Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care
Kreuzverhör zu beginnen, »haben Sie je ähnliche Messergebnisse bei einem Fötus gehabt?«
»Natürlich.«
»Und wissen Sie, was daraus geworden ist?«
Charlottes Anwältin stand auf. »Einspruch, Euer Ehren. Die Zeugin ist medizinisch-technische Assistentin, keine Ärztin.«
»Sie sieht das jeden Tag«, konterte Booker. »Sie ist speziell dafür ausgebildet, Ultraschallaufnahmen zu deuten.«
»Stattgegeben.«
»Nun …«, sagte Janine ein wenig angefressen, »zu Ihrer Information: Es ist nicht so leicht, die Ergebnisse einer Ultraschalluntersuchung zu deuten, wie Sie vielleicht glauben. Ich mag ja nur eine MTA sein, aber ich bin auch diejenige, die auf potenziell problematische Sachverhalte hinweist.« Sie schaute zu mir. »Piper Reece war meine Chefin. Ich habe nur meinen Job gemacht.«
Mehr sagte sie nicht, aber ich konnte es trotzdem hören: Im Gegensatz zu dir.
Charlotte
Irgendetwas stimmte nicht mit meiner Anwältin. Sie war nervös. Sie ließ Fragen aus und vergaß Antworten. Ich fragte mich, ob Zweifel etwa ansteckend sind. Schon seit Verhandlungsbeginn kämpfte ich gegen das Verlangen an, alldem ein Ende zu bereiten. War Marin heute Morgen aufgewacht und hatte plötzlich die gleiche Regung verspürt?
Sie hatte einen Zeugen aufgerufen, den ich nicht kannte: Dr. Thurber, einen gebürtigen Briten, der die Radiologie am Lucile Packard Kinderkrankenhaus in Stanford geleitet hatte, bevor er ans Shriners in Omaha gegangen war, um sein Wissen als Radiologe Kindern mit OI zur Verfügung zu stellen. Marin listete seine Meriten auf. Dr. Thurber, sagte sie, habe in seinem Leben Tausende von Ultraschallaufnahmen diagnostiziert, auf der ganzen Welt Vorlesungen gehalten und opfere jedes Jahr zwei Wochen seines Urlaubs, um werdenden Müttern in der Dritten Welt beizustehen.
Kurz gesagt: Er war ein Heiliger – ein ziemlich kluger Heiliger.
»Dr. Thurber«, sagte Marin, »können Sie uns, die wir nicht so sehr mit Ultraschall vertraut sind, die Technik erklären?«
»Ultraschall ist ein Diagnoseinstrument, das im Zusammenhang mit der Geburtshilfe eingesetzt wird«, sagte der Radiologe. »Das Gerät ist ein Echtzeitscanner. Schallwellen werden von einem Signalwandler ausgestrahlt, der auf den Unterleib der Mutter gedrückt und bewegt wird, um den Inhalt des Uterus zu reflektieren. Auf einen Monitor wird dann das Bild projiziert – das Sonogramm.«
»Wofür genau werden Ultraschallaufnahmen verwendet?«
»Sie dienen der Diagnose und Bestätigung einer Schwangerschaft. Man kann darauf den Herzschlag des Fötus sowie Deformierungen erkennen und den Fötus messen, um sein Wachstum zu kontrollieren. Auch kann man die Plazenta sehen und die Fruchtwassermenge bestimmen – unter anderem.«
»Wann wird eine Ultraschallaufnahme während einer Schwangerschaft üblicherweise gemacht?«, fragte Marin.
»Da gibt es keine feste Regel, aber manchmal wird sie schon in der siebten Woche gemacht, um eine Schwangerschaft zu bestätigen und Dinge wie eine Bauchhöhlenschwangerschaft auszuschließen. Die meisten Frauen werden allerdings zwischen der achtzehnten und zwanzigsten Woche untersucht.«
»Was passiert während dieser Untersuchungen?«
»Zu dem Zeitpunkt ist der Fötus bereits so groß, dass man seine Anatomie erkennen und angeborene Fehlbildungen sehen kann«, erklärte Dr. Thurber. »Bestimmte Knochen werden gemessen, um sicherzustellen, dass das Baby die richtige Größe hat. Ferner wird darauf geachtet, dass die Organe sich an der richtigen Stelle befinden und dass die Wirbelsäule intakt ist. Im Grunde genommen dient es der Bestätigung, dass alles so ist, wie es sein soll. Und natürlich bekommen die Eltern ein Foto, das sie sich die nächsten sechs Monate an den Kühlschrank heften können.«
Ein paar Geschworene lachten. Hatte ich ein Bild von dir bekommen? Eine Ultraschallaufnahme? Ich konnte mich nicht entsinnen. Wenn ich an diesen Tag zurückdenke, erinnere ich mich nur an die Riesenerleichterung, als Piper mir sagte, du seist gesund.
»Dr. Thurber«, fragte Marin, »hatten Sie Gelegenheit, Charlotte O’Keefes Ultraschallaufnahme aus der achtzehnten Woche zu begutachten?«
»Die hatte ich.«
»Und was haben Sie gesehen?«
Er schaute zu den Geschworenen. »Diese Aufnahme gab entschieden Grund zur Sorge. Wenn man sich das Gehirn auf einer Ultraschallaufnahme durch den Schädel hindurch ansieht, ist es für gewöhnlich leicht verschwommen, denn die Schädelknochen beeinflussen die Schallwellen. Auf
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