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Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Haar ordentlich im Nacken zusammengebunden, sah er so gut aus wie ein Kapitän, dachte Bolitho bewundernd.
    Frowd fragte: »Wie, nehmen Sie an, wird es ausgehen?« Er nannte Quinn nicht einmal mit Namen. Wie viele andere, fürchtete er wahrscheinlich, mit Quinn in irgendeinen Zusammenhang gebracht zu werden. »Ich bin mir nicht sicher.«
    Bolitho nestelte nervös an seinem Degengriff und fragte sich, warum es so lange dauerte. Cairns war nach achtern gerufen worden, ebenso d’Esterre und Bunce. Es war eine gräßliche Sache, ähnlich wie der Anblick der Kriegsgerichtsflagge oder wie die rituelle Prozession von Booten bei einem öffentlichen Auspeitschen oder beim Erhängen.
    Er sagte: »Ich hatte auch Angst, also muß es für ihn noch viel schlimmer gewesen sein. Aber…«
    Frowd sagte heftig: –»Aber, Sir, dieses kleine Wort macht den Unterschied. Jeder einfache Seemann würde schon längst von der Großrah baumeln.«
    Bolitho sagte nichts, sondern wartete darauf, daß Frowd wegging, um mit dem Wachboot zu sprechen, das längsseits lag. Frowd verstand dies nicht. Wie sollte er auch? Es war schwer genug für einen jungen Mann, den Rang eines Leutnants zu erwerben. Auf dem Weg über das untere Deck war dies noch viel, viel schwerer.
    Frowd hatte es mit Schweiß, aber wenig Erziehung geschafft. Er mußte Quinns Versagen eher als Verrat denn als Schwäche ansehen.
    Sergeant Shears marschierte über das Achterdeck und berührte grüßend seinen Hut.
    Bolitho sah ihn an. »Ich?«
    »Ja, Sir.« Shears warf einen raschen Blick auf die Umstehenden.
    »Es sieht nicht gut aus, Sir.« Er senkte die Stimme zu einem Flüstern.
    »Mein Hauptmann machte seine Aussage, und ein Ausschußmitglied bemerkte hochnäsig: „Was weiß schon ein Marineinfanterist über Seeoffiziere!“« Wütend fügte Shears hinzu: »Ich habe noch nie solche Arroganz erlebt, Sir!«
    Bolitho ging rasch nach achtern und packte dabei seinen Dege ngriff mit aller Kraft, um sich innerlich vorzubereiten.
    Pears Salon war ausgeräumt worden, an Stelle der Möbel stand ein großer, kahler Tisch da, an dem drei Kapitäne saßen.
    Andere Offiziere saßen ringsum an den Wänden, größtenteils waren sie ihm unbekannt; aber er sah auch die Zeugen: Cairns, d’Esterre und, die Hände im Schoß gefaltet, Kapitän Pears.
    Der älteste Kapitän musterte ihn kühl. »Mr. Bolitho?«
    Bolitho klemmte den Hut unter den Arm und sagte: »Aye, Sir.
    Zweiter Offizier.«
    Der Kapitän zur Rechten, ein scharfgesichtiger, schmallippiger Mann, fragte: »Waren Sie an Deck, als sich der Vorfall, der zu diesem Verfahren führte, ereignet hat?«
    Bolitho sah des Schreibers Feder über dem Papier warten. Dann blickte er sich das erste Mal nach Quinn um.
    Der stand steif an der Tür zum Speiseraum und schien nur mit Mühe Luft zu bekommen.
    »Das war ich, Sir.« Wie absurd, dachte er. Sie wußten alle genau, wo sich jeder einzelne bis hinunter zum Schiffskoch aufgehalten hatte. »Ich führte das Kommando auf dem oberen Batteriedeck, wir schössen nach Steuerbord.«
    Der Vorsitzende des Ausschusses, ein Kapitän, den Bolitho schon in New York gesehen hatte, sagte trocken: »Vergessen Sie die Formalitäten. Sie stehen hier nicht unter Anklage.« Dann, mit einem Seitenblick auf den schmallippigen Kapitän: »Es wäre gut, wenn alle daran dächten.« Sein ruhiger, ausgeglichener Blick wandte sich wieder Bolitho zu. »Was haben Sie gesehen?«
    Bolitho fühlte, wie die hinter ihm Sitzenden ihn beobachteten, auf seine Aussage warteten. Wenn er nur gewußt hätte, was bisher ausgesagt worden war, besonders von Pears.
    Er räusperte sich. »Wir hatten nicht erwartet, daß es zum Kampf kommen würde. Aber die Argonaute hatte die Spite ohne jede Herausforderung von deren Seite und ohne Warnung entmastet. Uns blieb keine andere Wahl.«
    »Uns?« Die Frage klang milde.
    Bolitho wurde rot und fühlte sich unter den Blicken der drei Augenpaare unbehaglich. »Ich hörte den Admiral die Ansicht äußern, daß wir, wenn nötig, kämpfen würden, Sir.«
    »Aha.« Ein winziges Lächeln. »Fahren Sie fort.«
    »Es war ein blutiger Kampf, Sir, und wir waren schon vor dem Gefecht äußerst knapp an Leuten.« Er sah die Verachtung im Blick des schmallippigen Kapitäns und fügte ruhig hinzu: »Das soll nicht als Entschuldigung gelten, Sir. Hätten Sie gesehen, wie unsere Leute an diesem Tage kämpften und starben, dann wüßten Sie, was ich mit meinen Worten gemeint habe.«
    Er spürte ihr Schweigen, es war

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