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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Messungen ein wenig ab, wenn das Baby sich bewegt oder eine ungünstige Position einnimmt. Deshalb wird auch zwei-, dreimal entlang der längsten Achse gemessen. Aber schon bei der geringsten Abweichung – wir reden hier von Millimetern – ergibt sich eine viel geringere Perzentile. Häufig ist ein zu kurzer Oberschenkel aber in der Tat eine Fehlmessung.«
    Booker trat auf ihn zu. »So nützlich die Ultraschalltechnologie auch sein mag, sie ist keine exakte Wissenschaft, nicht wahr? Bestimmte Bilder können klarer sein als andere, korrekt?«
    »Die Klarheit ist in der Tat variabel, ja. Das hängt von vielen Dingen ab – der Größe der Mutter, der Position des Fötus. Am einen Tag sehen wir so gut wie gar nichts, am nächsten fast alles.«
    »Dr. Thurber, können Sie anhand einer Ultraschallaufnahme aus der achtzehnten Woche definitiv sagen, dass ein Kind OI vom Typ  III hat?«
    »Sie können sagen, dass mit dem Skelett etwas nicht stimmt. Sie können Indikatoren erkennen – wie die in Charlotte ­O’Keefes Patientenakte. Sehen Sie dann im weiteren Verlauf der Schwangerschaft gebrochene Knochen, können Sie mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass der Fötus unter OI vom Typ  III leidet.«
    »Dr. Thurber, wenn Charlotte O’Keefe Ihre Patientin gewesen wäre und Sie hätten das Ergebnis aus der achtzehnten Woche gesehen und keine gebrochenen Knochen entdeckt, hätten Sie ihr dann eine Folgeuntersuchung vorgeschlagen?«
    »Angesichts der verkürzten Knochen und der demineralisierten Schädeldecke? Natürlich.«
    »Und hätten Sie dann auf der nächsten Aufnahme Knochenbrüche entdeckt, hätten Sie dann das Gleiche getan wie Piper Reece und Mrs. O’Keefe sofort an einen Spezialisten überwiesen?«
    »Ja.«
    »Aber Sie hätten bei Mrs. O’Keefes Fötus auch schon in der achtzehnten Woche zweifelsfrei OI diagnostiziert, basierend auf dieser einzigen Aufnahme?«
    Er zögerte. »Nun ja«, sagte Thurber. »Nein.«

Amelia
    Manchmal frage ich mich, was wirklich ein »Notfall« ist. Ich meine, jeder Lehrer an meiner Schule wusste von dem Prozess und dass meine Eltern nicht nur daran beteiligt, sondern Gegner waren. Der ganze Staat wusste es und dank der Medien vielleicht sogar das ganze Land. Aber selbst wenn meine Mutter wahnsinnig und geldgierig war, mussten sie doch mit mir wenigstens einen Hauch Mitleid haben; schließlich saß ich zwischen den Stühlen und konnte gar nichts dafür. Trotzdem wurde ich in Mathe angebrüllt, weil ich nicht aufgepasst hatte, und am nächsten Tag sollte ich einen wichtigen Wortschatztest über neunzig Wörter schreiben, die ich in meinem Leben vermutlich nie verwenden würde.
    Aus diesem Grund machte ich mir Lernkarten. Hypersensitiv , schrieb ich. Viel, viel, viel zu sensibel. Aber was sollte das? Wenn man sensibel war, war man sensibel. Wozu die Steigerung?
    Verzagen: den Mut verlieren. Beispielsatz: Dieser dumme Test lässt mich verzagen.
    »Amelia!«
    Ich hörte dich rufen, aber ich wusste auch, dass ich nicht antworten musste. Immerhin bezahlte meine Mutter – oder Marin – diese Krankenschwester, die nach Mottenkugeln stank. Das war nun der zweite Tag, wo sie hier war, und um die Wahrheit zu sagen, ich war nicht beeindruckt. Sie guckte General Hospital , obwohl sie eigentlich mit dir hätte spielen sollen.
    »Amelia!«, hast du gebrüllt, diesmal lauter.
    Ich stieß den Stuhl von meinem Schreibtisch weg und polterte die Treppe runter. » Was? «, verlangte ich zu wissen. »Ich versuche zu lernen.«
    Dann sah ich es: Schwester Nichtsnutzia hatte auf den Teppich gekotzt.
    Sie lehnte an der Wand und war kreidebleich im Gesicht. »Ich glaube, ich … ich sollte nach Hause gehen«, keuchte sie.
    Dann aber schnell , dachte ich. Ich wollte mir nicht die Lungenpest einfangen.
    »Glaubst du, du kannst auf Willow aufpassen, bis deine Mutter wieder zurück ist?«, fragte sie.
    Als hätte ich das nicht schon mein ganzes Leben lang getan. »Sicher.« Ich zögerte. »Sie werden das aber erst aufwischen, oder?«
    »Amelia!«, zischte Willow. »Sie ist krank !«
    »Nun ja, ich werde das ganz bestimmt nicht tun«, flüsterte ich, aber die Schwester war bereits auf dem Weg in die Küche, um einen Aufnehmer zu holen.
    »Ich muss aber lernen«, sagte ich, als wir schließlich alleine waren. »Lass mich eben hochgehen und mein Notebook und meine Karten holen.«
    »Nein, ich werde hochgehen«, hast du erwidert. »Ich will mich ein wenig hinlegen.«
    Also trug ich dich – du warst so

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