Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
Leben zeigen sollte, war das letzte Beweismittel, das Marin den Geschworenen präsentieren wollte. Er war das emotionale Gegenstück zu den kalten, harten Fakten, die der Versicherungsfachmann vorgetragen hatte. Es schien mir Ewigkeiten her zu sein, seit die Filmcrew dir durch die Schule gefolgt war, und um ehrlich zu sein, hatte ich mir über das Ergebnis Sorgen gemacht. Was, wenn die Geschworenen sich deinen Alltag ansahen und zu dem Schluss kamen, dass er gar nicht so etwas Besonderes war?
    Marin hatte mir gesagt, es sei ihr Job, dafür zu sorgen, dass die Präsentation zu unseren Gunsten verläuft, und kaum wurden die ersten Bilder auf die Leinwand im Gerichtssaal projiziert, da wusste ich, dass ich mir keine Sorgen hätte machen müssen. Ein Cutter kann Wunder wirken.
    Es begann mit einem Bild deines Gesichts, das sich im Fenster spiegelte, während du nach draußen sahst. Du hast nicht gesprochen, aber das musstest du auch gar nicht. In deinen Augen lag eine schier unendliche Sehnsucht.
    Die Kamera fuhr durch das Fenster und zu deiner Schwester, die auf dem Teich Schlittschuh lief.
    Dann waren die ersten Takte eines Liedes zu hören, bei denen ich mich hinkniete, um dir deine Beingestelle für die Schule umzuschnallen. Nach einem Moment erkannte ich das Lied: »I Hope You Dance«.
    In der Jackentasche vibrierte mein Handy.
    Es war uns nicht gestattet, Handys mit in den Gerichtssaal zu nehmen, aber ich hatte Marin gesagt, ich müsse erreichbar sein, nur für den Fall, und der Vibrationsalarm war der Kompromiss gewesen. Ich holte das Handy heraus und schaute aufs Display.
    ZUHAUSE stand dort.
    Auf der Leinwand warst du in der Klasse zu sehen, und andere Kinder wimmelten um dich herum wie ein Schwarm Fische, während du reglos in deinem Rollstuhl saßest.
    »Marin«, flüsterte ich.
    »Nicht jetzt.«
    »Marin, mein Handy klingelt …«
    Sie beugte sich zu mir herüber. »Wenn Sie jetzt ans Telefon gehen, anstatt sich den Film anzuschauen, werden die Geschworenen Sie als herzlos abstempeln.«
    Also setzte ich mich auf meine Hände und wurde immer aufgeregter. Vielleicht dachten die Geschworenen ja, ich könne nicht hinsehen. Das Handy hörte auf zu vibrieren, begann aber nur einen Moment später wieder von Neuem. Auf der Leinwand schaute ich dir bei der Physiotherapie zu, wie du über die Matte gewankt bist und dir auf die Unterlippe gebissen hast. Das Handy vibrierte schon wieder, und ich seufzte angespannt.
    Was, wenn du gestürzt warst? Was, wenn die Krankenschwester nicht wusste, was sie tun sollte? Was, wenn etwas Schlimmeres passiert war als nur ein einfacher Knochenbruch?
    Ich hörte Schniefen hinter mir. Handtaschen wurden geöffnet und Taschentücher gesucht. Ich sah, dass die Geschworenen von deinen Worten und deinem Elfengesicht wie verzaubert waren.
    Das Handy vibrierte schon wieder. Diesmal holte ich es aus der Tasche und sah das SMS -Icon. Ich hielt es unter den Tisch und klappte es auf.
    WILLOW VERLETZT – HILFE.
    »Ich muss hier raus«, flüsterte ich zu Marin.
    »In fünfzehn Minuten … Wir können jetzt auf gar keinen Fall eine Unterbrechung beantragen.«
    Ich warf einen Blick auf die Leinwand. Du saßt auf der Matte, und über dir baumelte ein roter Ring. Als du danach griffst, verzogst du vor Schmerzen das Gesicht. Können wir jetzt aufhören?
    Komm schon, Willow, ich weiß, wie zäh du bist … Leg deine Finger da rum und drück fest zu.
    Du hast es versucht – für Molly. Aber Tränen strömten aus deinen Augen, und im Stakkato kam aus deinem Mund: Bitte, Molly … darf ich aufhören?
    Das Handy vibrierte erneut. Ich schlang meine Hand darum.
    Auf der Leinwand kniete ich bei dir auf der Matte, hielt dich in den Armen und sagte: Ist schon gut, Schatz .
    Wäre ich mit den Gedanken im Gerichtssaal gewesen, hätte ich bemerkt, dass die Frauen in der Jury und auch ein paar Männer weinten. Ich hätte die Fernsehkameras auf der Galerie gesehen, die alles für die Abendnachrichten aufnahmen. Ich hätte gesehen, wie Richter Gellar die Augen schloss und den Kopf schüttelte. Doch stattdessen rannte ich los, kaum dass das Bild schwarz geworden war.
    Ich spürte, wie alle mich beobachteten, als ich zur Tür hinausstürmte, und vermutlich glaubten sie, ich sei von meinen Emotionen überwältigt worden. Kaum hatte ich mich an den Gerichtsdienern vorbeigedrängt, da drückte ich die Rückruftaste. »Amelia? Was ist los?«
    »Sie blutet«, schluchzte Amelia hysterisch. »Da ist überall Blut, und

Weitere Kostenlose Bücher