Zeitspringer
Familie mitnehmen?«
»Geht das?«
»Mit Ungewißheiten. Wir müssen Sie getrennt schicken, Massebegrenzungen. Sie könnten über ein Dutzend Jahre verteilt werden. Zuerst könnten Ihre Kinder ankommen, dann Sie und Ihre Frau ein paar Jahre später.«
Pomrath zitterte.
»Angenommen, ich gehe voraus. Vermerken Sie, wo ich hingeschickt werde – nach wann, vielmehr –, damit meine Familie nachkommen kann, wenn meine Frau das will?«
»Versteht sich. Wir haben ein Auge auf Ihr Wohlergehen. Ich melde mich bei Mrs. Pomrath. Sie hat die Wahl, ob sie Ihnen folgen will. Das tun natürlich nicht viele Ehefrauen, aber sie hat die Wahl. Also, Pomrath? Immer noch dabei?«
»Sie wissen es«, sagte Pomrath.
Quellen, der das Gespräch abhörte, saß wie zu Eis erstarrt. Er konnte Lanoy nicht sehen, er wußte nicht wirklich, wo das Gespräch stattfand, aber ihm war klar, daß sein Schwager im Begriff stand, sich der Legion der Springer anzuschließen, und es gab nichts, was man dagegen tun konnte, falls Brogg und Leeward nicht noch rechtzeitig Lanoys Unterschlupf erreichten und hineinstürzten, um ihn festzunehmen.
Eine Stimme sagte: »UnterSek Brogg ruft an, Sir.«
Quellen riß sich vom Monitor los. Ein Fonapparat ohne Bildschirm wurde herangerollt. Quellen nahm den Hörer.
»Wo sind Sie?« fragte er scharf. »Haben Sie Lanoy schon aufgespürt?«
»Wir bemühen uns«, sagte Brogg. »Es stellte sich heraus, daß Brand den genauen Ort nicht kannte. Er kannte nur jemanden, der ihn zu jemandem bringen, der ihn zu Lanoy führen sollte.«
»Verstehe.«
»Aber wir haben ein größeres Gebiet abgesteckt. Wir sperren es ab und rücken mit dem Televektor an. Es handelt sich nur um eine Frage der Zeit, bis wir Lanoy selbst ausgemacht haben.«
»Wieviel Zeit?« fragte Quellen eisig.
»Sechs Stunden, würde ich sagen«, erwiderte Brogg. »Plus oder minus neunzig Minuten. Wir erwischen ihn heute ganz bestimmt.«
Sechs Stunden, dachte Quellen. Plus oder minus. Dann würde Lanoy in Gewahrsam sein.
Aber inzwischen war Norm Pomrath schon Springer.
12
Brogg sagte leichthin: »Ich muß Sie natürlich festnehmen. Das wird Ihnen klar sein. Das ist Vorschrift.«
»Versteht sich«, sagte Lanoy. »Das versteht sich fast von selbst.«
»Unsicherheit höheren Orts. Es hat viel Zauderei und Unruhe gegeben.« Brogg lächelte den kleinen Mann an. »Ich kann Ihnen ruhig verraten, daß Sie die Hohe Regierung ganz schön ins Schwitzen gebracht haben. Man will Sie unbedingt in Gewahrsam haben, fürchtet aber gleichzeitig, die eigene Machtposition durch Eingriffe in vergangene Ereignisse zu zerstören. Man war also in einer Sackgasse. Die klassische Konfliktsituation: Sie müssen Ihnen Einhalt gebieten und wagen nicht, es zu tun.«
»Ich verstehe die Sorgen«, erklärte Lanoy. »Es ist sogar für Die ein schrecklich kompliziertes Leben, nicht? Na, jetzt sind Sie hier. Kommen Sie mit hinaus. Sehen wir uns den Sonnenuntergang an, ja?«
Brogg ging hinter Lanoy aus der Hütte heraus. Es war schon spät, längst Überstundenzeit, aber Brogg hatte nichts einzuwenden. Den ganzen Tag lang hatten er und Leeward sich auf Lanoy eingepeilt, mit Televektorkonstanten jongliert, bis sie ihn in einem ständig schrumpfenden Radius auszumachen vermochten. Wie Brogg Quellen vorher schon erklärt hatte, war das nur eine Frage von Stunden gewesen. Genau hatte es seit dem Gespräch mit Quellen vier Stunden und einige Minuten gedauert. Geschickt hatte Brogg Leeward vor einer Stunde unter einem Vorwand abgehängt. Jetzt waren Brogg und Lanoy an dieser abgelegenen Hütte allein. Brogg hatte dem Springermann viel zu sagen.
Eine aufgedunsene goldene Sonne schwebte am dunkelnden Himmel. Die letzten Strahlen warfen purpurroten Lichtschein auf den verseuchten See. Er nahm ein unheimliches Glitzern an, und die Schleimwesen, die sich auf der Oberfläche wanden, schienen durch die Aura des versinkenden Tages veredelt zu werden. Lanoy starrte gebannt nach Westen.
»Es ist schön«, sagte er schließlich. »Ich könnte hier nie weggehen, UnterSek Brogg. Ich sehe im Häßlichen die Schönheit. Sehen Sie den See. Hat es je so etwas gegeben? Ich stehe hier jeden Abend bei Sonnenuntergang in Ehrfurcht.«
»Erstaunlich.«
»Sehr. In diesem Schlamm ist Poesie. Der Sauerstoff ist fast völlig verbraucht, wissen Sie. Es hat dort eine Rückentwicklung des organischen Lebens gegeben, so daß wir nur noch anaerobische Formen haben. Ich bilde mir gern ein, daß die Schlammwürmer da
Weitere Kostenlose Bücher