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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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namens
    Spinthariskop«, erzählte ich Nebogipfel, »in dem sich Radium dicht vor einem mit Zinksulfid beschichteten Schirm befand...«
    »Und der Schirm fluoreszierte. Ja. Es war der Zerfall der Kerne der Radiumato-me, der das verursachte«, meinte er.
    »Aber ein Atom ist doch unteilbar – oder so heißt es zumindest...«
    »Nur wenige Jahre nach deiner Abreise in die Zeit – soweit ich mich erinnere –
    wird Thomson in Cambridge das Phänomen der subatomaren Struktur demonstrieren...«
    »Subatomare Struktur – Thomson! Ich habe Joseph Thomson selbst schon
    mehrmals getroffen – ich hatte ihn immer für einen ziemlich affektierten Schnösel gehalten – und gerade ein paar Jahre jünger als ich...«
    Nicht zum erstenmal verspürte ich ein tiefes Bedauern wegen meines überhasteten Abtauchens in die Zeit! Wenn ich doch nur geblieben wäre, um an solchen intellektuellen Sternstunden teilzuhaben – ich hätte mittendrin sein können, auch ohne meine Experimente mit der Zeitreise – das wäre sicher Abenteuer genug gewesen für ein Leben.
    Jetzt schien Moses seinen Vortrag beendet zu haben, und er streckte die Hand aus, um die Natriumlampe zu löschen – aber dann riß er die Hand mit einem Aufschrei zurück.
    Nebogipfel hatte Moses' Finger mit seiner unbehaarten Handfläche berührt. »Es tut mir leid.«
    Moses rieb sich die Hand, als ob er sie abwischen wollte. »Ihre Berührung«,
    sagte er. »Sie ist so – kalt.« Er starrte Nebogipfel an, als ob er ihn jetzt zum erstenmal in seiner ganzen Fremdheit sehen würde.
    Nebogipfel entschuldigte sich erneut. »Ich wollte dich nicht erschrecken. Aber...«
    »Ja?« sagte ich.
    Der Morlock streckte einen wurmartigen Finger aus und deutete auf das Plattnerit. »Schau.«
    Ich bückte mich gleichzeitig mit Moses und schielte auf die erhellte Materie.
    Zuerst konnte ich nichts erkennen außer der fleckigen Reflexion der Natriumlampe, ein feiner Staubschleier auf der Oberfläche der Glasscheiben... und dann registrierte ich ein stärker werdendes Licht, ein Glühen aus den Tiefen des Plattnerits selbst: ein derart intensives grünes Leuchten, als ob das Glas ein winziges Fenster zu einer anderen Welt wäre.
    Das Glühen wurde noch intensiver und ließ glitzernde Reflexe über die Reagenzgläser, Glasscheiben und anderen Utensilien des Laboratoriums wandern.
    Wir suchten wieder das Eßzimmer auf. Das Kaminfeuer war nun schon seit Stunden erloschen, und es wurde kühl im Raum, aber Moses schien mein Unbehagen
    nicht zur Kenntnis zu nehmen. Er goß mir noch einen Brandy ein und bot mir eine Zigarre an, die ich auch annahm; Nebogipfel bat um etwas Wasser. Mit einem
    Seufzer zündete ich die Zigarre an, während Nebogipfel mich mit einem Ausdruck blanken Erstaunens musterte; er schien alle angelernten menschlichen Umgangs-formen vergessen zu haben!
    »Nun, Sir«, sagte ich, »wann gedenken Sie diese bemerkenswerten Ergebnisse zu veröffentlichen?«
    Moses kratzte sich am Kopf und lockerte seine schrille Krawatte. »Ich bin mir nicht sicher«, antwortete er frei heraus. »Ich habe doch kaum mehr als einen Beob-achtungskatalog von Anomalien einer Substanz vorzuweisen, deren Herkunft noch ungewiß ist. Aber vielleicht gibt es irgendwo noch klügere Kollegen als mich, die damit etwas anfangen können – die z. B. imstande sind, herauszufinden, wie man noch mehr Plattnerit herstellt...«
    »Nein«, wandte Nebogipfel geheimnisvoll ein. »Die dazu benötigten Mittel werden erst in einigen Jahrzehnten zur Verfügung stehen.« Moses schaute den Morlock neugierig an, ging aber nicht weiter auf diesen Punkt ein.
    »Sie haben also nicht die Absicht einer Veröffentlichung«, warf ich einen Köder aus.
    Er winkte mir konspirativ zu – eine weitere irritierende Angewohnheit! – und sagte: »Alles zu seiner Zeit. Wissen Sie, in mancherlei Hinsicht bin ich gar kein echter Wissenschaftler – Sie wissen, was ich meine, der vorsichtige Korinthenkak-ker, der dann von der Presse als hervorragender Wissenschaftler oder bekannter Wissenschaftlern gefeiert wird. Man hört sich an, wie ein solcher Bursche sich vielleicht über irgendeinen obskuren Aspekt toxischer Alkaloide verbreitet, und dann kann man vernehmen, wie aus der Dunkelheit die merkwürdigen Fragmente
    herandriften, die der Kollege deutlich vorzutragen glaubt; und – falls Sie noch nicht von den Dutzenden sphymographischer Versatzstücke den Rest bekommen
    haben, von denen ein solches Geschwafel immer begleitet wird – können Sie

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