Zellen fahren gerne Fahrrad
bereitzustellen, werden diese aus sehr triglyceridreichen Partikeln, den VLD-Lipoproteinen, unter Belastung nach und nach aus diesen Transporteuren herausgelöst. Das Zusammenspiel dieser Partikel mit Fettspaltern (Enzymen) des Fettstoffwechsels führt zu einem regen Austausch von Fetten (Fettsäuren und Cholesterin) zwischen den Transporteuren (Lipoproteine).
Das Resultat: eine erhöhte HDL-Cholesterinkonzentration. Dies bedeutet eine Verbesserung des Rücktransports von Cholesterin aus den Arterienwänden zurück zur Leber. Durch die Muskelaktivität wird zusätzlich eine Funktionsverbesserung erzielt, die zu einem niedrigeren Blutzuckerspiegel führt.
Wichtig: Krafttraining hat auf diese Art von Stoffwechselstörungen wenig Einfluss. Verbesserungen sind in erster Linie durch längere Ausdauerbelastungen jenseits von 20 bis 30 Minuten zu erwarten.
Die Beeinflussung von beiden Komponenten – Fettstoffwechsel und Zuckerstoffwechsel – ist so wichtig, weil sich ihre zellschädigende Wirkung dadurch mehr als halbiert.
Übergewicht und Entzündung
Wie schon erwähnt, ist bei Übergewichtigen eine erhöhte Entzündungsneigung im Blut zu beobachten. Sie wird durch bestimmte Faktoren im Fettgewebe angefacht, die die Insulinresistenz verstärken. Dies geschieht durch eine Inaktivierung des Insulinrezeptors in der Muskulatur.
Mithilfe von körperlichem Training und durch eine gleichzeitige Gewichtsreduktion kann die Konzentration der im Blut zirkulierenden Entzündungsfaktoren vermindert und dadurch die Insulinsensitivität – also das Ansprechen des Insulinrezeptors beim Andocken von Insulin – verbessert werden.
Mäuse im Fitnessstudio
Die Wissenschaft begnügt sich nicht damit, klinische Daten am Menschen zu analysieren. Um der Physiologie und Pathophysiologie auf den Grund zu gehen und die Vorgänge im Körper besser zu verstehen, bedarf es einer detaillierten Analyse von Blutparametern, Gefäßfunktion und Gewebestrukturen nach einer Intervention, in diesem Fall nach körperlichem Training.
In der Herz-Kreislauf-Forschung werden dazu mit einer bestimmen Mäuseart Versuche gemacht. Die Tiere wurden genetisch so verändert, dass sie frühzeitig Arteriosklerose entwickeln. Diese Mäuse haben im Vergleich zu sogenannten Wildtyp-Stämmen aus der Natur um das Fünffache erhöhte Cholesterinwerte, weil sie das Cholesterin aufgrund fehlender Rezeptoren oder Schleusen in der Leber dort nicht binden können und es deshalb in der Blutzirkulation bleibt. Das führt zum frühen Schaden der Endothelzellen und zu baldiger Arteriosklerose.
Auch die Forschergruppe um Stavros Konstantinidis vormals an der Universitätsklinik in Göttingen, an der ich beteiligt war, konnte anhand von Mäusen belegen, wie Cholesterinablagerungen, Alterungsprozesse und Bewegung als »Anti-Aging« für Gefäße zusammenhängen. 29
Die Idee
Es war einer dieser Einfälle, die zunächst im Übermut, nicht ganz ernst gemeint entstehen und später zu unerwarteten Resultaten führen. Konstantinidis und ich waren Oberärzte in der Kardiologie und hatten uns überlegt, seine Arteriosklerose-Mäuse zu trainieren.
Es war nicht einfach, ein Trainingsgerät für Mäuse zu organisieren, aber fündig wurden wir in den USA, wo es Laufbänder für Mäuse im Internet zu bestellen gab.
Das optimale Studiendesign war schnell gefunden, denn hochwissenschaftlich sollte es sein: Randomisierend in Interventions- und Kontrollgruppe, d. h. zufällige Verteilung in zwei gleich große Kollektive.
Das Experiment
Die eine Mäuse-Gruppe lief täglich 60 Minuten auf einem Laufband bei moderater Geschwindigkeit.
Die Mäuse aus der Kontrollgruppe durften nicht aufs Laufband, sondern blieben im Käfig.
Nach einem sechswöchigen Trainingsprogramm wurden verschiedene Blutparameter und feinste Strukturen der Halsschlagader der Tiere untersucht.
Das Ergebnis
Die sportlichen Mäuse zeigten deutlich weniger Arteriosklerose der Gefäßwände als die Kontrolltiere. Als Erklärung zeigte sich bei entsprechender Färbung der Gefäßwände eine deutlich verminderte Entzündungsreaktionen um 30 Prozent im Vergleich zu den Kontrolltieren (vgl. Abb.). Charakteristischerweise zeigte das Anfärben für die Produktion von NO in den Endothelzellen unter dem Mikroskop eine markante Braunfärbung, ein Zeichen für einen Anstieg der NO-Produktion in den Endothelzellen, induziert durch körperliche Aktivität.
Die enge Verbindung von Bewegung, NO und Anti-Aging der Gefäße war
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