Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care
musste. »Möchtest du das selber machen?«, fragte ich und errötete.
Ich hielt dich unter den Achseln, während du den Gips ringsherum mit dem Plastik abgedeckt hast. »Fertig«, hast du schließlich gesagt, und ich positionierte dich über der Toilette.
»Nein, noch ein Stück zurück«, hast du gesagt, und ich tat wie geheißen und wartete.
Und wartete …
»Willow, jetzt mach schon.«
»Ich kann nicht. Du hörst zu.«
»Ich höre nicht zu …«
»Doch.«
»Deine Mutter hört …«
»Das ist etwas anderes«, hast du gesagt und bist in Tränen ausgebrochen.
Als sich die Schleusen öffneten, öffneten sie sich ganz. Ich schaute in die Toilettenschüssel, und du hast nur noch lauter geschrien. »Du hast gesagt, du guckst nicht!«
Ich blickte ruckartig nach oben, jonglierte dich auf dem linken Arm und griff mit der rechten Hand nach dem Klopapier.
»Dad!«, schrie Amelia. »Ich glaube, da brennt was …!«
»Oh, Scheiße«, knurrte ich mit einem fernen Gedanken an das Fluchdöschen. »Beeil dich, Willow«, sagte ich und zog dann ab.
»Ich … Ich muss mir die Hände wa… waschen«, hast du gehickst.
»Später«, stöhnte ich, trug dich wieder zur Couch, warf dir die Shorts auf den Schoß und rannte in die Küche.
Amelia stand vor dem Herd, wo der Pfannkuchen verkohlte. »Ich habe das Gas abgestellt«, sagte sie und hustete gegen den Rauch an.
»Danke.« Sie nickte und griff an mir vorbei, um … Hatte ich etwa richtig gesehen? Amelia setzte sich und nahm die Heißklebepistole. Sie hatte gut dreißig von meinen guten Pokerchips schon auf ihr Bastelpapier geklebt.
»Amelia!«, schrie ich. »Das sind meine Pokerchips!«
»Du hast doch so viele. Ich brauche nur ein paar …«
»Habe ich dir erlaubt , sie zu benutzen?«
»Du hast es mir nicht verboten «, erwiderte Amelia.
»Daddy«, hast du aus dem Wohnzimmer gerufen, »meine Hände!«
»Okay«, knurrte ich vor mich hin. »Okay.« Ich zählte bis zehn und trug dann die Pfanne zum Mülleimer, um die Pfannkuchenkohle zu entsorgen. Dabei streifte ich mit der Hand den heißen Rand und ließ die Pfanne fallen. »Verdammte Scheiße noch mal!«, brüllte ich, drehte den Kaltwasserhahn auf und hielt meine Hand darunter.
»Ich möchte mir die Hände waschen«, hast du geheult.
Amelia verschränkte die Arme vor der Brust. »Du schuldest Willow einen Vierteldollar«, sagte sie.
Gegen neun Uhr habt ihr Mädchen geschlafen; die Pfanne war sauber gekratzt, und in der Küche surrte die Spülmaschine. Ich ging durchs Haus, schaltete die Lichter aus und schlich mich dann ins dunkle Schlafzimmer. Charlotte lag auf dem Bett, einen Arm über den Kopf gelegt. »Du musst nicht auf Zehenspitzen laufen«, sagte sie. »Ich bin noch wach.«
Ich ließ mich neben sie aufs Bett fallen. »Fühlst du dich schon besser?«
»Ich habe eine Kleidergröße verloren. Wie geht es den Mädchen?«
»Gut. Allerdings fürchte ich, dass Willows Patient nicht überlebt hat.«
»Hä?«
»Ach, nichts.« Ich drehte mich auf den Rücken. »Wir hatten Erdnussbuttersandwiches zum Abendessen.«
Gedankenverloren tätschelte mir Charlotte den Arm. »Weißt du, was ich an dir liebe?«
»Hm?«
»Im Vergleich zu dir stehe ich wirklich gut da …«
Ich schob die Arme hinter den Kopf und starrte an die Decke. »Du backst doch gar nicht mehr.«
»Ja, aber ich lasse auch keine Pfannkuchen verbrennen«, sagte Charlotte, und ein leichtes Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Amelia hat dich verpetzt, als sie mir Gute Nacht gesagt hat.«
»Ich meine das ernst. Kannst du dich erinnern, als du noch Crème Brûlée und Petit Fours gemacht hast?«
»Andere Dinge sind wohl wichtiger geworden«, antwortete Charlotte.
»Du hast immer gesagt, dass du eines Tages deine eigene Konditorei haben würdest. Du wolltest sie ›Mein kleiner Kramladen‹ nennen …«
»›Crèmeladen‹«, korrigierte sie mich. »Aber das passiert nun mal mit Träumen: Das Leben kommt dazwischen.«
Ich setzte mich auf und spielte an der Decke herum. »Ich wollte immer ein Haus, einen Garten und einen ganzen Haufen Kinder. Dann und wann eine Urlaubsreise und einen guten Job. Ich wollte mit meinen Mädchen Softball spielen und Ski fahren und nicht jeden verdammten Notarzt im Portsmouth Regional Hospital beim Vornamen kennen.« Ich drehte mich zu ihr um. »Ich bin ja vielleicht nicht die ganze Zeit bei ihr, Charlotte; aber wenn sie sich etwas bricht, leide ich mit. Das schwöre ich. Ich würde alles für sie
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