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Zementfasern - Roman

Zementfasern - Roman

Titel: Zementfasern - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Klaus Wagenbach <Berlin>
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gesprungen war, wo sie ihre leidenschaftlichsten Partien Kicker gespielt hatte, wo sie Männer geliebt hatte. Aber sie spürte, dass es nicht angebracht war. Sie verzog das Gesicht zu einem Ausdruck, der besagte, ich würde gerne, aber ich kann nicht. Nur Arianna konnte sie verstehen.

Er, der Schweizer, der Ex-Junge mit dem Namen des Schutzheiligen, streifte jeden Tag um die Guardiola herum, eine Badestelle in den Klippen, eine unwegsame, felsige Bucht, wo die Badenden sich tummelten, die aus Corsano und Gagliano kamen, den Städtchen der Krawatten. Es gab nur eine Bar auf einer Felsspitze und zwei Pfade. Einer, staubig, von Brombeerbüschen und Feigenkakteen gesäumt, führte hinunter ans Meer, der andere war eine Mondlandschaft, kahl, nur von ein paar jungen Feigenbäumen mit dünnen, nicht ausgewachsenen Stämmen bewohnt, und diesen Pfad schlug fast niemand ein, denn er führte nach oben auf die Klippe. Die Leute gingen lieber über den anderen Pfad hinunter zum Wasser, nur wenige Verwegene kletterten auf diesen sehr hohen Gipfel, ein Sprungbrett über dem blauen Vorhang des Meeres.
    Mimi ging nicht allein zu dem Treffen, sie ließ sich von Biagio und Arianna begleiten. Sie ahnte, dass sie eine Begegnung mit traurigem Ausgang ohne einen Menschen an ihrer Seite nicht ertragen hätte. Ihren Empfindungen in der Nacht der heiligen Domenica getreu, hatte Arianna jedoch beschlossen, in großer Entfernung auf Mimis Rückkehr zu warten.
    Die Hinweise aus dem Ort, denen zufolge Ippazio sich bei der Guardiola aufhielt, machten Mimi misstrauisch. Nach dem Wenigen, woran sie sich aus den Nächten in Zürich erinnerte, die sie vor vielen, vielen Jahren in den Armen ihres Jungen, den Kopf auf seine Brust gelegt, verbracht hatte, war Ippazio nicht der Typ, der auf Berggipfel stieg und die Wellen betrachtete, die sich an den Klippen brechen. Er war der Typ für Sprünge ins Wasser, für einen gebeugten Kopf, der in den weißen Schaum des Meeres eintaucht.
    Auf dem Schotterplatz angekommen, verteilte Mimi präzise Aufgaben. Biagio sollte zum Meer hinabsteigen, um zu erkunden, ob Pati dort unten war, während sie mit Arianna auf den roten Plastikstühlen der Bar warten würde.
    Biagio lief los, einen
soldatino
Bier in der Hand, den Inhalt der von der Sonne erhitzten Flasche konnte niemand anderes hinunterstürzen als er.
    Er verschwand zwischen den Steinen und Agaven, in ein paar Minuten, dachte Mimi, würde er wieder an der Weggabelung auftauchen.
    Aber Biagio kam nicht zurück.
    Arianna und Mimi hatten schon zwei Colas und zwei Chinotto getrunken. Der Barmann hatte ihnen gesalzene Mandeln gebracht, der späte Vormittag war zum frühen Nachmittag geworden.
    »Biagio hat mal wieder einen seiner Aussetzer«, sagten sie sich, aber keine von beiden konnte hinuntergehen, Arianna nicht, weil es ihr übertrieben erschien, und Mimi hatte keine Lust, ihn zu suchen.
    »Umso besser! Er wird raufkommen, dann treffe ich ihn zufällig wieder«, wurde zur wünschenswertesten Vermutung. Der Zufall.
    Arianna war das Zögern ihrer Mutter bald leid, jetzt wollte sie doch nachschauen gehen, Neugier vermischt mit Ungeduld gaben den Anstoß, aber Mimi hielt sie zurück. Dann bekam sie plötzlich keine Luft mehr, sie hielt es nicht aus, sie musste hinaufsteigen, den Pfad Richtung Himmel nehmen: Ein Geist hatte es ihr gesagt.
    Fast einen Kilometer weit kletterte sie das Kliff hinauf, in ihren weißen Pareo gewickelt, auf dünnen Holzsandalen, die mit Merkurflügeln versehen schienen.
    Oben gab es einen kleinen Platz aus Sand und Stein, in der Mitte, wo der Horizont am weitesten war, saß ein Mann auf einem mit Stoff bespannten Stuhl mit einem weißen Hütchen auf dem Kopf.
    Dort oben sollte Mimi nach Jahrhunderten Pati wiederbegegnen.
    Ippazio hatte noch immer die Haut eines Inders. Er war dunkel wie Baumrinde, seine Augen traten jetzt hervor wie die einer Schlange, der Körper war abgemagert, und der Kopf schien unabhängig vom Rest des Körpers Form angenommen zu haben. Pati hatte gelernt, Gitarre zu spielen, er war krumm und klein geworden wie ein alter Mann, obwohl er nicht alt war.
    Seit Monaten war Ippazio ein ständiger Besucher der Guardiola, bis zum Meer war er nur selten hinuntergegangen, fast immer war er allein auf die Felsen rings um die Bucht gestiegen, und dort hatte er seine Tage verbracht. Mimi ging noch immer in den Diskotheken ihrer Tochter tanzen, und Ippazio lebte wie ein Pensionär. Schon das war ein großer Unterschied.
    Mimi ging

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