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Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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dem auch heute noch niemand Näheres wußte. Dann Rabbett, ein zäher, kleiner Mann aus dem Hafenviertel von Liverpool, ferner Varlo, der in der Liebe Schiffbruch erlitten hatte und von dem Preßkommando aufgelesen worden war, als er in einer Kneipe seinen Kummer ersäufen wollte. Diese und viele andere kannte Bolitho allmählich, andere dagegen hielten sich abseits und ve rschanzten sich hinter der Barriere zwischen Back und Achterdeck.
    Er erreichte den duchtfreien Raum im Heck des Bootes und setzte sich zwischen Quinn und Couzens. Ihre drei Lebensalter zusammen ergaben gerade zweiundfünfzig Jahre. Dieser Gedanke ließ ihn kichern, und er merkte, wie die anderen sich ihm zuwandten.
    Sie denken, daß ich schon die Nerven verliere. Ich habe Sparke aus den Augen verloren und steure vielleicht in eine völlig falsche Richtung.
    Er erklärte ihnen: »Tut mir leid, es war nur ein Gedanke.« Danach atmete er tief die nasse, salzige Luft ein. »Aber vom Schiff einmal weg zu kommen, ist schon Freude genug.« Er breitete die Arme aus und sah Stockdales schiefes Grinsen. »Freiheit zu tun, was wir wollen, ob richtig oder falsch.«
    Quinn nickte. »Ich verstehe.«
    Bolitho entgegnete: »Dein Vater wird danach stolz auf dich sein.
    Wenn wir so lange leben.«
    Cairns hatte ihm erklärt, was Quinn damit meinte, daß seine Familie im Lederhandel tätig sei. Bolitho hatte sich vorgestellt, es seien kleine Gerber, wie es sie in Falmouth gab, die Zügel und Sättel, Schuhe und Riemen herstellten. Cairns hatte beinahe gelacht.
    »Mann, sein Vater gehört einer allmächtigen Gesellschaft in London an. Er hat Heereskontrakte und überall Einfluß! Wenn ich mir den jungen Quinn ansehe, wundere ich mich mitunter über seine Kühnheit, all diese Macht und das Geld auszuschlagen. Er muß entweder tapfer oder verrückt sein, das alles gegen dies hier einzutauschen!«
    Ein großer Fisch sprang dicht am Boot aus dem Wasser und schlug klatschend auf, worüber Couzens und ein paar von den anderen erschraken.
    »Auf Riemen!« Bolitho hob den Arm, um Schweigen zu gebieten.
    Wieder war er sich der Weite der See und ihrer Einsamkeit bewußt, als die Riemen bewegungslos und tropfend auf dem Dollbord lagen. Er hörte das Gurgeln des Wassers um das Ruder herum, als das Boot in der Dünung noch langsame Fahrt machte. Dann das Klatschen eines weiteren Fisches, das schwere Atmen der Ruderer.
    Schließlich flüsterte Quinn: »Ich höre den anderen Kutter, Sir!«
    Bolitho nickte und wandte das Gesicht nach Steuerbord. Nun hörte auch er das gedämpfte Quietschen von Riemen in ihren Dollen.
    Sparke hatte etwa die gleiche Schlagzahl und war auf einer Höhe mit ihnen. Also kommandierte er leise: »Ruder an!«
    Couzens neben ihm hustete nervös und fragte: »Wie – wie viele Mann wird der Feind haben, Sir?«
    »Das kommt darauf an. Wenn sie schon eine oder gar mehrere Prisen gekapert haben, werden es nicht allzu viele sein. Wenn nicht, haben wir etwa die doppelte Anzahl gegen uns – oder auch mehr.«
    »Verstehe, Sir.«
    Bolitho wandte sich ab, Couzens verstand es bestimmt nicht, aber er war imstande, wie ein Veteran darüber zu reden.
    Er fühlte den Nebel in seinem Gesicht wie einen kalten Hauch.
    Bewegte er sich rascher als vorher? Vor ihm erstand eine Vision aufkommenden Windes, der den Nebel wegtreiben und sie hilflos den Kanonen des Schoners ausliefern würde. Schon eines der kleinen Schwenkgeschütze konnte die Besatzung zerfetzen, noch bevor es zum Handgemenge kam.
    Er blickte langsam über die Reihen der sich abmühenden Ruderer und über die anderen im Boot, die auf ihren Einsatz warteten. Wie viele von ihnen würden die Seite wechseln und überlaufen, wenn das geschähe? Es war schon oft genug vorgekommen, wenn britische Seeleute auf Kaperschiffen gefangengehalten wurden. Die Trojan hatte einige Leute in ihrer Besatzung, die während der letzten zwei Jahre gefangengenommen worden waren, sei es an Land oder auf See. Sie hatten es vorgezogen, auf sehen des Feindes zu kämpfen, als das Risiko von Krankheit oder möglichem Tod auf einem Gefangenenschiff einzugehen. Wo Leben war, gab es immer Hoffnung.
    Er rieb seine Narbe, die so stark schmerzte, als wolle sie wieder aufplatzen.
    Stockdale öffnete die Klappe seiner Laterne ein wenig und blickte auf den Kompaß.
    »Kurs liegt an, Sir«, sagte er. Es schien ihn zu amüsieren.
    Weiter und weiter ging es, die Leute an den Riemen wurden ausgewechselt, alles lauschte auf die Geräusche von Sparkes Kutter

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