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Zeitspringer

Zeitspringer

Titel: Zeitspringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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quollen durch das ölige Wasser.
    »Ist das nicht herrlich?« sagte Lanoy. »Sechs Jahrhunderte unaufhörlicher Verseuchung, dazwischen hochtönende offizielle Reden. Die Erneuerungszone ist nach dem letzten Stand noch zwanzig Jahre entfernt. Möchten Sie schwimmen? Wir machen hier keine Taufe, können aber eine Zeremonie abhalten, die jedermanns religiösem Geschmack entspricht.«
    Pomrath schauderte.
    »Ich kann nicht schwimmen. Holen Sie mich nur heraus.«
    »Die Algen sind Cladaphora. Manchmal kommen Biologen her, um sie zu bewundern. Sie werden dreißig Meter lang. Wir haben hier auch anaerobische Schlammwürmer und Fingernagelmuscheln. Ganz Urzeit. Ich weiß nicht, wie sie am Leben bleiben. Sie wären entsetzt, wenn Sie den Sauerstoffgehalt des Wassers kennen würden.«
    »Mich entsetzt gar nichts«, sagte Pomrath. »Bitte. Bitte.«
    »Es ist auch voll von Koli-Darmbakterien«, sagte Lanoy. »Ich glaube, derzeit zehn Millionen auf hundert Milliliter. Das ist das Zehntausendfache der Sicherheitsgrenze für Menschen. Schön? Kommen Sie rein, Pomrath. Sie wissen, daß es nicht leicht ist, ein Springer zu sein.«
    »Heutzutage ist gar nichts leicht.«
    »Aber denken Sie an die Herausforderung.«
    Lanoy führte ihn in die Hütte. Pomrath sah erstaunt, daß das Innere zum verwitterten Äußeren nicht paßte. Im Inneren war alles geordnet und sehr sauber. Eine Trennwand teilte die Hütte in zwei große Räume. Lanoy ließ sich in ein Netz fallen und lag dort schaukelnd wie eine Spinne. Pomrath blieb stehen. Lanoy sagte: »Ich kann Sie nehmen und ins Jahr 1990 kippen, wenn Sie wollen, oder in 2076 absetzen oder in fast jedem anderen Jahr. Lassen Sie sich von dem, was Sie in den Fakzeitungen lesen, nicht verwirren. Wir sind in Wirklichkeit vielseitiger, als die Leute wissen. Wir verbessern das Verfahren ständig.«
    »Schicken Sie mich irgendwohin«, sagte Pomrath.
    »Der richtige Ausdruck ist ›irgendwannhin‹. Aber hören Sie: Ich schicke Sie nach 1990. Können Sie das aushalten? Sie werden nicht einmal richtig die Sprache beherrschen. Sie werden einen fremdartigen Jargon sprechen, den man nicht versteht, die ganze Grammatik wird falsch sein. Kennen Sie den Unterschied zwischen ›wer‹ und ›wem‹? Zwischen ›werde‹ und ›würde‹? Kommen Sie mit den Zeiten zurecht?«
    Pomrath spürte, wie das Blut in seinen Adern rauschte. Er verstand nicht, warum Lanoy diesen Kokon aus Wörtern um ihn spann. Er hatte Worte genug gehört.
    Lanoy lachte.
    »Lassen Sie sich von mir nicht erschrecken. Sie brauchen diese Dinge nicht zu kennen. Sie sind vergessen, schon damals. Die Leute sprachen schlampig. Nicht so schlampig wie wir heute, weil wir noch ein paar Jahrhunderte Zeit gehabt haben, die Sprache zu verhunzen. Aber sie hatten schon alle Konjugationen und Deklinationen ausgelöscht. Immerhin werden Sie zwei Wochen brauchen, bis Sie sich verständigen können. Sie können in zwei Wochen in allerhand Schwierigkeiten kommen. Sind Sie bereit, sich in ein Irrenhaus schicken zu lassen? Elektroschocks, Zwangsjacke, alle Barbareien unserer Vorfahren?«
    »Holen Sie mich bloß hier raus.«
    »Die Polizei wird Sie verhören. Sagen Sie nicht Ihren richtigen Namen, Pomrath. Sie sind in den Springerlisten nicht aufgeführt, und das heißt, daß Sie nie Ihren richtigen Namen angegeben haben. Versuchen Sie ja nicht, das zu tun. Erfinden Sie einen. Sie können zugeben, daß Sie ein Springer sind, wenn Sie in 1979 oder später landen. Wenn Sie weiter zurückgehen, stehen Sie ganz allein. Ich würde es, offen gesagt, nicht versuchen. Ich glaube nicht, daß Sie das Kaliber für einen solchen Ausflug aufs Geratewohl haben. Sie sind ein intelligenter Mann, Pomrath, aber durch die Sorgen zermürbt. Gehen Sie keine Risiken ein. Gehen Sie als orthodoxer Springer, und liefern Sie sich der Gnade der Vergangenheit aus. Dann geht es schon.«
    »Was kostet es?«
    »Hundert Kred. Eigentlich nur ein nomineller Betrag. Deckt kaum die Energiekosten.«
    »Ist es ungefährlich?«
    »So ungefährlich wie eine Schnellbootfahrt.« Lanoy grinste. »Es ist entnervend. Keine Hohe Regierung, die über einen wacht. Dutzende unabhängiger Nationalstaaten. Örtliche Rivalität. Steuerbehörden, die einander ins Gehege kommen. Sie müssen sehen, wie Sie zurechtkommen, aber das geht schon. Ich glaube, Sie schaffen es.«
    »Es kann nicht schlimmer sein als hier.«
    »Sind Sie verheiratet, Pomrath?«
    »Ja. Zwei Kinder. Ich liebe sie sehr.«
    »Wollen Sie die ganze

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