Zero Option: Thriller
in die Sonne, gab seiner Wunde Gelegenheit zu heilen und der Sonne so viel Gelegenheit wie möglich, seine Haut zu reizen. Es war jetzt fast zehn Tage her, seit die Kugel seinen Arm gestreift hatte, und die dicke Kruste begann schon abzufallen. Der Muskel schmerzte nur noch dann, wenn man direkt auf die verletzte Stelle drückte. Am Tag zuvor hatte Victor wieder angefangen zu laufen, um fit zu bleiben, nur auf die üblichen Kraftübungen verzichtete er noch, um seinen Arm zu schonen.
Von seinem Zimmer aus hatte er freie Sicht auf den großzügigen Swimmingpool des Hotels, doch er widerstand der Versuchung. Es war zwar heiß und trocken und eigentlich absolut ideal, um ein wenig zu schwimmen, aber er konnte die Blicke, die seine Wunde und die vielen Narben unweigerlich auf sich ziehen würden, nicht riskieren. Bekleidet wurde er schnell wieder vergessen. Ausgekleidet nicht. Und die Abende waren auch nicht dafür geeignet. Der Pool war hell erleuchtet, und selbst wenn eventuelle Beobachter seine Narben übersehen sollten, so würde seine Muskulatur für neugierige Blicke sorgen. Wer überleben wollte, musste immer und überall unbemerkt bleiben.
Die Besitzerin des Hotels, eine Contessa, war eine besonders zuvorkommende Gastgeberin, und so war Victor gezwungen, wie alle anderen Gäste gelegentlich ein Schwätzchen zu halten. Abweisendes Verhalten hätte nur zur Folge gehabt, dass er ihr im Gedächtnis haften geblieben wäre. Die Schar der Gäste bestand überwiegend aus älteren italienischen Reisenden und ausländischen Paaren. Alle waren geradezu unverschämt freundlich, und er wurde, ohne dass er es wollte, ständig in irgendwelche Gespräche verwickelt. Allem Anschein nach war er der einzige alleinstehende männliche Gast. Er tat sein Möglichstes, um umgänglich, aber langweilig zu wirken, und gab sich als frisch geschiedener Buchhalter aus. Niemand wollte ein zweites Gespräch mit ihm anfangen.
Der Bus kam pünktlich in Bologna an. Victor stieg aus und bedankte sich beim Fahrer.
Im Le Stanze del Tenente aß er zu Mittag – Kichererbsensuppe, gefolgt von einem Teller Tortellini, und dazu ein Glas frischen Pinot Grigio aus der Region. Das Restaurant befand sich im Inneren des im 16. Jahrhundert erbauten Palazzo Bentivoglio Pepoli, und er ließ sich Zeit, erfreute sich an den fünfhundert Jahre alten Wandmalereien – genauso sehr, wie er das Essen genoss. Anschließend schlenderte er durch die rostbraunen Arkaden und Bogengänge, begegnete Studenten und Teenagern auf Inlinern, blieb stehen, um einer hitzigen Domino-Partie zwischen zwei älteren Bolognesern mit zu viel Rotwein im Blut zuzusehen. Er spendete dem Sieger Beifall, wie der Rest der Umstehenden auch, und ging weiter, als die Dominosteine gemischt und zur Revanche bereitgelegt wurden, die ganz zweifellos genauso hitzig werden würde.
Obwohl er kein Anzeichen einer Beschattung bemerkt hatte, führte er auf dem Weg zum Orto Botanico, an der nordöstlichen Ecke des Stadtzentrums, die üblichen Vorsichtsmaßnahmen durch. Der Botanische Garten von Bologna ging auf das Jahr 1568 zurück und war einer der ältesten der Welt. An zwei Seiten wurde er von der mittelalterlichen Stadtmauer gesäumt. Victor war eine Stunde zu früh, und so ging er wie jeder andere Besucher kreuz und quer über das Gelände, bestaunte die riesige Vielfalt an Bäumen, Pflanzen und Blumen und die unterschiedlichen Biotope, die innerhalb des Parks geschaffen worden waren.
Giordano erwartete ihn nahe der Sumpflandschaft, betrachtete die Libellen, die um die Wasserlilien tanzten, und sah Wasserkäfer über die spiegelnde Wasseroberfläche huschen. Dieses Mal war er pünktlich gekommen. Er lächelte, als er Victor näher kommen sah. Sonst war niemand in der Nähe.
»Ein bisschen Farbe im Gesicht steht dir gut, Vernon.«
Victor erwiderte das Lächeln. »Wie läuft es mit deiner neuen Freundin, der Kellnerin?«
Giordano stieß vernehmlich den Atem aus. »Anstrengend.«
»Ich entnehme deinen Worten, dass dein Wochenende nicht nur das reine Vergnügen war.«
»Natürlich nicht. Ich habe die ganze Zeit hart gearbeitet, selbst wenn ich gerade nicht hart gearbeitet habe.« Er zwinkerte Victor zu, griff in eine Außentasche seines Jacketts und zog einen gefütterten Briefumschlag hervor. »Mein Bester, wie versprochen.«
Er reichte ihn Victor, der den Umschlag öffnete und einen italienischen Reisepass herausholte. Er blätterte ihn durch und stellte wenig überrascht fest, dass er
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