Zentaurengelichter
soviel Schrott mit mir rumgeschleppt, seit wir auf Malgar Island landeten.« Auch damals war mir der Arsch auf Grundeis gegangen. Inzwischen sahen diese Venageti in meinen Augen wie freundliche Welpen aus.
Der Weg des Zentauren führte uns zu dem verwüsteten Lager. Er wußte, daß wir es sehen wollten.
Natürlich hatten wir eine Ahnung. Stundenlang hatten wir zugesehen, wie die Geier kreisten.
Zuerst hörten wir sie streiten. Dann hörten wir die Fliegen. Draußen im Cantard werden diese Todesboten so dick, daß sie wie ein ganzer Bienenschwarm klingen.
Dann zwängten wir uns zwischen Felsen hindurch und sahen es.
Ich glaube, es war nicht grauenhafter als andere Massaker. Nur waren die Leichen von den Angreifern, Geiern, wilden Hunden und sonstwem derart zerfleddert, daß wir die Köpfe zählen mußten, um herauszufinden, daß den Aasfressern nur vier Mann vom Trupp des Majors geblieben waren. Außerdem waren zwei fahlhäutige, schwarzgekleidete Blutsklaven zurückgeblieben, allerdings unangetastet. Selbst Fliegen und Ameisen meiden sie.
Niemand sagte ein Wort. Keiner der Toten war zu identifizieren. Es gab nichts zu sagen. Wir zogen weiter, die Angst, vielleicht gestählt von der Wut, die Menschen einen Menschenfresser jagen läßt, sei dieser nun ein Wolf, ein Tiger oder einer von denen.
Vor dem Tor verteilten wir uns. Morpheus und ich flankierten das Loch und sahen uns vorsichtig nach Überraschungen um. Nichts schien ungewöhnlich. Wir sammelten uns näher an der Höhle. Fledermausgestank wehte uns entgegen. Von Vampiren war nichts zu sehen, aber um meinen Finger hatte sich rotes Haar gewickelt. Es stammte von einem Dornenbusch ganz in der Nähe.
Morpheus und ich gingen zuerst hinein, mit je einem Schwert und einem Einhornhorn. Dojango folgte mit Fackeln und Feuerbomben. Dann kamen die Grolle mit Speeren und Armbrüsten. Zeck Zack bildete die Nachhut, da wir vermuteten, daß er sich ohnehin absetzen würde. So mußte er nicht über jemanden stolpern, wenn er sich zur Flucht entschloß.
Die Waffen und die Taktik wollten wir direkt am Nest festlegen.
Ich gab ein Zeichen. Alle schlossen die Augen, bis auf den Zentaur. Im stillen zählte er bis hundert und zischte wie eine Schlange. Mit halb geöffneten Augen schlichen wir auf Mäusepfoten in den Höllenschlund.
Wir gingen ein paar Schritte vor, blieben dann stehen und lauschten. Morpheus und ich bückten uns, um den Drillingen mehr Bewegungsfreiheit zu geben. So drangen wir immer weiter vor. Je tiefer wir in die Finsternis hinabstiegen, desto öfter legten wir Pausen ein.
Da er die besseren Augen besaß, hätte Dojango eigentlich vorangehen sollen, aber Morpheus fürchtete, daß seine Nerven der Aufgabe nicht gewachsen waren. Ich gab ihm recht. Dojango hatte sich gebessert und reichlich zusammengerissen, nur für die vorderste Front war er noch nicht bereit.
Grundgütiger, was für ein Gestank in dieser Höhle!
Die ersten hundert Schritte waren nicht so schlimm. Der Boden war eben und sauber, die Decke hoch. Hinter uns war Tageslicht zu sehen. Und kein Hinweis darauf, daß wir erwartet wurden.
Dann fiel der Boden ab und bog nach rechts ab. Die Decke senkte sich, bis die Grolle wie Enten watscheln mußten. Es wurde immer finsterer, und die Luft war erfüllt vom Rascheln und Flattern aufgeschreckter Fledermäuse. Nach wenigen Metern waren wir bedeckt mit dem Dreck, der den Gestank verursachte. Es wurde kühl.
Zeck Zack zischte.
Wir blieben stehen. Ich staunte, wie leise er sich auf seinen behuften Füßen bewegte. Vermutlich war er schon halb auf dem Weg nach draußen.
Dieses Zischen war das einzige Geräusch. Der Zentaur gab etwas nach vorn. Es schimmerte zwischen Dojangos Fingern hindurch, als er es weiterreichte.
Es war der Luziferstein, den Morpheus dem Zentauren vor der Gruft in Full Harbor gegeben hatte.
Ein Frösteln, kalt wie Eisen, packte mich im Nacken. Im Licht des Steines sah ich, daß Morpheus sich dieselbe Frage stellte: Wollte uns der Zentaur sagen, daß es Zeit war für die Revanche? Uns hier zu begraben würde einige seiner Probleme lösen.
Ich beobachtete, wie sich Morpheus gegen den Drang wehrte, Zeck Zack zu töten. Er rang den Wunsch nieder. Mehr oder weniger. Er gab mir den Stein, weil ich die schlechteren Augen hatte. Ich nahm ihn in die rechte Hand und verbarg ihn unter meinen Fingern am Griff des hölzernen Schwertes. So konnte ich den einen oder anderen Finger heben, wenn ich Licht brauchte.
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