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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Maisie Donovan, die schon seit der Zeit der Dinosaurier beim County-Gericht arbeitete … und die mir den Brief geschrieben hatte, den ich nun in meinen zitternden Händen hielt.
    COUNTY - GERICHT , HILLSBOROUGH , NEW HAMPSHIRE
BETRIFFT : ADOPTION EINES WEIBLICHEN KLEINKINDS
ENDGÜLTIGE ENTSCHEIDUNG
    Ergangen am 28. Juli 1973, nach eingehender Prüfung des Antrags und diesbezüglicher Anhörung sowie ausführlicher Prüfung der im Zusammenhang mit der Adoption vorgebrachten Fakten.
Das Gericht stellt fest, dass die im Zusammenhang mit der Adoption vorgebrachten Erklärungen der Wahrheit entsprechen und dass das Wohlergehen der zu adoptierenden Person durch die Adoption gesichert werden kann. (geschwärzt), weiblich, Kleinkind kann zur Adoption freigegeben werden und alle Rechte als Kind und Erbe von William Gates und Yvonne Sugerman Gates bekommen. Ebenso obliegen den Letztgenannten fortan die Pflichten ebendieses Kindes. Fortan soll es den Namen MARIN ELIZABETH GATES tragen.
    Ich las das noch ein zweites und drittes Mal. Ich starrte die Unterschrift des Richters an … Alfred irgendwas. Für zehn Dollar hatte ich die erderschütternde Information erhalten, dass ich …
    1. weiblich bin, und
2. Marin Elizabeth Gates heiße.
    Aber nun ja … Was hatte ich erwartet? Eine Visitenkarte meiner Mutter und eine Einladung zur nächsten Familienfeier? Seufzend öffnete ich meinen Aktenschrank und steckte die Kopie in den Aktendeckel, den ich mit PERSÖNLICH markiert hatte. Dann nahm ich einen leeren Aktendeckel und schrieb O’KEEFE darauf. »Ungewollte Geburt aufgrund von gynäkologischer Fehldiagnose«, murmelte ich laut, nur um die Worte auf meiner Zunge zu schmecken, und sie schmeckten – kaum überraschend – so bitter wie Kaffeesatz. Ich versuchte, meine Aufmerksamkeit auf einen Fall mit der nur notdürftig verschleierten Botschaft zu richten, dass einige Kinder nie geboren werden sollten, und schickte ein stummes Danke an meine biologische Mutter, die nicht so gedacht hatte.

Piper
    Technisch gesehen war ich deine Patentante. Offenkundig hieß das, dass ich für deine religiöse Erziehung verantwortlich war – ein Scherz, wenn man bedenkt, dass ich noch nie den Fuß in eine Kirche gesetzt hatte, während deine Mutter nur selten eine Sonntagsmesse versäumte. Ich betrachtete mich denn auch eher als die Märchenversion einer Patentante: Eines Tages, egal ob mit oder ohne Mäuse in Overalls, würde ich dafür sorgen, dass du dich wie eine Prinzessin fühlst.
    Deshalb kam ich auch nur selten mit leeren Händen zu euch. Charlotte warf mir vor, dich zu verwöhnen, aber ich habe dich ja nicht mit Diamanten behängt oder dir die Schlüssel eines Humvees übergeben. Ich brachte dir Zauberkästen, Süßigkeiten und Kinderfilme, für die Emma schon zu alt war. Selbst wenn ich direkt von einer Schicht im Krankenhaus kam, improvisierte ich irgendwas, wie zum Beispiel einen zu einem Luftballon umfunktionierten Gummihandschuh oder ein Haarnetz aus dem OP . »Solltest du ihr je ein Spekulum mitbringen«, pflegte Charlotte zu sagen, »bist du hier offiziell nicht mehr willkommen.«
    »Hallo!«, rief ich, als ich hereinkam. Um ehrlich zu sein, kann ich mich nicht erinnern, jemals angeklopft zu haben. »Fünf Minuten«, sagte ich, als Emma die Treppe zu Amelia hinaufstürmte. »Du brauchst den Mantel gar nicht erst auszuziehen.« Ich ging durch den Flur in Charlottes Wohnzimmer, wo du in deinem Spreizgips hocktest und gelesen hast.
    »Piper!«, hast du gerufen, und dein Gesicht begann zu leuchten.
    Manchmal, wenn ich dich anschaute, sah ich nicht deine verkrümmten Glieder oder den Kleinwuchs, der zu deiner Krankheit gehörte, sondern erinnerte ich mich, wie deine Mutter geweint hat, wenn sie mir wieder einmal erzählte, dass sie es einen weiteren Monat nicht geschafft hatte, schwanger zu werden, oder wie sie mir bei einem Besuch mal das Stethoskop abgenommen hat, weil sie dein Herz schlagen hören wollte.
    Ich setzte mich zu dir auf die Couch und holte dein Geschenk aus der Manteltasche. Es war ein Strandball – glaub mir, es war nicht leicht, so einen im Februar zu finden. »Wir sind nicht bis an den Strand gekommen«, hast du gesagt. »Ich bin hingefallen.«
    »Ah, aber das ist nicht einfach nur ein Strandball«, erklärte ich und blies ihn auf, bis er so fest und rund war wie der Bauch einer Frau im neunten Monat. Dann steckte ich ihn dir zwischen die Beine, eingeklemmt in den Gips, und schlug mit der flachen Hand darauf.

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