Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
hin, und wir zuckten beide zusammen, weil sich Funken zwischen uns entluden. Die beiden kleinen Mädchen aßen am Couchtisch, während wir Erwachsenen am Esstisch saßen. Piper hatte mir gerade ein Stück Karamell-Pekannuss-Torte serviert, die Charlotte gebacken hatte. »Wie finden Sie sie?«, fragte Charlotte.
    Die Füllung war noch warm, und die Kruste zerging mir auf der Zunge. »Ich denke, wir sollten heiraten«, sagte ich, und alle lachten; dabei hatte ich das nicht nur im Scherz gesagt.
    Wir redeten über unsere ersten Küsse. Piper erzählte von einem Jungen, der sie in den Wald hinter der Schulsporthalle gelockt hatte, indem er ihr weisgemacht hatte, dort lebe ein Einhorn hinter eine Esche. Rob erzählte, wie er in der siebten Klasse einem Mädchen sieben Dollar »zu Übungszwecken« gezahlt hatte. Charlotte war dagegen schon achtzehn Jahre alt gewesen, als sie zum ersten Mal geküsst wurde. »Das kann ich nicht glauben«, sagte ich.
    »Was ist mit Ihnen, Sean?«, fragte Rob.
    »Ich kann mich nicht erinnern.« Zu dem Zeitpunkt habe ich nur noch Augen für Charlotte gehabt. Ich hätte genau sagen können, wie viel Zoll ihr Bein unter dem Tisch von meinem entfernt war. Ich hätte sagen können, wie das Kerzenlicht sich in ihren Locken verfing. Ich konnte mich nicht an meinen ersten Kuss erinnern, aber ich hätte mit Gewissheit sagen können, dass ich Charlotte meinen letzten geben würde.
    »Erinnerst du dich noch, dass Amelia und Emma im Wohnzimmer gesessen haben?«, sagte Piper nun. »Wir haben uns so gut amüsiert, dass niemand daran gedacht hat, mal nach ihnen zu sehen.«
    Plötzlich sah ich es wieder vor mir: Alle drängten wir uns in dem winzigen Badezimmer unten, und Rob schrie seine Tochter an, weil sie Amelia überredet hatte, Hundekuchen in die Toilettenschüssel zu kippen.
    Piper begann zu lachen. »Emma hat immer gesagt, es sei nur eine Handvoll gewesen.«
    Aber der Hundekuchen hatte das Wasser aufgesogen und war aufgequollen, sodass die ganze Schüssel voll gewesen war. Es war schon erstaunlich, wie schnell das Spiel der Kinder aus dem Ruder gelaufen war.
    Neben mir lachte Piper, und wie Emotionen manchmal kippen können, wenn sie ein gewisses Maß überschreiten, ging dieses Lachen plötzlich in Weinen über. »Gott, Sean. Wie konnte es nur so weit kommen?«
    Ich stand verlegen da, und nach kurzem Zögern nahm ich sie in den Arm. »Ist ja gut.«
    »Nein, ist es nicht«, schluchzte Piper, und sie vergrub ihr Gesicht an meiner Schulter. »Ich war noch nie die Böse, in meinem ganzen Leben nicht. Aber jedes Mal, wenn ich in diesen Gerichtssaal gehe, komme ich mir so vor.«
    Ich hatte Piper Reece auch früher schon mal umarmt. Das taten verheiratete Paare eben. Man fuhr zu jemandem zu Besuch, übergab die obligatorische Flasche Wein und küsste die Hausherrin auf die Wange. Vielleicht war ich mir unterschwellig bewusst, dass Piper größer war als Charlotte, dass sie nach einem unvertrauten Parfüm roch, nicht nach Charlottes Vanilleextrakt. In jedem Fall waren diese formellen Umarmungen dreieckig: Man berührte sich an den Wangen, aber die Füße waren weit voneinander entfernt.
    Doch im Augenblick drückte Piper sich fest an mich, und ihre Tränen rannen mir am Hals hinab. Ich spürte ihre Körperformen … und ich konnte ganz genau sagen, wann sie sich meines Körpers bewusst wurde.
    Und dann küsste sie mich, oder vielleicht küsste ich sie. Sie schmeckte nach Kirschen, und ich schloss die Augen, und in dem Moment sah ich nur noch Charlotte.
    Wir rissen uns voneinander los und wandten den Blick ab. Piper drückte die Hände auf ihre Wangen. Ich war noch nie die Böse, in meinem ganzen Leben nicht , hatte sie gesagt.
    Es gibt für alles ein erstes Mal.
    »Tut mir leid«, sagte ich, und Piper begann gleichzeitig zu sprechen.
    »Ich hätte nicht …«
    »Es ist nichts passiert«, unterbrach ich sie. »Lass uns einfach sagen, es ist nichts passiert, okay?«
    Piper schaute mich traurig an. »Nur weil du etwas nicht sehen willst, heißt das noch lange nicht, dass es nicht da ist, Sean.«
    Ich wusste nicht, ob wir über diesen Moment sprachen, über den Prozess oder über beides. Es gab tausend Dinge, die ich Piper sagen wollte, und alle begannen und endeten sie mit einer Entschuldigung, aber was dann über meine Lippen stolperte, war Folgendes: »Ich liebe Charlotte. Ich liebe meine Frau.«
    »Ich weiß«, flüsterte Piper. »Das habe ich auch getan.«

Charlotte
    Der Film, der einen Tag in deinem

Weitere Kostenlose Bücher