Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care
Schrank im Haus der O’Keefes voller Ersatzteile für alle möglichen orthopädischen Geräte vor. »Nein«, antwortete Charlotte. »Aber vielleicht gibt’s im Fahrradladen ja einen.« Sie holte ihr Handy aus der Tasche und rief Amelia an. »Ich werde ein wenig später kommen … Nein, sie hat sich nichts gebrochen. Ihr Rollstuhl ist kaputt.«
Der Fahrradladen hatte keine entsprechenden Reifen auf Lager, aber sie glaubten, bis Ende der Woche einen auftreiben zu können. »Das heißt«, erklärte Charlotte, »dass ich entweder doppelt so viel in einem Orthopädiegeschäft in Boston bezahlen muss oder dass Willow den Rest der Woche ohne ihren Stuhl auskommen muss.«
Eine Stunde später fuhren wir an der Junior High vor. Amelia saß auf ihrem Rucksack und funkelte uns an. »Nur damit du es weißt«, sagte sie zu ihrer Mutter. »Ich habe morgen drei Tests.«
»Warum hast du nicht gelernt, während du auf uns gewartet hast?«, hast du gefragt.
»Habe ich dich nach deiner Meinung gefragt?«
Um vier Uhr war ich vollkommen erschöpft. Charlotte saß am Computer und suchte online nach Discount-Rollstühlen. Amelia schrieb Französischvokabeln auf Karteikarten, und du warst oben in deinem Zimmer und hast mit einem rosa Porzellanschwein im Schoß auf dem Boden gesessen.
»Das mit deinem Rollstuhl tut mir leid«, sagte ich.
Du hast mit den Schultern gezuckt. »So was passiert oft. Letztes Mal hat der Mann im Fahrradladen ein Haar aus dem Vorderrad ziehen müssen; es ließ sich nicht mehr bewegen.«
»Das ist ja ekelig«, sagte ich.
»Ja … ist es wohl.«
Ich setzte mich neben dich, während der Kameramann sich unauffällig in eine Zimmerecke verzog. »Du scheinst viele Freunde in der Schule zu haben.«
»Eigentlich nicht. Die meisten Kinder sagen dumme Sachen, wie zum Beispiel, was für ein Glück ich hätte, im Rollstuhl fahren zu dürfen, während sie zu Fuß in die Turnhalle oder auf den Spielplatz gehen müssen.«
»Aber du denkst nicht, dass das ein Glück ist.«
»Nein, Spaß macht das nämlich nur am Anfang. Es ist nicht mehr so lustig, wenn man sein ganzes Leben lang darin sitzt.« Sie schaute zu mir auf. »Diese Kinder heute, die sind nicht meine Freunde.«
»Sie wollten alle beim Essen neben dir sitzen …«
»Sie wollten im Film sein.« Du hast das Porzellanschwein geschüttelt. Es klimperte. »Haben Sie gewusst, dass echte Schweine genauso denken wie wir? Und sie können auch Tricks lernen, wie Hunde, nur schneller.«
»Das ist beeindruckend. Sparst du, um dir eins zu kaufen?«
»Nein«, hast du geantwortet. »Ich gebe mein Taschengeld meiner Mutter, damit sie den Reifen für meinen Rollstuhl kaufen kann und sich nicht länger sorgen muss, wie viel er kostet.« Du hast den schwarzen Stöpsel aus dem Schwein gezogen, und ein Rinnsal von Centstücken und ein paar eingerollte Dollarscheine kamen heraus. »Als ich das letzte Mal gezählt habe, waren es sieben Dollar und sechzehn Cent.«
»Willow«, sagte ich langsam. »Deine Mutter hat nicht von dir verlangt, den Reifen zu bezahlen.«
»Nein, aber wenn sie nichts extra bezahlen muss, braucht sie mich nicht mehr loszuwerden.«
Mir verschlug es die Sprache. »Willow«, sagte ich schließlich, »du weißt doch, dass deine Mutter dich liebt, oder?«
Du hast mich angeschaut.
»Manchmal sagen und tun Mütter Dinge, die es so aussehen lassen, als würden sie ihre Kinder nicht wollen … aber wenn du genauer hinschaust, dann wirst du erkennen, dass sie diesen Kindern einen Gefallen tun. Sie versuchen nur, ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen. Verstehst du das?«
»Ich glaube, ja.« Du hast dein Sparschwein noch einmal umgedreht. Es klang, als wäre es voller Scherben.
»Kann ich mal mit Ihnen sprechen?«, fragte ich, als ich das Arbeitszimmer betrat, wo Charlotte die Ergebnisse der Suchmaschine studierte.
Sie sprang auf. »Tut mir leid. Ich weiß. Sie sind nicht gekommen, um mich beim Surfen im Netz zu filmen.«
Ich schloss die Tür hinter mir. »Vergessen Sie mal die Kamera, Charlotte. Ich war gerade oben bei Willow und habe mit ihr den Inhalt ihres Sparschweins gezählt. Sie will es Ihnen geben. Sie versucht, sich Ihre Gunst zurückzukaufen.«
»Das ist doch lächerlich«, sagte Charlotte.
»Warum? Welche logischen Sprünge würden Sie wohl als Sechsjährige machen, wenn Ihre Mutter eine Klage wegen ungewollter Geburt eingereicht hätte?«
»Sind Sie nicht meine Anwältin?«, entgegnete Charlotte. »Sollten Sie mir nicht eigentlich
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