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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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fehlt? Hätten Sie dann auch die Schwangerschaft abgebrochen?«
    Ich presste die Lippen aufeinander und schwieg.
    »Ihnen ist bekannt, dass Jim Abbot, ein einhändiger Pitcher, einen No-Hitter in der Major League geworfen und 1988 eine olympische Goldmedaille gewonnen hat?«, fragte Booker.
    »Ich bin nicht Jim Abbots Mutter. Oder Helen Kellers. Ich weiß nicht, wie schwierig deren Kindheit war.«
    »Dann kommen wir zu meiner ursprünglichen Frage zurück: Wenn Sie in der achtzehnten Woche von Willows Krankheit erfahren hätten, hätten Sie sie dann abgetrieben?«
    »Diese Option habe ich nie bekommen«, erwiderte ich angespannt.
    »Doch, die haben Sie bekommen«, konterte Booker. »In der siebenundzwanzigsten Woche. Und laut Ihrer eigenen Aussage haben Sie den Entschluss zu diesem Zeitpunkt nicht treffen können. Warum sollten die Geschworenen Ihnen da glauben, dass es ein paar Wochen vorher anders gewesen wäre?«
    Kunstfehler , hatte Marin mir immer wieder eingehämmert. Das ist der Grund Ihrer Klage. Egal, was Guy Booker behauptet, es geht um die Einhaltung medizinischer Standards und die Wahl, die man Ihnen verweigert hat.
    Ich zitterte so stark, dass ich die Hände unter die Oberschenkel schieben musste. »In diesem Fall geht es nicht darum, was ich getan hätte oder auch nicht.«
    »Doch, genau darum geht es«, widersprach Booker. »Ansonsten verschwenden wir hier unsere Zeit.«
    »Da irren Sie sich. In diesem Fall geht es darum, was meine Ärztin nicht getan hat …«
    »Beantworten Sie die Frage, Mrs. O’Keefe.«
    »Insbesondere darum«, sagte ich, »dass sie mir nicht die Wahl gegeben hat, die Schwangerschaft zu beenden. Anhand der allerersten Ultraschallaufnahmen hätte sie wissen müssen, dass etwas nicht stimmt, und sie hätte …«
    » Mrs. O’Keefe «, brüllte der Anwalt, » beantworten Sie die Frage! «
    Ich lehnte mich zurück und presste die Hände auf die Schläfen. »Ich kann nicht«, flüsterte ich. Ich schaute mir die Maserung der Brüstung vor mir an. »Ich kann Ihnen diese Frage jetzt nicht beantworten, denn jetzt gibt es eine Willow. Ein Mädchen, das Pferdeschwänze, aber keine Zöpfe mag und das sich dieses Wochenende den Oberschenkel gebrochen hat und mit einem Plüschschwein schläft. Ein Mädchen, das mich die letzten sechseinhalb Jahre nachts wach gehalten und darüber hat grübeln lassen, wie wir den nächsten Tag ohne Notfall überstehen sollen.« Ich schaute dem Anwalt in die Augen. »In der achtzehnten Schwangerschaftswoche, in der siebenundzwanzigsten Schwangerschaftswoche, da habe ich Willow nicht so gekannt wie heute. Deswegen kann ich Ihnen die Frage jetzt auch nicht beantworten, Mr. Booker. Tatsache ist aber, dass niemand mir die Chance gegeben hat, sie damals zu beantworten.«
    »Mrs. O’Keefe«, sagte der Anwalt in nüchternem Ton, »ich frage Sie das noch ein letztes Mal. Hätten Sie Ihre Tochter abgetrieben?«
    Ich öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder.
    »Keine weiteren Fragen mehr.«

Amelia
    An diesem Abend aß ich allein mit meinen Eltern zu Abend. Du hast mit einem Tablett und Jeopardy! auf der Wohnzimmercouch gesessen, damit du das Bein hochlegen konntest. Aus der Küche hörte ich dann und wann den Buzzer und Alex Trebeks Stimme: Oooh, tut mir leid. Das ist falsch. Als würde ihn das im Geringsten kümmern.
    Ich saß zwischen meiner Mutter und meinem Vater, ein Leiter zwischen zwei getrennten Stromkreisläufen. Amelia, kannst du deiner Mutter mal die grünen Bohnen geben? Amelia, schenk deinem Vater ein Glas Limonade ein. Sie sprachen nicht miteinander, und sie aßen nicht – das tat keiner von uns wirklich. »So«, sagte ich fröhlich. »In der vierten Stunde hat Jeff Congrew sich eine Pizza in den Französischunterricht bestellt, und der Lehrer hat es noch nicht einmal bemerkt.«
    »Und? Wirst du mir erzählen, was heute passiert ist?«, fragte mein Vater.
    Meine Mutter senkte den Blick. »Ich möchte wirklich nicht darüber reden, Sean. Es war auch so schon schlimm genug.«
    Mein Vater schnitt zwei exakt gleich große Quadrate aus seinem Hühnchen. »Nun, wenn du mir nicht sagen willst, was passiert ist, dann werde ich es wohl morgen in der Zeitung lesen. Oder hey, vielleicht kommt es ja in den Elf-Uhr-Nachrichten …«
    Meine Mutter ließ klirrend die Gabel auf den Teller fallen. »Glaubst du etwa, das ist leicht für mich?«
    »Glaubst du, das ist für irgendeinen von uns leicht?«
    »Wie konntest du nur?«, explodierte meine Mutter. »Wie

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