Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
Connecticut.«
Vivianne scheint in sich zusammenzusacken. »Was hat das zu bedeuten?«
»Nate hat sich in seinem Büro regelrecht vergraben, als wir in Connecticut waren«, sagt James. »Normalerweise geht er zu Veranstaltungen und schüttelt alle möglichen Hände, aber diesmal hat er an etwas gearbeitet, von dem er nicht einmal mir erzählen wollte.«
»An dem Abend, an dem ihr nach Haus gekommen seid«, sage ich, »hat er mir erzählt, dass er etwas untersuchte. Vivianne, hat er dir etwas davon gesagt?«
Sie bedeckt die Augen mit einer Hand. »Nein, nichts.«
Warum sollte er mir, dem Nachbarsmädchen, davon erzählen und seiner eigenen Verlobten nicht? Der einzige Grund, der mir einfällt, ist der, dass ich die meiste Zeit mit James verbringe. Wenn all das hier wirklich etwas mit ihm zu tun hat, hätte ich die besten Möglichkeiten, die Veränderungen zu bemerken, vor denen Nate mich gewarnt hat.
»Ich glaube …« Ich hole tief Luft. »Ich glaube, dass das, woran Nate gerade gearbeitet hat, der Grund sein könnte, warum er angeschossen wurde.«
»Als wäre er einer Sache auf die Spur gekommen«, sagt James.
»Hört auf!« Vivianne erhebt sich. »Alle beide! Das hier ist kein Agentenfilm. Das hier ist das wahre Leben, und Nate liegt im Sterben!«
Am Ende des Satzes klingt ihre Stimme hysterisch und hoch, und ich fühle mich, als hätte sie mir eine Ohrfeige versetzt. Der Schlag lässt mich einen Schritt zurückweichen.
»Tut mir leid«, flüstere ich, und zum ersten Mal sehe ich mir Vivianne genauer an. Ihre Haut ist aschgrau, und ihre Augen sind blutunterlaufen. Mir wird klar, dass sie die ganze Nacht hier war, sich mit Alice und den anderen auseinandergesetzt hat und ohne Schlaf oder Unterstützung zugesehen hat, wie der Mann, den sie liebt, um sein Leben kämpft. Plötzlich erkenne ich, wie dünnhäutig sie das gemacht hat.
»Er liegt nicht im Sterben, Viv«, sagt James steif. »Er stirbt nicht, also sag so was nicht.«
Vivianne seufzt. »Ich fürchte, deine Klugheit kann dir in dieser Situation nicht helfen, Schatz. Du musst die Zeit mit Nate nutzen, solange du kannst, anstatt deine Energie mit solchen verrückten Verschwörungstheorien zu verschwenden.« Sie zuckt die Achseln, langsam, als ob die Last der Sorgen es schwer machen würde, sich überhaupt zu bewegen. »Wen kümmert es, was er vielleicht gesagt hat oder auch nicht, wenn er nie mehr aufwacht?«
James’ Stimme klingt angespannt und klein. »Nate würde es kümmern. Vor allem, falls er nicht mehr aufwacht.«
Viviannes Unterlippe zittert, und sie presst eine Hand auf den Mund, um es zu verbergen. Tränen treten in ihre Augen, aber sie wehrt sich dagegen, hält sie zurück. Ich würde mich am liebsten in Luft auflösen. Finn und ich sollten nicht hier sein und das sehen. Es ist zu persönlich, macht sie zu verletzlich. Nate hätte diese Hinweise nicht mir geben sollen. James oder Vivianne hätten diese Person sein sollen, und dabei hätte er ihnen sagen sollen, dass er sie liebt. Die Schuldgefühle, diejenige gewesen zu sein, die zufällig im Raum war, schneiden mir plötzlich die Luft ab.
»Warum legst du dich nicht ein bisschen hin, Vivianne?«, sagt Finn leise und macht einen Schritt auf sie zu. »Die Schwestern können dir bestimmt ein Bett fertig machen. Soll ich sie fragen gehen?«
Vivianne schluckt, und als sie spricht, klingt ihre Stimme rau. »Ja. Danke.«
Finn bringt sie aus dem Zimmer, und James sieht ihnen nach.
»Ich glaube, ich habe Viv noch nie weinen sehen«, sagt er.
Es wird still im Raum, als sie weg sind. James lehnt sich rückwärts an den Tisch und wippt leicht hin und her, während er sich beim Nachdenken mit den Fingern immer wieder über die Lippen fährt. Ich zupfe mir kleine flauschige Baumwollknötchen von meinem Pulli und versuche zu verhindern, dass mich das Schweigen erdrückt.
»Ich weiß nicht, was ich machen soll«, sagt James plötzlich. »Vielleicht hat Viv Recht und ich verhalte mich irrational, aber … Marina, was soll ich nur machen?«
»Ich weiß es nicht«, flüstere ich. Nutzlos, wie immer.
Finn kehrt zurück. »Viv ist eingeschlafen. Sie war völlig fertig. Sie wollte noch, dass ich dir ausrichte, sie hätte es nicht so gemeint.«
James nickt, aber ich bin mir nicht sicher, ob er ihm glaubt. Ich weiß, dass ich es nicht tue. Vivianne meinte jedes Wort, aber sie hatte Unrecht. Nate hat mir diese Hinweise gegeben, weil es ihm wichtig war.
»Ich schätze, wir sollten zurück in den
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