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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Mutter.«
    Ich wollte meiner Mutter so wehtun wie sie mir. Darum sagte ich zu der Anwältin: »Ich glaube nicht, dass man diesen Titel verdient, wenn man all seine Kinder loswerden will.«
    Ich sah meine Mutter zusammenzucken. Sie blutete, auch wenn man die Wunde nicht sehen konnte, und sie wusste genauso gut wie ich, dass sie es verdient hatte. Nachdem Marin mich auf der Galerie neben einem Mann mit rotem Flanellhemd und Hosenträgern abgesetzt hatte, nahm ich mir etwas vor: Wenn meine Mutter mein Leben zerstören wollte, gab es keinen Grund, warum ich mit ihrem nicht das Gleiche tun sollte.

Sean
    Als Charlotte damals bei unserer Trauung durch das Kirchenschiff auf mich zukam, wusste ich, ich konnte alle Schwüre vergessen, die ich mir so sorgfältig ausgedacht und auswendig gelernt hatte. Meine Sätze waren wie löchrige Fischernetze; sie konnten die Gefühle gar nicht einfangen, die ich ihr zeigen wollte. Als ich nun meiner Frau im Gerichtssaal gegenübersaß, wünschte ich, meine Worte wären wie Federn, wie Wolken, wie eine leichte Brise und hätten nicht die Kraft, sie zu verletzen.
    »Lieutenant O’Keefe«, begann Guy Booker, »waren Sie nicht ursprünglich einer der Kläger in diesem Fall?«
    Booker hatte versprochen, es im Zeugenstand für mich kurz und einfach zu machen – ehe Sie sich’s versehen, sind Sie schon wieder draußen . Ich traute ihm nicht. Es war sein Job, zu lügen, zu betrügen und die Wahrheit so lange zu verdrehen, bis die Geschworenen ihm glaubten.
    Und dieses eine Mal hoffte ich, dass er das hinbekäme.
    »Zuerst ja«, antwortete ich. »Meine Frau hatte mich überzeugt, dass diese Klage in Willows bestem Interesse ist, aber mir ist nach und nach klar geworden, dass ich nicht so dachte.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Ich glaube, diese Klage hat unsere Familie zerstört. Unsere dreckige Wäsche läuft in den Abendnachrichten. Ich habe die Scheidung eingereicht. Und Willow … sie weiß, was los ist. Wir konnten es nicht vor ihr verbergen, nachdem es erst einmal öffentlich geworden war.«
    »Ihnen ist doch klar, dass ›ungewollte Geburt‹ bedeutet, Ihre Tochter hätte nicht geboren werden sollen. Wünschen Sie sich das, Lieutenant O’Keefe?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Willow mag ja nicht perfekt sein, aber … nun ja, das bin ich auch nicht. Gleiches gilt für Sie. Willow mag ja nicht perfekt sein«, wiederholte ich, »aber sie ist hundertprozentig gewollt .«
    »Ihr Zeuge«, sagte Booker, und als Marin Gates aufstand, atmete ich einmal richtig tief durch; genauso machte ich es, wenn ich mit einem Sondereinsatzkommando ein Haus stürmte.
    »Sie sagen, diese Klage habe Ihre Familie auseinandergerissen«, sagte sie. »Aber das Gleiche könnte man von dem Scheidungsantrag behaupten, den Sie eingereicht haben, oder sehen Sie das anders?«
    Ich schaute zu Guy Booker. Er hatte mit dieser Frage gerechnet, und wir hatten die Antwort geübt. Ich sollte sagen, ich hätte das nur getan, um die Mädchen zu beschützen, nicht, um sie durch den Dreck zu ziehen. Doch anstatt das zu sagen, schaute ich zu Charlotte. Hinter dem großen Tisch sah sie so winzig aus. Sie starrte auf das Holz, als könne sie mir nicht in die Augen sehen.
    »Ja«, sagte ich leise, »das kann man sagen.«
    Booker stand auf. Dann fiel ihm offensichtlich ein, dass er keinen Einspruch gegen seinen eigenen Zeugen erheben konnte, und so setzte er sich wieder.
    Ich drehte mich zum Richter um. »Euer Ehren? Gestatten Sie, dass ich mich direkt an meine Frau wende?«
    Richter Gellar hob die Augenbrauen. »Es sind die Geschworenen, die Sie hören müssen, mein Sohn.«
    »Bei allem gebotenen Respekt, Euer Ehren, ich glaube nicht, dass das stimmt.«
    »Euer Ehren«, rief Booker. »Darf ich nach vorne treten?«
    »Nein, Mr. Booker, das dürfen Sie nicht«, erwiderte der Richter. »Dieser Mann hat etwas zu sagen.«
    Marin Gates sah aus, als hätte sie einen Feuerwerkskörper verschluckt. Sie wusste nicht, ob sie mich noch etwas fragen oder zusehen sollte, wie ich mir selbst den Strick um den Hals legte. Und vielleicht tat ich das ja wirklich, aber das war mir egal. »Charlotte«, sagte ich, »ich weiß nicht mehr, was richtig ist und was nicht, das gebe ich zu. Ja, wir haben nicht genug Geld. Und ja, wir haben es nicht leicht gehabt. Aber das alles heißt noch lange nicht, dass es die Sache nicht wert gewesen ist.«
    Charlotte hob den Kopf. Ihre Augen waren groß und still. »Ein paar Jungs auf dem Revier haben gesagt, sie hätten

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