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Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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erheblich schlimme r ausfallen.
    Aber heute war es anders. Nach all den Wochen und Monaten vergeblichen Wartens, nachdem man im Hafen unter kärglichen Bedingungen wie auf einem Gefangenenschiff gelebt oder in fruchtloser Mission vor den Küsten patrouilliert hatte, versprach man sich hiervon ein wenig Abwechslung.
    Das Wetter trug nicht gerade zur Aufmunterung bei. Während Bolitho sich zu den anderen Offizieren gesellte und die Marineinfanteristen in zwei leuchtend roten Reihen aufmarschierten, eilte die Besatzung nach achtern. Sie mußten die Augen zusammenkneifen gegen den böigen Wind, der ihnen Gischt und Regen ins Gesicht peitschte. Ein trüber, unglückseliger Auftakt, dachte Bolitho.
    Der Delinquent kam über die Backbordtreppe, flankiert von Paget, dem dunkelhäutigen Wachtmeister, und Tolcher, dem Bootsmann.
    Paget war ein schmallippiger, grimmiger Mann. Neben ihm und dem vierschrötigen Bootsmann nahm sich der Gefangene direkt harmlos aus.
    Bolitho betrachtete ihn, einen jungen Schweden namens Carlsson.
    Er hatte ein gutgeschnittenes, schmales Gesicht und langes, flachsblondes Haar. Wie verwundert blickte er um sich, als habe er das Schiff noch nie gesehen. Nach Bolithos Meinung war er typisch für die gemischte Besatzung der Trojan, wo man nie wußte, welche Rassen man treffen, welche Zungen man hören würde, so viele verschiedene Besatzungsmitglieder lebten seit nunmehr zwei Jahren in ihrem Rumpf, zusammengewürfelt und doch bereits nach kurzer Zeit mit dem Schiff verwachsen.
    Bolitho haßte die Auspeitschungen, obwohl sie zum Seemannsdasein gehörten. Es gab schließlich keine Alternative für einen Kommandanten, um die Disziplin aufrechtzuerhalten, wenn er weitab von höheren Vorgesetzten oder anderen Schiffen operierte.
    Die Gräting, ein Lattenrost, wurde neben dem Fallreep aufgestellt, und ein muskulöser Bootsmannsmaat namens Balleine stand wartend daneben, einen Flanellbeutel an seiner Seite.
    Cairns überquerte die Schanze, als der Kommandant an Deck erschien.
    »Mannschaft versammelt, Sir.« Sein Gesicht war ausdruckslos.
    »Danke.«
    Pears blickte auf den Kompaß und ging dann schwerfällig nach vorn zur Schanzreling. Schweigen senkte sich über die Menge, die sich auf Deck, ja sogar in den Wanten drängte.
    Bolitho betrachtete die Gruppe der Midshipmen neben den älteren Deckoffizieren. Ihm selbst war einmal schlecht geworden, als er in seiner Fähnrichszeit einer Auspeitschung hatte beiwohnen müssen.
    Er dachte an Carlsson. Man hatte ihn auf Wache schlafend gefunden, nach einem langen Tag des Kampfes gegen Wind und störrisches Segeltuch.
    Bei anderen Offizieren wäre es vielleicht glimpflicher abgelaufen, aber Sparke kannte kein Mitgefühl. Bolitho überlegte, ob er wohl jetzt darüber nachdachte. Weil es doch etwas wie einen Pesthauch ausgerechnet über diesen Tag senkte, an dem er den Bootsangriff führen sollte. Bolitho musterte Sparkes Gesicht, aber es zeigte nichts anderes als den üblichen Ausdruck verkniffener Strenge.
    Pears nickte. »Ausziehen!« Dann nahm er den Hut ab und klemmte ihn unter den Arm, während die anderen Offiziere seinem Beispiel folgten.
    Bolitho blickte nach Backbord zum Horizont, als erwarte er, dort die Segel ihres getreuen Schattens auftauchen zu sehen. Im Laufe der Nacht hatte der Schoner dichter aufgeschlossen und war jetzt schon vom Unterwant aus sichtbar, jedoch noch nicht von Deck. In der einfachen Denkweise eines Seemannes mußte das die Bestrafung noch härter erscheinen lassen – ein Yankeeschiff kreuzte hier herum, wie es ihm gefiel, und einer der eigenen Leute wurde ausgepeitscht!
    Der Kommandant schlug die Kriegsartikel auf und verlas die entsprechenden Paragraphen mit einer Stimme, die sich in nichts von seinem normalen Tonfall unterschied. Er schloß mit den Worten: »… soll bestraft werden gemäß den Vorschriften des Gesetzes für einen solchen Fall auf See.« Dann setzte er den Hut wi eder auf und fügte hinzu: »Zwei Dutzend Hiebe.«
    Der Rest der Prozedur wickelte sich rasch ab. Carlssons Oberkörper wurde entblößt, er selbst an der Gräting festgebunden, die Arme wie bei einer Kreuzigung ausgebreitet.
    Balleine hatte seine neunschwänzige Katze aus dem roten Flanellbeutel geholt und ließ sie durch die Finger gleiten, die Stirn in grimmige Falten gelegt. Er war Bolithos Bootsbesatzung zugeteilt.
    Was mochte er jetzt wohl denken?
    Pears befahl mit harter Stimme: »Tun Sie Ihre Pflicht!«
    Baileines kräftiger Arm holte aus und schlug

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