Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
nicht.
Ich hasse mich.
Ich muss so schlecht aussehen, wie ich mich fühle, denn er legt mir die Hand aufs Knie. »Alles wird gut.«
Ich sehe ihn an. Sehe ihn richtig an. So lange Zeit war er nur eine Stimme für mich, und nun hat er wieder einen Körper und ein Gesicht. Ich will mir jeden seiner Gesichtszüge einprägen, sodass sie mir niemand je wieder wegnehmen kann.
Ich versuche zu lächeln. »Wann bist du so zuversichtlich geworden?«
»Ungefähr zur selben Zeit, als du so zynisch geworden bist, schätze ich. Und jetzt versuch tief durchzuatmen. Das ist gut für dich.«
»Ja, ja.« Der Haupteingang des Krankenhauses gleitet auf, und Marina tritt heraus. Ich stoße Finn gegen die Schulter. »Schau!«
Marina läuft zur Straße und winkt ein Taxi heran, der jüngere Finn ist ihr dicht auf den Fersen. Die Fotografen und Nachrichtenleute, die noch immer vor dem Krankenhaus lauern, beachten sie kaum, und die beiden steigen ins Taxi und fahren weg.
»Wohin wollen sie?«, fragt Finn. »Die zwei allein?«
»Ich weiß es nicht.« Ich bin froh, dass ich das Snickers nicht gegessen habe, weil mein Magen Purzelbäume schlägt. »Aber das bedeutet, dass James jetzt allein da drin ist.«
Bisher mussten Finn und ich darauf warten, dass James allein aus dem Krankenhaus kommt, denn wir können uns ihm nicht nähern, solange die drei zusammen sind. Wir dürfen es nicht riskieren, unseren jüngeren Ichs gegenüberzutreten. Das Gefüge der Zeit ist vielleicht nicht stark genug, um das auszuhalten.
Aber wenn James jetzt allein ist, ist das hier unsere Chance, es richtig zu machen.
»Da drinnen steht er unter Schutz«, sagt Finn. »Er wird bei Nate sein, von bewaffneten Wachposten umgeben.«
»Ich sage nicht, dass es leicht wird. Aber ich finde, wir müssen es versuchen, oder?«
»Du bist verrückt, aber lass es uns tun.«
Wir bahnen uns den Weg durch die Menge aus Presseleuten und Besuchern der immer noch versammelten Mahnwache. Die Reporter schenken uns nicht mehr Beachtung als unseren jüngeren Ichs, und wir nähern uns dem Eingang zur Notaufnahme. Als wir die Menschenmenge schon beinahe hinter uns gelassen haben, bleibe ich abrupt stehen. Ich bin jetzt dicht genug dran, um einen Blick hinter die Glasschiebetür zu werfen. Dort befindet sich nun ein Metalldetektor, der von zwei Polizisten bedient wird.
»Okay«, sagt Finn. »Planänderung.«
»Und wie sieht der neue Plan aus?«, frage ich.
»Ich weiß noch nicht.«
Wir stehen beide da und denken nach. Ein Mädchen aus der Menge drückt mir eine Kerze in die Hand, und ich starre in die flackernde Flamme.
»Die Krankenwagenauffahrt?«, flüstere ich.
Finn schüttelt den Kopf. »Zu auffällig. Außerdem wird auch sie bewacht sein.«
»Vielleicht könntest du die Wachen ablenken, und ich schleiche mich um den Metalldetektor herum?«
»Zu riskant. Das funktioniert vielleicht bei einer Wache, aber nicht bei zwei.«
Ich seufze. »Dann müssen wir die Pistole draußen lassen und uns drinnen etwas suchen, das wir benutzen können.«
Die Menge bewegt sich und drückt uns aneinander. Finn schlingt mir den Arm um die Hüfte und legt sein Kinn auf meine Schulter. Ich weiß nicht genau, ob er das tut, um mich zu trösten oder um noch leiser sprechen zu können, als wir ohnehin schon geflüstert haben. »Ist dir klar, dass wir da drin bestenfalls ein Skalpell oder eine Kanüle finden? Wir werden ihn aus nächster Nähe töten müssen, wenn nicht sogar mit bloßen Händen.«
Ich senke den Blick zu Boden. Den Lauf einer Waffe auf jemanden zu richten oder sein Blut mit den eigenen Händen zu vergießen sind zwei sehr verschiedene Dinge. »Ja, ich weiß.«
»Also gut«, sagt er sanft.
Wir kehren zum Wagen zurück und verstauen die Pistole im Handschuhfach. Während wir uns erneut durch die Menge zum Krankenhauseingang kämpfen, gebe ich die Kerze an einen Besucher mit leeren Händen weiter. Finn und ich bleiben kurz stehen und wechseln einen Blick, bevor wir das Krankenhaus betreten. Er lächelt mir knapp, gepresst zu. Ich nicke, und wir gehen gemeinsam los. Als die Glasschiebetür aufgleitet, trifft uns ein Schwall warmer Luft, bei dem ich erst merke, wie kalt mir die ganze Zeit war. Einer der Polizisten hält mir, ohne mich anzusehen, eine Schale für Schlüssel und Kleingeld hin, doch auf der Stirn des anderen bildet sich eine feine Falte, während er zwischen Finn und mir hin und her schaut.
»Jep, wir sind wieder da«, sage ich und lege mein Handy in die
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