrem neuen Bett floß, glitzernd im Sternenlicht. Hier und da konnte ich die glühenden Schlünde der Wärmequellen der Morlocks ausmachen, die sich
    punktuell über das abgedunkelte Land verteilten. Die Hügelkette bestand jetzt zum überwiegenden Teil aus Sand oder war mit Moos überzogen. Außerdem konnte ich noch Flecken sehen, die wie das weiche Glas aussahen, mit dem die Sphäre ausgekleidet war, und die im verstärkten Licht der Sterne funkelten.
    Der Fluß selbst hatte sich etwas eine Meile von seinem Verlauf des neunzehnten Jahrhunderts entfernt ein neues Bett gegraben; es hatte den Anschein, als ob der Bogen zwischen Hampton und Kew begradigt worden wäre, so daß Twickenham
    und Teddington jetzt an seinem östlichen Ufer lagen, und es schien mir, daß das Tal deutlich tiefer war als zu meiner Zeit – oder

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