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Zero Day

Zero Day

Titel: Zero Day Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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erfolgte mit Ausdrucken und kam stets ohne alle Umschweife zum Kern der Sache. In der Armee galt es als eine der obersten Tugenden, sich kurz zu fassen.
    Man traf die Mitarbeiter der Dienststelle in einem Gemisch aus Uniformen und Zivilkleidung an. Infolgedessen bekam Puller Drillichanzüge, alte grüne und neue blaue Uniformen, Schlabberhosen, Oberhemden und gelegentlich einen Schlips zu sehen. Die Abteilung blieb rund um die Uhr in Betrieb, und das Markenzeichen der Spätschicht waren Polohemden. Reynolds war hier der ranghöchste Offizier gewesen.
    Weil Abteilung J23 Bestandteil einer EVGI war, einer Einrichtung zur Verarbeitung geheimer Informationen, mussten Puller und Bolling vor dem Betreten das Handy und andere elektronische Geräte neben dem Eingang in einem Wandschrank deponieren. In einer EVGI erlaubte man keine Apparaturen, mit denen man nach draußen Verbindung aufnehmen oder Bilder aufzeichnen konnte.
    Ein Summen öffnete den beiden Männern die Tür. Puller betrachtete den Empfangsbereich. Er ähnelte vielen anderen Rezeptionen, die er im Pentagon schon gesehen hatte. Hier befand sich der einzige Ein- und Ausgang – ließ man einmal außer Acht, dass es möglicherweise irgendwo im Hintergrund eine Notluke für Brandfälle gab.
    Am anderen Ende mündete der Korridor in ein Großraumbüro. Arbeitsnische reihte sich an Arbeitsnische, und an ihren Plätzen schufteten Analytiker und Grafiker an dem Produkt, über das sich Brigadegeneral Julie Carson morgens früh um fünf Uhr den Kopf zu zerbrechen hatte. Die Beleuchtung des Großraumbüros war schlecht. An den einzelnen Arbeitsplätzen hatten die Leute bessere Lichtverhältnisse; dennoch vermutete Puller, dass wohl gut und gern die Hälfte neue Brillen brauchte, wenn sie nur knapp ein Jahr lang an ihren Tischen bei trübem Zwielicht Terroristen bekämpft hatte.
    Puller und Bolling legten ihre Ausweise vor und erhielten Zutritt zu Reynolds’ Untergebenen. Der Anwesende mit dem höchsten Rang war ein Oberstleutnant. An einer Seite gab es ein kleines Konferenzzimmer, in dem Puller die Vernehmungen betrieb. Er sprach einzeln mit jedem Mitarbeiter und richtete sich damit nach einer gängigen Verhörtaktik. Man wusste, dass Personen, die zusammen vernommen wurden, eine Tendenz entwickelten, die gleichen Angaben vorzutragen, obwohl sie ursprünglich unterschiedliche Beobachtungen und abweichende Einlassungen gemacht hatten. Puller informierte jeden Mitarbeiter darüber, dass er zum Erhalt von Informationen bis zur TS-RGDB -Stufe befugt war, im Ermessensfall einen Lügendetektor benutzen durfte und »ein dienstliches Interesse an Zeugenaussagen« hatte – und ebenso dienstlich bestätigte Bolling es jedem zu Vernehmenden. In der Welt der Nachrichtendienste öffneten derlei Floskeln so manche verschlossene Tür und auch manchen verschwiegenen Mund.
    Reynolds’ Untergebene brachten stärkere Betroffenheit und tiefere Trauer über seinen Tod zum Ausdruck, als seine Vorgesetzte es getan hatte. Doch auch sie konnten keine nützlichen Informationen vermitteln oder irgendwelche aufschlussreichen Hinweise geben, was die Frage anbelangte, warum man ihn getötet hatte. Zwar hatte er geheimes Material bearbeitet, doch nach Ansicht der Mitarbeiter waren diese Unterlagen bei Weitem nicht brisant genug, als dass sie seine Ermordung erklären könnten.
    Als Puller sämtliche Vernehmungen hinter sich gebracht hatte, war er keinen Schritt weitergekommen. Anschließend durchsuchte er Reynolds’ Büro, das man ordnungsgemäß verschlossen und versiegelt hatte, seit er in West Virginia ermordet aufgefunden worden war. Wenngleich J23, technisch gesehen, als allgemein frei begehbares, aber nicht für jedermann zugängliches Großraumbüro konzipiert war – das bedeutete, legte man irgendwo etwas hin, konnte es liegen bleiben und befand sich trotzdem in Sicherheit –, rechnete Puller mit der Möglichkeit, dass es in dem Zimmer einen Tresor gab. Aber das erwies sich als Irrtum. In dem sauberen, spärlich ausgestatteten Zimmer gab es nichts, das seinen Ermittlungen hätte dienlich sein können. Auch die Computerdateien, die er in Bollings Gegenwart durchsah, lieferten keinerlei Aufschlüsse.
    Er verließ J23, holte das Handy aus dem Wandschrank, begab sich mit Bolling zu einem der Hauptausgänge des Gebäudes und verabschiedete sich dort von dem Mitarbeiter des Militärischen Geheimdienstes. Auf dem riesigen Parkplatz kehrte er zu seinem Wagen zurück. Doch statt unverzüglich

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