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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Unterschied zwischen einem Albtraum, in dem man unerwartet aufwacht, und einem, den man selbst zu verantworten hat.
    Vater Grady zuckte unwillkürlich zusammen, als der Organist eine besonders erhebende Hymne anstimmte, und ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Anstatt dem armen Kerl gestern Nacht ein Glas Wasser zu geben, hätte ich ihm eine Katermedizin mischen sollen.
    Hinter uns begann ein Baby zu weinen. Es mochte kleinlich sein, aber mir tat es gut, dass die allgemeine Aufmerksamkeit sich mal auf eine andere Familie richtete als auf unsere. Ich hörte die Eltern aufgeregt flüstern, wer von ihnen beiden das Kind aus der Kirche bringen sollte.
    Amelia, die neben mir saß, stieß mich mit dem Ellbogen an und machte mir ein Zeichen, dass sie einen Stift haben wollte. Ich griff in meine Tasche und gab ihr einen Ballpoint. Sie drehte ihre Hand nach oben und malte fünf kurze, waagerechte Striche und eine Henkersschlinge. Ich lächelte und malte mir mit dem Finger ein »A« auf den Schenkel.
    Sie schrieb: »_ A _ A _«
    »M«, schrieb ich mit dem Finger.
    Amelia schüttelte den Kopf.
    »T«?
    »_ A T A _«
    Ich versuchte »L«, »P« und »R« und hatte kein Glück. »S«?
    Amelia strahlte und kritzelte den Buchstaben in das Rätsel: »SATA _«
    Ich lachte laut, und Charlotte schaute uns warnend an. Amelia fügte noch das »N« hinzu und hielt dann die Hand hoch, damit ich das Wort lesen konnte. Und genau in diesem Augenblick hast du klar und deutlich gefragt: »Was ist Satan?« Und deine Mutter wurde knallrot, hob dich hoch und lief hinaus.
    Kurz darauf folgte ich ihr mit Amelia. Charlotte saß mit dir auf den Kirchenstufen und hielt das Baby, das vorhin die ganze Zeit geschrien hatte. »Was macht ihr denn hier draußen?«, fragte sie.
    »Ich dachte, hier ist es sicherer, wenn der Blitz einschlägt.« Ich lächelte das Baby an, das sich Gras in den Mund stopfte. »Hast du das irgendwo mitgehen lassen, ohne dass ich das bemerkt hätte?«
    »Seine Mutter ist auf der Toilette«, erklärte Charlotte. »Amelia, pass auf deine Schwester und das Baby auf.«
    »Werde ich dafür bezahlt?«
    »Nach deinem Spielchen während der Messe meinst du das ja wohl nicht ernst.« Charlotte stand auf. »Gehen wir ein Stück.«
    Ich ging an ihrer Seite. Charlotte hatte schon immer nach Keksen gerochen – irgendwann habe ich erfahren, dass es sich genau genommen um Vanille handelte, die sie sich an die Handgelenke und hinter die Ohren rieb, das Parfüm einer Konditorin. Das war einer der Gründe, warum ich sie so sehr liebte. Hier mal eine Botschaft an die Damen, an alle, die glauben, wir Männer wollten nur welche wie Angelina Jolie, die bloß Haut und Knochen sind: In Wahrheit drücken wir lieber jemanden wie Charlotte an uns, eine Frau, die sich weich anfühlt, eine, die den ganzen Tag einen Mehlfleck auf dem Rock hat und die das nicht kümmert, nicht einmal, wenn sie zum Arzt geht, eine, die nicht wie ein exotischer Urlaub ist, sondern die das Heim ist, zu dem wir immer wieder zurückkehren. »Weißt du was?«, sagte ich und schlang den Arm um sie. »Das Leben ist großartig. Der Tag ist wunderbar; ich bin mit meiner Familie zusammen; ich sitze nicht mehr in dieser feuchtkalten Kirche …«
    »Und ich bin sicher, Pater Grady weiß Willows unüberhörbaren Einwurf zu schätzen.«
    »Glaub mir, Pater Grady hat größere Probleme«, erwiderte ich.
    Wir hatten den Parkplatz überquert und hielten auf ein Kleefeld zu. »Sean«, sagte Charlotte, »ich muss dir etwas beichten.«
    »Dann sollten wir vielleicht wieder in die Kirche gehen.«
    »Ich bin noch einmal zu dem Anwalt gegangen.«
    Ich blieb stehen. »Du bist was ?«
    »Ich habe mich mit Marin Gates getroffen … wegen dieser Klage.«
    »Himmelherrgott, Charlotte …«
    »Sean!« Sie warf einen Blick zur Kirche hinüber.
    »Wie konntest du das tun? Einfach hinter meinem Rücken hingehen, als würde meine Meinung gar nicht zählen!«
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Und was ist mit meiner Meinung? Zählt die für dich nicht?«
    »Natürlich tut sie das, aber um die Meinung irgendeines Blutsaugers von Anwalt schere ich mich einen Dreck. Die wollen nur Geld, schlicht und einfach. Die geben einen Scheiß auf dich, mich oder Willow. Die kümmert nicht, wer oder was alles bei so einem Prozess über die Klinge springt. Für die sind wir nur Mittel zum Zweck.« Ich trat einen Schritt näher an sie heran. »Willow hat also ein paar Probleme … Wer hat die nicht? Es gibt

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