Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care
mit OI einhergehen, können sich auf mehrere Tausend Dollar pro Jahr belaufen.«
»Wenn Ihre Tochter als begnadete Pianistin geboren worden wäre, würden Sie dann Geld für einen Flügel verlangen?«, fragte Booker.
Marin hatte mich gewarnt, dass er versuchen würde, mich wütend zu machen, um mich vor den Geschworenen in Misskredit zu bringen. Ich atmete tief durch und zählte bis fünf. »Sie vergleichen Äpfel mit Birnen, Mr. Booker. Hier geht es nicht um Kunsterziehung. Hier geht es um das Leben meiner Tochter.«
Booker trat auf die Geschworenen zu, aber ich guckte nicht, ob er eine Schleimspur hinterließ. »Sie und Ihr Mann sind in Bezug auf diese Klage uneins, Mrs. O’Keefe. Ist das korrekt?«
»Das stimmt.«
»Würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, dass der Grund für Ihre bevorstehende Scheidung darin liegt, dass Ihr Mann Sean, diese Klage nicht unterstützt?«
»Ja.«
»Er glaubt also nicht, dass Willows Geburt ungewollt war, ja?«
»Einspruch«, rief Marin. »Man kann sie nicht nach seiner Meinung fragen.«
»Stattgegeben.«
Booker verschränkte die Arme vor der Brust. »Und doch ziehen Sie diese Klage durch, auch wenn sie droht, Ihre Familie auseinanderzureißen.«
Ich dachte an Sean, wie er am Morgen in Mantel und Krawatte dagestanden hatte und wie kurz die Hoffnung in mir aufgekeimt war, er werde mich vielleicht doch noch unterstützen. »Ich bin nach wie vor fest davon überzeugt, dass ich das Richtige tue.«
»Haben Sie mit Willow über diesen Prozess gesprochen?«, fragte Booker.
»Ja«, antwortete ich. »Sie weiß, dass ich es tue, weil ich sie liebe.«
»Und Sie glauben, das versteht sie?«
Ich zögerte. »Sie ist erst sechs. Ich denke, die technischen Seiten dieser Klage übersteigen ihr Auffassungsvermögen.«
»Und wenn sie mal älter ist?«, hakte Booker nach. »Ich wette, Willow ist ziemlich gut, wenn es um Computer geht.«
»Sicher.«
»Haben Sie je daran gedacht, was passiert, wenn Ihre Tochter in ein paar Jahren selbst ins Internet geht und googelt? Was wird sie finden? Sie? Diesen Fall?«
»Gott weiß, dass ich mich nicht darauf freue, aber ich hoffe, wenn es passiert, werde ich in der Lage sein, ihr zu erklären, warum das notwendig war … und dass ihre Lebensqualität zu diesem Zeitpunkt eine direkte Folge dieses Prozesses ist.«
»Gott weiß«, wiederholte Booker. »Eine interessante Wortwahl. Sie sind praktizierende Katholikin, nicht wahr?«
»Ja.«
»Und als praktizierende Katholikin, sind Sie sich da bewusst, dass Abtreibung eine Todsünde ist?«
Ich schluckte. »Ja, das bin ich.«
»Und doch gründet die Klage auf der Behauptung, dass Sie abgetrieben hätten, hätten Sie frühzeitig von Willows Krankheit erfahren, korrekt?«
Ich spürte die Blicke der Geschworenen. Ich wusste, dass der Moment kommen würde, in dem man mich zur Schau stellte, und dieser Moment war jetzt da. »Ich weiß, was Sie da machen«, sagte ich gereizt. »Aber in diesem Fall geht es um Kunstfehler, nicht um Abtreibung.«
»Das ist keine Antwort auf meine Frage, Mrs. O’Keefe. Versuchen wir es noch einmal: Hätten Sie herausgefunden, dass Sie ein taubes und blindes Kind unter dem Herzen tragen, hätten Sie die Schwangerschaft dann abgebrochen?«
»Einspruch!«, schrie Marin. »Das ist irrelevant. Das Kind meiner Klientin ist weder taub noch blind.«
»Es geht darum, ob die Kindsmutter hätte tun können, was sie behauptet«, argumentierte Booker.
»Auf ein Wort«, sagte Marin, und beide Anwälte gingen zur Richterbank, doch dort diskutierten sie so laut, dass jeder sie hören konnte. »Euer Ehren, das ist abwegig. Er kann meine Klientin fragen, welche Entscheidung sie aufgrund echter medizinischer Fakten getroffen hätte, die die Beklagte ihr vorenthalten hat …«
»Sagen Sie mir nicht, wie ich meinen Fall vorzutragen habe, Süße«, erwiderte Booker.
»Sie arrogantes Schwein …«
»Ich werde die Frage zulassen«, sagte der Richter bedächtig. »Ich denke, wir wollen alle hören, was Mrs. O’Keefe dazu zu sagen hat.«
Marin warf mir einen strengen Blick zu, als sie am Zeugenstand vorbeiging – eine Ermahnung, dass ich jetzt im Ring stand und kämpfen musste. »Mrs. O’Keefe«, wiederholte Booker, »hätten Sie ein taubes und blindes Kind abgetrieben?«
»Ich … ich weiß es nicht«, antwortete ich.
»Ihnen ist bekannt, dass Helen Keller vollkommen blind und taub war?«, fragte er. »Was, wenn Sie herausgefunden hätten, dass dem Kind in Ihrem Bauch eine Hand
Weitere Kostenlose Bücher