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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Kopf. »Das ist doch lächerlich. Die beiden sind eingefleischte Katholiken. Erinnerst du dich noch daran, wie du mit Sean über Roe gegen Wade diskutiert hast und er das Restaurant verlassen hat?«
    »Das ist egal. Ich habe auch andere katholische Patienten. Wenn Abtreibung eine Option ist, dann informiert man die Patienten auch darüber, egal, wer sie sind. Man trifft keine Entscheidung für das Paar, die auf der persönlichen Wahrnehmung beruht.«
    Rob zögerte. »Vielleicht geht es nur um Geld.«
    »Würdest du den professionellen Ruf deiner besten Freundin ruinieren, nur um ein paar Dollar abzugreifen?«
    Rob schaute auf die Krankenakte. »So wie ich dich kenne, hast du jede noch so kleine Einzelheit von Charlottes Schwangerschaft dokumentiert, korrekt?«
    »Ich erinnere mich nicht.«
    »Was steht denn in der Akte?«
    »Ich … Ich kann sie nicht öffnen. Mach du das, Rob.«
    »Süße, wenn du dich nicht erinnerst, dann liegt das vielleicht daran, dass es nichts zu erinnern gibt . Das ist verrückt. Schau dir einfach noch mal die Akte an, und gib sie an deine Versicherung. Dafür sind Versicherungen ja da.«
    Ich nickte.
    »Möchtest du, dass ich bei dir bleibe?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich komme schon zurecht«, sagte ich, obwohl ich selbst nicht daran glaubte. Als die Tür sich hinter ihm schloss, atmete ich tief durch und öffnete die Akte. Ich begann ganz vorne, mit Charlottes Krankengeschichte.
    Und die, so ermahnte ich mich selbst, durfte ich nicht mit unserer persönlichen Geschichte verwechseln.
    GRÖSSE : 1,58 m
GEWICHT : 145 Pfund
Patientin hat seit einem Jahr erfolglos versucht,
schwanger zu werden.
    Ich blätterte weiter: Laborergebnisse, die die Schwangerschaft be­stätigten; die Ergebnisse der Bluttests auf HIV , Syphilis, Hepatitis B und Anämie; Urintests auf Bakterien, Zucker, Protein. Alles war normal gewesen bis auf den Triple-Test und das gesteigerte Risiko auf ein Downsyndrom.
    Die Ultraschallaufnahme in der achtzehnten Woche war Routine gewesen, aber auch da hatte ich nach Hinweisen auf ein Downsyndrom gesucht. War ich so sehr darauf fixiert gewesen, dass ich an andere Anomalien noch nicht einmal gedacht hatte? Oder waren nur keine Anzeichen da gewesen?
    Ich studierte den Ultraschallbericht und suchte die Aufnahmen eingehend nach Knochenbrüchen ab. Ich starrte auf die Wirbelsäule, das Herz, die Rippen und die Röhrenknochen. Ein Fötus mit OI konnte auch in diesem Stadium schon Knochenbrüche haben, doch aufgrund des Kollagendefizits waren sie nur schwer zu sehen. Man konnte einem Arzt keinen Vorwurf daraus machen, dass er etwas nicht als bedenklich einstufte, das völlig normal aussah.
    Die letzte Aufnahme zeigte den Kopf des Fötus.
    Darauf war das Gehirn klar und deutlich zu erkennen.
    Kristallklar.
    Der Grund dafür war keinesfalls das neue Gerät, wie ich damals angenommen hatte, sondern die demineralisierte Schädeldecke.
    Ein Arzt wird dazu ausgebildet, auf abnormale Dinge zu achten – nicht auf perfekte.
    Hatte ich damals schon gewusst – bevor ich dich und deine Krankheit kannte –, dass eine demineralisierte Schädeldecke ein Zeichen für OI ist? Hätte ich es wissen müssen ? Hatte ich sanft auf Charlottes Bauch gedrückt, um zu sehen, ob der Schädel des Fötus dem Druck nachgab? Ich konnte mich nicht erinnern. Ich konnte mich an gar nichts erinnern, außer daran, dass ich ihr gesagt hatte, ihr Baby habe offenbar kein Downsyndrom.
    Ich konnte mich nicht erinnern, ob ich irgendwelche Maßnahmen ergriffen hatte, mit denen sich nun beweisen ließe, dass es nicht meine Schuld gewesen war.
    Ich griff in meine Handtasche. Tief vergraben zwischen Kaugummipapier und Kugelschreibern von Pharmafirmen lag ein mit einem Gummi zusammengehaltener Stapel von Visitenkarten, die ich gesammelt hatte. Ich schaute sie durch, bis ich die richtige fand. Dann griff ich nach Robs Telefon und wählte die Nummer der Kanzlei.
    »Booker, Hood und Coates«, meldete sich eine Sekretärin.
    »Ich bin eine Ihrer Arztklientinnen«, erklärte ich, »und ich glaube, ich brauche Ihre Hilfe.«
    In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen. Ich ging ins Badezimmer und starrte mich im Spiegel an. Ich versuchte festzustellen, ob ich schon anders aussah als noch am Morgen. Konnte einem Menschen der Zweifel wirklich ins Gesicht geschrieben stehen? Grub er sich in die kleinen Fältchen in den Augenwinkeln oder um die Mundwinkel?
    Rob und ich hatten beschlossen, Emma nicht zu erzählen, was geschehen war,

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