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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Lavagelb. Sie klangen wie Urlaubsfotos von Orten, an die ich schon immer mal wollte.
    Newburyport Blue gehörte zu der als historisch bezeichneten Farbskala von Benjamin Moore. Es war ein dunkles, gräuliches Blau wie das Meer im Regen. Ich war tatsächlich schon einmal in Newburyport gewesen. In einem Sommer hatten Charlotte und ich mal ein Haus auf Plum Island gemietet. Du warst noch sehr klein, sodass wir dich mit dem ganzen Säuglingskram durch das hohe Gras zum Strand schoben. Emma und Amelia steckten sich Seegras ins Haar und spielten Meerjungfrauen, die an den Strand gespült worden waren. Da der Ort einigermaßen nah bei Bankton lag, konnten Sean und Rob an ihren freien Tagen vorbeikommen. Nur mit einem Problem hatten wir nicht gerechnet: Das Wasser war so kalt, dass man schon durchgefroren war, wenn man nur bis zu den Knöcheln reinging. Ihr Kinder habt tagsüber in den Gezeitentümpeln geplantscht, die von der Sonne schon aufgeheizt wurden, aber Charlotte und ich waren zu groß dafür.
    Deshalb beschlossen Charlotte und ich, nachdem unsere Männer euch Kinder zum Frühstück zu Mad Martha eingeladen hatten, es einmal mit Bodyboards zu versuchen, selbst auf die Gefahr hin, dass wir anschließend vollkommen unterkühlt wären. Wir schlüpften in unsere Neoprenanzüge (»die müssen eng sein«, erklärte ich Charlotte, als sie über ihre breite Hüfte stöhnte) und trugen die Boards zum Wasser. Vorsichtig steckte ich die Zehen ins Wasser und schnappte nach Luft. »Keine Chance«, sagte ich und sprang zurück.
    Charlotte grinste mich an. »Bekommst du kalte Füße?«
    »Sehr komisch«, sagte ich, aber zu meinem Entsetzen watete sie bereits durch die eiskalten Wellen und schwamm ein Stückchen hinaus, um sich dann aufs Brett zu legen.
    »Wie schlimm ist es?«, rief ich.
    »Wie eine Periduralanästhesie – von der Hüfte abwärts fühle ich gar nichts mehr«, schrie sie zurück, und dann hob das Meer sie plötzlich hoch und brachte sie kreischend mit der Brandung wieder auf den Sand zu mir zurück.
    Charlotte stand auf und wischte sich die Haare aus dem Gesicht. »Feigling«, warf sie mir vor, und um ihr das Gegenteil zu beweisen, hielt ich die Luft an und stapfte ebenfalls ins Wasser hinaus.
    Mein Gott, war das kalt! Ich paddelte auf meinem Brett, das neben Charlottes herhüpfte. »Wir werden hier umkommen«, sagte ich. »Wir werden hier draußen sterben, und irgendjemand wird uns tot am Ufer finden, so wie Emma gestern den Tennisschuh gefunden hat …«
    »Und los geht’s!«, rief Charlotte. Ich schaute über die Schulter und sah eine gewaltige Wasserwand auf uns zukommen. »Paddeln!«, brüllte Charlotte, und das tat ich auch.
    Aber ich erwischte die Welle nicht richtig. Sie brach über mir zusammen, trieb mir die Luft aus der Lunge und drückte mich kopfüber unter Wasser. Mein Bodyboard, das mit einem Band an mein Handgelenk gebunden war, schlug mir zweimal auf den Kopf; dann spürte ich Sand in den Haaren und im Gesicht und Muscheln zwischen den Fingern, und der Meeresboden unter mir stieg leicht an. Plötzlich packte mich eine Hand am Kragen. »Steh auf«, sagte Charlotte und zog mich auf den Strand, wo mich die zurücklaufende Brandung nicht wieder hinausziehen konnte.
    Ich hatte mindestens einen Liter Salzwasser geschluckt; meine Augen brannten; ich blutete an der Wange und an den Händen. »Himmel!«, hustete ich und wischte mir die Nase.
    Charlotte klopfte mir auf den Rücken. »Schön atmen.«
    »Das … ist leichter gesagt als getan.«
    Langsam kehrte das Gefühl in meine Finger und Füße zurück, und das machte es noch schlimmer, denn die Welle hatte übel auf mich eingedroschen. »Danke … dass du mir das Leben gerettet hast.«
    »Ach was«, sagte Charlotte. »Ich wollte nur nicht für deine Hälfte der Hausmiete zahlen müssen.«
    Ich lachte laut. Charlotte half mir auf die Beine, und wir machten uns auf den Weg den Strand hinauf. Die Boards zogen wir wie Welpen an der Leine hinter uns her. »Was sollen wir den Jungs erzählen?«, fragte ich.
    »Dass Kelly Slater uns für die Weltmeisterschaft angemeldet hat.«
    »Ja, das würde auch erklären, warum ich an der Wange blute.«
    »Er war von deinem Hintern in diesem schicken Anzug derart überwältigt, dass du ihn nur mit Gewalt von dir fernhalten konntest«, schlug Charlotte vor.
    Das Schilf flüsterte geheimnisvoll. Links von uns war der Sandstreifen, wo Amelia und Emma am Tag zuvor gespielt hatten. Sie hatten ihre Namen mit Stöcken in

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