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Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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hrend er hier im Begriff war, sich einzuschiffen für ein Unternehmen, wie es oft in den Kneipen von Falmouth geschildert wurde, wenn die Seeleute ihr Garn spönnen.
    Er sagte: »Es wird alles klargehen, James. Mr. Sparke führt uns.«
    Zum ersten Mal sah er Quinn lächeln, als dieser sagte: »Ich muß zugeben, vor dem habe ich mehr Angst als vorm Feind!«
    Bolitho lachte und fragte sich, wieso Quinns Angst ihm selbst irgendwie Mut einflößte.
    »Geh jetzt in die Koje und versuch zu schlafen. Sag Mackenzie, du möchtest ein Glas Brandy, George Probyns Allheilmittel.«
    Quinn stand auf und wäre beinahe gefallen, als das Schiff mit einem Ruck überholte.
    »Nein, ich muß noch einen Brief schreiben.«
    Als er wegging, verließ d’Esterre den Tisch, steckte seinen Gewinn ein und gesellte sich zu Bolitho an den Heckfenstern.
    Der Arzt wollte ihm folgen, aber d’Esterre sagte: »Schluß, Robert.
    Dein stümperhaftes Spiel würde auf die Dauer mein eigenes Können beeinflussen und abstumpfen.« Er lächelte. »Hebe dich hinweg zu deinen Flaschen und Pillen!«
    Der Arzt antwortete nicht mit seinem sonstigen Lächeln, sondern ging still von dannen, mit den Händen nach einem Halt suchend.
    D’Esterre deutete auf Quinns Kabine. »Ist er aufgeregt?«
    »Ein bißchen.«
    Der Marineinfanterist zerrte an seinem engen Halstuch. »Ich wünschte bei Gott, ich könnte mitkommen. Wenn ich meine Jungs nicht bald in einen Kampf führe, werden sie rostig wie alte Nägel!«
    Bolitho gähnte herzhaft. »Ich bin für Schlafengehen.« Er schüttelte den Kopf, als d’Esterre über die Karten strich. »Ich würde ohnehin nicht mit dir spielen. Du hast den Trick raus, wie man gewinnt.«
    Als er mit hinter dem Kopf verschränkten Händen in der Koje lag, lauschte Bolitho auf die Geräusche des Schiffes und identifizierte jedes einzelne, wie es sich in das große Ganze einfügte.
    Die Leute der Freiwache lagen unten in ihren Hängematten wie Erbsen in den Schoten; bei den gegen die See dichtgeschlossenen Stückpforten und dem aus den Bilgen aufsteigenden Gestank war die Luft entsetzlich. Alles triefte vor Nässe, von den Decksbalken tropfte es, dazu kam das eintönige Rasseln der Pumpen, wenn die Trojan besonders stark überholte.
    Im Orlopdeck, dem Deck unter der Wasserlinie, würde der Schiffsarzt in seinem Lazarett vermutlich bald eingeschlafen sein.
    Er hatte zur Zeit nur eine Handvoll Kranker und Verletzter zu betreuen; es war nur zu hoffen, daß es so blieb.
    Weiter vorn im Fähnrichslogis war alles ruhig, wenn auch vielleicht ein gelegentlicher Lichtschimmer verriet, daß einer der jungen Leute verzweifelt an einem schwierigen navigatorischen Problem arbeitete, dessen Lösung er am Morgen Bunce vorlegen sollte.
    Ihre eigene Welt: Seeleute und Seesoldaten, Anstreicher und Kalfaterer, Seiler und Segelmacher, Klempner und Toppsgasten, Geschützführer und Zimmerleute – eine Mischung, wie man sie sonst in einer ganzen Stadt antraf.
    Und achtern, zweifellos noch an seinem großen Schreibtisch sitzend, der eine, der über sie alle herrschte: der Kommandant.
    Bolitho blickte in der Dunkelheit nach oben, wo ein Deck höher, ziemlich genau über ihm, Pears jetzt wohl saß, den aufmerksamen Foley in seiner Nähe, ein Glas Wein neben sich. So würde er jetzt noch einmal die Ereignisse des Tages sowie das für morgen geplante Unternehmen überdenken.
    Das war der Unterschied, dachte Bolitho. Wir gehorchen und führen die Befehle aus, so gut wir können. Aber er muß sie geben, und Lob oder Tadel ruhen immer auf seinen Schultern.
    Dann rollte er sich auf die Seite und vergrub das Gesicht in dem muffigen Kissen. Es hatte doch manches für sich, noch ein Leutnant zu sein.

Die Faithful
    Der folgende Tag unterschied sich kaum von den vorangegangen.
    Im Laufe der Nacht hatte der Wind ein wenig rückgedreht und viel an Stärke verloren, so daß die großen, vor Nässe triefenden Segel sich abwechselnd blähten oder durchsackten, wobei sie mit ihrem Knallen noch zu der allgemein spürbaren Spannung beitrugen.
    Gegen Mittag – der Sprühregen war genauso heftig wie an den Vortagen, die See ein grenzenloses, schmutziges Grau – erschollen die üblichen Pfeifsignale: »Alle Mann nach achtern zur Bestrafung!« Das Auspeitschen eines Mannes war bei der straffen Disziplin an Bord nicht gerade selten und rief in normalen Zeiten wenig Erregung hervor. Die privaten Prügel, die beispielsweise im Falle von Kameradendiebstahl verabfolgt wurden, konnten

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